Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

HÖPHO-Fototour 2001

28.10.1972 - eine Fototour mit Peter Jahn, Georg Kellerer, Klaus und Christian Deubner


"Es gibt keinen festen Boden mehr."
Prof. Karl-Heinz Geisler in dem Vortrag "Die Erfindung des Lernens" am 21.10.2001 im Gasteig, München


Dieses Motto paßt ausgezeichnet zu einem Aufstieg zur längsten Höhle Österreichs, der Hirlatzhöhle bei Hallstatt, ironisch gesagt. Denn wer da hinauf geht, für den muß es einen festen Boden geben, sonst gibt es ihn schnell nicht mehr. Ein bißchen schwieriger wird es noch, wenn es frisch geschneit hat, wie in unserem Falle, oder wenn es gar eisig wird. Dann wird der etwa einstündige Aufstieg durch die Hirlatzflanke zu einer sehr gewagten Geschichte.

Wir waren diesmal 4 Höhlenforscher aus Salzburg und 4 aus München. Wir 8 setzten etwas fort, was vielleicht mal eine Tradition werden könnte, die Fototouren der HÖPHOs. Nach der Eiskogelhöhle und der Altarkögerlhöhle sollte es diesmal die Hirlatzhöhle im Dachstein sein. Stefan Vegh hatte die Organisation übernommen, organisierte den Schlüssel bei Peter Seethaler, wir hatten uns auf das Wochenende vom 17. bis 19 November geeinigt, ich hatte aus München beim Vereinsabend des VHM Leo Maier, Marcus Preissner und Peter Forster akquiriert, Stefan in Salzburg Peter Dittmer (Didi), Rudi Zilharz und Rainer, einen Arbeitskollegen, fertig war die Mannschaft. Zuviele sollten wir auch nicht werden, denn, wie die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt haben, kann eine zu große Gruppengröße schnell kontraproduktiv werden. Und das Hauptziel war ja, gute Fotos zu machen.

In Peters Auto sammelte sich die Münchner Gruppe allmählich, zuletzt machten wir noch eine kleine Extraschleife bis nach Holzkirchen und zurück, um Marcus Bergschuhe auch noch dabei zu haben. Bei flüssigem Verkehr kamen wir bis nach Salzburg, irrten da erst einmal ein bißchen durch das Riesenindustriegebiet um den Flughafen und fanden am Ende noch noch erfolgreich Stefan Veghs Domizil. Wir drei Münchner hatten noch Hunger, suchten erstmal die sehr gemütliche 3-Hasen-Wirtschaft mit ihrem prima gastronomischen Angebot auf und stimmten uns dort langsam auf den morgigen Event ein. Der Tag klang aus bei heißem Tee und einem Glas Zweigelt bei Stefan und Eva.

Um 6 Uhr galt es den warmen Schlafsack zu verlassen, kleines Frühstück mit süßem Tee, um 6.30 Uhr stand die Salzburger Mannschaft pünktlich bereit. Wir fuhren auf der Landstraße Richtung Wolfgangsee durch eine frühwinterlich verschneite Landschaft. Langsam kam auch die Sonne heraus und brachte einen strahlenden Glanz in die schroffe Bergwelt. In Bad Goisern wurde der Schlüssel geholt, dann konnte uns nichts mehr aufhalten.

Gegen 9 Uhr begannen wir mit dem Aufstieg zu Höhle. Da das Tal hinter Hallstatt flankiert wird von gewaltigen Felswänden kommt mal ein Sonnnenstrahl hierher und entsprechend kalt war es unterwegs. Ein paar Zentimeter Schnee lag über dem Waldboden und machte bedeckte jegliche eventuellen Pfadspuren.

Ein Blick vom Parkplatz auf die Berge

Das Simonydenkmal am Weg

Wild geht es da hinauf. Jungwald kommt langsam hier hoch, kreuz und quer liegen ein paar Baumstämme, die es mühsam zu überklettern oder zu unterschliefen galt. Weiter oben hörten diese Behinderungen auf, und es galt nun auf einer schmalen, glatten zigzackigen Pfadspur am oberen Rand einer senkrechten Felswand an Höhe zu gewinnen. Ausrutschen durfte man da auf keinen Fall, sonst wäre man umgehend ein Fall für die ewigen Jagdgründe geworden. Ganz oben wirds wieder leichter, über ein Geröllfeld waren die letzten Meter zu erklimmen, dann man das große Eingangsportal unübersehbar. Ein kleines Felsband führt zu einer schmalen Eisenleiter, die mit Stahldraht oben festgemacht ist und mit deren Hilfe dieses senkrechte Stück leicht bewältigbar ist. Eissäulen standen im Eingang, das Eisentor stand offen. Wir gingen hindurch, legten die Rucksäcke ab und begannen uns für die große Tour herzurichten.
Da traf mich schon das erste Unglück. Die ALDI-Pixelkamera gab bereits ihren Geist auf. Im Tal hatte ich extra noch einen frischen Satz Batterien eingelegt, hatte 4 Fotos gemacht und jetzt war bereits die Anzeige zu sehen, daß die Batterien zu schwach seien, um weitere Bilder zu machen.

