Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Drachenhöhle ob Vättis, CH


Bild aus dem Rhätischen Museum in Chur mit Pfeil auf Höhleneingang


Wer sich in das Rhätische Museum in Chur begibt, der findet in den Kellerräumen, die sich passenderweise mit der Frühzeit des Menschen in Graubünden beschäftigen, unter dem Stichwort Paläolithikum sofort dieses Luftbild. Es soll den Eingang zum Drachenloch ob Vättis zeigen. Lange Zeit gilt/galt dieser Ort als etwas ganz Besonderes. Haben sich dort schon vor 50.000 Jahren aufgehalten und haben "Kulthandlungen" vollzogen? Lange Zeit hindurch wurde solche behauptet und veröffentlicht. Es hieß, dort seien Höhlenbärenknochen in Steinkisten beerdigt worden, man habe Steinwerkzeuge gefunden, Holzkohle aus der Höhle sei auf 50.000 Jahre v. Chr. datiert worden, hier habe man den ältesten Höhlenkultplatz in den Alpen vor sich - stimmt das alles? Ist das, wissenschaftlich, was immer das sein soll, bewiesen?

Ich wollte mal selber dorthin, aber das ist nicht so einfach. Finde ich jedenfalls. Ich habe es probiert, zusammen mit zwei Freunden aus Gröbenzell, Michael und Carmina Laentzsch. Wir waren an einem Sonntagmorgen Anfang August 2008 an den Talstation der Vättnerbergseilbahn in der Nähe von Vättis im Taminatal und wollten hinauf. Im Internet stand, daß die Bahn in Frühe um 7 Uhr fährt und dann wieder um 10.30 Uhr. Das schien uns angemessener für eine Urlaubtour. Als wir ankamen, sahen wir, daß wir wirklich nicht alleine waren. Alles war vollgeparkt und schon die Wiesen in einer Entfernung vom Seilbahnhäuserl mußten schon die nachkommenden Fahrzeuge aufnehmen.
Wie sich gleich herausstellte, war oben Gesangsveranstaltung und Tische und Bänke waren für einen kleinen Wirtsbetrieb gleich neben der Bergstation der Seilbahn aufgebaut. Mit zwei Gondeln geht es in jeweils 6 Minuten in die 650 Höhenmeter hinauf auf die "wunderschöne, leicht hügelige Bergterasse am Fuße des Monte Luna, zwischen 1600-1800 m gelegen".

In dem Werbeprospekt für die Seilbahn hieß es vielversprechend: "Der Vättnerberg ist auch beliebt als Ausgangspunkt zum bekannten Drachenloch (oberhalb des Gelbberges), wo prähistorische Funde gemacht wurden." Ansonsten suchten wir aber vergebens nach irgendwelchen Hinweisen darauf. In der Gondel konnten wir einen Blick in die Bergkarte unserer Mitfahrer werfen, die eindeutig einen Weg in Richtung Höhle auswies. Der Liftbediener in der Bergstation bestätigte das noch einmal und wies uns die Richtung. 3 Stunden Fußmarsch würden es aber schon sein bis zur Höhle. Einfach. Das erschütterte schon etwas unsere Pläne, weil bereits um 5 Uhr die letzte Talseilbahn angekündigt war. Dann wäre uns nur noch der ganze Abstieg ins Tal bis hinunter nach Vättis geblieben - und das schien uns schon doch sehr anstrengend zu sein. Erst einmal geht es auf befahrbaren Wegen rund 200 Höhenmeter hinauf durch prachtvolle Bergwiesen und vorbei an Bilderbuchalmen. Dann erreicht man einen Sattel und von dort geht es genau viel wieder hinunter bis zu einem zu kreuzenden Bach. Von da geht es genauso viel wieder hoch. Unterwegs kamen wir an einer Familie mit zwei kleinen Kindern vorbei. Wir fragten sie nach dem Weg zum Drachenloch und es stellte sich heraus, daß wir genau den Richtigen angesprochen hatten. Es war der Jäger von hier oben und der kannte das Areal wie seine Westentasche. Ja, es ginge ein Weg von hier zum Drachenloch, aber man müsse schon sehr vorsichtig sein. Entweder man benütze den Weg oder ließe es gleich sein. Es sei nur ein schmaler Pfad vorhanden und der durchquere sehr steiles bis senkrecht abfallendes Gelände. Und zwei Stunden Fußmarsch seien es auf jeden Fall noch bis zur Höhle. So stapften wir los, vorbei an einem letzten Außenposten der Zivilisation, einer Alm mit einem großen Stallgebäude dabei. Dort müssen nachts bis zu 55 Kühe hinein. Tagsüber streifen sie durchs Berggelände und suchen sich ihr Futter selber. Das geht aber nicht spurlos vor sich. Da wächst fleckenweise überhaupt kein Gras mehr, alles ist zertrampelt und zerstoßen, es sieht wie in einem Krieg aus. So sieht es nur dort aus, wo die Kühe hinkommen. Andere Areale sind durch Elektrozäune abgetrennt und dort kann die Natur weiter ihr Füllhorn üppigst ausgießen. Irgendwie verloren wir auf dieser Strecke den weiterführenden Weg. Von Markierungen war gar nichts mehr zu bemerken. Wir stiegen über die Wiesen immer höher hinauf bis schließlich in der Ferne tatsächlich ein typischer Höhleneingang in einer hohen Felswand im Gipfelbereich zu sehen war. Das mußte das Drachenloch sein! Allein, wir war noch ganz schön weit entfernt. Auf einmal brach vor uns das Gelände senkrecht tief ab. Da ging überhaupt nichts mehr weiter. Wo war bloß dieser Steig? So viel wir auch schauten, nirgends war er auszumachen. Jenseits der tiefen Schlucht vor uns war wieder Wiesengelände. In ihm war die Privathütte deutlich auszumachen, die nach einem Unglück wieder neu errichtet worden war. Auf einmal stutzten wir. Tatsächlich, in der Ferne waren zwei Personen auszumachen, die den steilen Grat von der Höhle herunter kamen. Da waren offenbar schon Leute vor uns unterwegs gewesen und hatten die Höhle besucht! Wenn die sich beeilten, dann schafften sie auch den Rückweg bis zur Vättnerbergbahn noch bis 5 Uhr. Wir drehten um, gesättigt von einem Vollpanoramablick auf die dramatische Bergwelt rundum und dem Blick auf den Höhleneingang.

Unten im Tal wollten wir zumindest noch das Drachenlochmuseum besuchen, was aber auch nicht gelang. Es hat nämlich am Wochenende nicht geöffnet und man muß sich voranmelden, was wir natürlich nicht getan hatten. Im Ort erfuhren wir dann auch, daß ein Steig direkt hinauf zum Drachenloch führen soll. 6 Stunden brauche man hinauf und es gäbe einige exponierte Stellen unterwegs. Das klang nun auch nicht gerade verlockend.

Im Taminatal bei der Talstation der Vättnerbergbahn
Auf der Bergterrasse Vätterberg
 
Blick Richtung Höhleneingang

Zurück bei der Bergstation
 
 

In Vättis

 

Literatur:

   

Links:

 


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