Stefan Vegh im Eingangsteil

Eine Stunde später und etwa 100 m weiter drinnen in der Höhle, nach dem Eingangsschluf mit seinem "Eisenbahnschotter", der ersten Halle mit dem Höhlenbuch und dem Windmessergerät und noch ein paar kleinen Gängen, das zweite Malör. Beim Bücken, um in einen niederen Gang hineinzukommen, schleudert es meine kleine Handkamera, eine Olympus Multi AF, aus der Schlaztasche direkt in einen wasserfüllten Strudeltopf. Sofort greife ich hinein, um sie wieder herauszuholen, aber eine Überprüfung zeigt sofort, daß für dies Tour Schluß damit ist. Jetzt habe ich nur noch die 6x6 Yashica. Die hat durchgehalten und wir haben etwa 50 Aufnahmen gemacht.

Auf dem Zubringer ins Hauptsystem unterbrachen wir zweimal unser Vordringen, um Bilder zu machen. In Hauptgang ging es dann richtig los. Drei Fotographen und 5 Helfer. Die zur Verfügung stehende Blitzausstattung war nicht gerade üppig, aber hoffentlich ausreichend. Leider versagten da nach und nach auch immer mehr Geräte, so daß wir am Ende fast nur noch "Hardcore" fotographierten. Die großen Tunnels mit dem wilden Blockwerk hatten es uns angetan und wir probierten einige Beleuchtungsvarianten aus. Die Koordination funktionierte prächtig: "Achtung, fertig, Blitz!" Dann blitzte, was gerade funktionierte. Ein "Danke", und wir konnten wieder weitermarschieren. So gelangten wir am frühen Nachmittag bis zum Biwak in der Brückenhalle, wo wir eine kleine Jause machen, uns gegenseitig noch einmal fotographierten, und von wo aus der Salzburger Teil unserer Truppe gleich wieder umkehrte, um hinaus, hinunter und wieder heim zu fahren. Wir "Münchner" hatten eine andere Variante gewählt: Wir biwakierten beim Sandbiwak und hatten so noch Stunden Zeit, ehe wir in die Schlafsäcke kriechen mußten. Das verschaffte uns eine Menge Zeit und wir 4 konnten so noch ein wenig tiefer in die horizontalen Gänge vordringen. Es wurde richtig einmal gemütlich. Waagrecht ging es in geräumigen Tunnels nun dahin, Trockene Lehmberge bestimmten die Grundflächen zwischen denen ein schmaler Fußweg sich durchschlängelte. Unser Umkehrpunkt war an einem Bachlauf, der sich in die Lehmflächen hineingfräst hatte und der zu Schlammkontakten unweigerlich geführt hätte. Auf dem Rückweg machten wir noch eine starke Fotosession, wobei bestimmt 20 raffiniert ausgeleuchtete Bilder entstanden sind. Dann war die Luft raus, es gab nicht mehr genug Abwechslung im Motivangebot. Es begann sich vieles zu sehr zu ähneln. Wir brachen ab und kehrten zurück zu der ebenen Sandfläche, auf der unsere Liegematten, Schlafsäcke und all das sonstige Material zwischengelagert war, das wir auf unseren Rücken in den Schleifsäcken hereingeschleift hatten. Drei Teelichter wurden angezündet, auch zwei Kerzen, und ließen die Schwärze etwas zurücktreten. Die beiden Esbitkocher brannten bald, erwärmten Teewasser und das Wasser für Ein-Minuten-Ravioli, später auch eine Spargelcremesuppe. Ungarischen Schnaps gab auch. Peter holte seine Mundharmonika heraus und spielte "Oh, Susanna!" Das war mal wieder ein ganz besonderes Erlebnis, so ein Biwak in einer großen Höhle. Kalt und ungemütlich war es trotzdem auch. Gegen 9 Uhr ging es in die inzwischen schon sehr sandig gewordenen Schlafsäcke auf den dünnen Liegematten. Es war beinahe vollkommen still, bis auf das Rauschen eines kleinen Bächleins bei der Wasserstelle in der Ferne.
Um ein Uhr früh mußte mal einer von uns aus dem wohligen Schlafsack, um dringenden Geschäften nachzugehen. Ansonsten verlief die Nacht ereignislos. Gegen 6 Uhr wurde die erste Kerze angezündet, aber erst um 7 Uhr begannen wir uns aus der warmen Hülle endgültig zu schälen. Ein bißchen warmen Tee zum Frühstück, noch ein paar Brotreste in den Mund, ein paar Erdnüsse, dann den sandigen Schlafsack in den Schleifsack gestopft, gegen 8 Uhr ging es los Richtung Ausgang.
Beim Abzweiger zum Zubringer nützten wir die Zeit und machten einen Ausflug Richtung Südteil. Ein Prachtgang führt anfangs horizontal bis zu einen Verbruchzone, wo es erst einmal zu Ende sein scheint. Seitlich geht es aber hoch, kleine Leitern ermöglichen ein Hochkommen und man erreicht einen hohen Riesenraum. Hier führt eine richtige Himmelsleiter senkrecht nach oben, die nächste noch höher usw. Unsere beiden "Tiger" Peter und Marcus stürmten davon, Leo und ich sahen lieber dem Lichtspiel zu, das sich uns bot.
Beim Rückweg dann noch eine schöne Fotosession im Anfangsteil des Südgangs, dann hinauf die Leitern in den Zubringer. Obwohl es ziemlich mühsam und aufwendig war, wir hielten auch diesmal an einigen fotogenen Ecken und schoßen ein paar neue Fotos. Hoffentlich hat es sich gelohnt.

Nach 26 Stunden in der Höhle erblickten wir wieder das Tageslicht. Kalt wars hier, so daß wir uns aller überflüssigen Aufenthalte enthielten. Hinunter ging es reibungslos, umziehen, zurückfinden ins normale Leben. Wir machten noch einen kleinen Spaziergang durch Hallstatt auf der Suche nach einer gemütlichen Wirtschaft, aber alle hatten um diese Zeit geschlossen. So ging es schnell weiter Richtung Bad Goisern, wo wir in der "schnellen" "POST" fündig wurden. Ein prima Essen zu tragbaren Preisen, schnell serviert. Nach so einer großen Strapaze, die wir hinter uns hatten, schmeckt alles natürlich noch einmal zu gut.

Die nächste Fototour sollte vielleicht mal in eine Höhle gehen, die etwas weniger anstrengend ist!

Die Bilder wird es auf dem nächsten HÖPHO, dem HÖPHO 2002, zu sehen geben.

Morgens bei Stefan in Salzburg beim Frühstück

Vor dem BILLA in Bad Goisern:
Peter, Didi und Leo im Vordergrund

Am Parkplatz bei Hallstatt  

Ein paar Fotos aus der Höhle im 6x6 Format:


Nach der Tour: die Teilnehmer der "Münchner Gruppe" vlnr: Leo, Peter, Marcus
  der Autor der Website
mit "frischem" Bart
Spaziergang durch Hallstatt    
 

Peter Forster hat mir erlaubt, ein paar von seinen Kleinbildfotos einzuscannen und sie auch hier zu zeigen. Leider entspricht die hier gezeigte Qualität überhaupt nicht den Originalen.

Im Eingangsbereich
Im Zubringer
Im Hauptgang
Leiteraufstiege
Gangprofile
Ein bißchen Karst und Küche
  Die Himmelsleiter?

Und das gabs hinterher, ein Beitrag zu Karst und Küche. Nach einer solchen Exkursion meldet sich der Geschmackssinn ganz besonders.


Ein Nachtrag:
In dem neuen Buch von Geißler habe ich die folgenden Zeilen gefunden und sie passen für mich wie Faust aufs Auge zu unseren heutigen Verhältnissen und unserer Tour in die Hirlatzhöhle:

"Das bürgerliche Streben nach Wohlstand, nach der durch Güterwohlstand erfüllten Zeit, die man sich Zeitsparanstrengungen erarbeitet, rotiert letztlich um einen leeren Kern."


Links:


Literatur:

Geißler, Karlheinz A. Wart' mal schnell - MINIMA TEMPORALIA, Hirzel-Verlag, Stuttgart - Leipzig 2002
BUCHEGGER, G. u. GREGER, W. Die Hirlatzhöhle im Dachstein, 1998

Links:

https://www.lochstein.de/ver/hp/hoepho.htm


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