Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Dunsthöhle in Bad Pyrmont
Bekannt war die Stelle schon lange vorher. Immer wieder hatte man tote Vögel und andere Tiere am Grunde einer Grube eines Sandsteinbruchs, der im 17. Jahrhundert am Abhang des Bomberges angelegt worden war, gefunden. Auch Menschen hatten einen "Dunst" dort bemerkt und so mancher wurde nachher ohnmächtig. 1712 war der "Brunnenarzt" Dr. Seip dort und vermutete, daß Schwefeldunst die Ursache sei. 1720 wurde ein Gewölbe über dünstenden Grube errichtet. Darauf kam dann ein kleines Gebäude, um den Ort für ein "trockenes Schweißbad für die Kurgäste" zu bekommen. 1737 wurde am Eingang eine künstliche Einfassung erbaut, die folgende Inschrift trägt:
"Tut sich Italien mit Raritäten groß,
Sieh hier, die Schwefelgrub' dampft Gift aus Pyrmonts Schoß"
Es wurde damit Bezug genommen auf die berühmte Grotte del Cane im Golf von Neapel, die überall weltweit berühmt wegen ihrer gefährlich Gasemissionen damals war.
Die Dunsthöhle liegt am Rand eines Tals, dessen Boden aus Buntsandstein besteht und etwa einen Kilometer vom Stadtkern von Bad Pyrmont liegt. Ein Erdbeben oder ein vulkanischer Ausbruch ist wohl die Ursache dafür, daß die ursprünglich übereinander lagernden Keuper- und Muschelkalkschichten nach außen gedrängt worden sind und jetzt "auf dem Kopf stehen". Der Boden sei blasenförmig angehoben worden, dann sei die Gesteinsblase geplatzt und die Ränder blieben kraterförmig liegen. Drei Mofetten befinden sich nur um Tal, die Dunsthöhle ist die ergiebigste. Geologen nennen sie einen "kalten Eisensäuerling. Das CO2 kann sich frei entwickeln und aus dem Boden ausströmen. C02 entströmt er Erde, nicht das anfangs angenommene Schwefelgas.
1810 wurde die Grotte in eine Gartenanlage einbezogen, in der steinerne Stiegen hinab zum Eingang führen.
Erfahrungen wurden gesammelt: "» Memento mori!« – Wir möchten's keinem raten, denn die Höhle haucht ein flüchtiges und in dieser Gestalt der Lunge höchst feindseliges Wesen aus, welches kohlensaures Gas oder fixe Luft heiß und das bald so hoch in der Grotte steht, daß man sich dem Eingange nicht ohne unmittelbare Todesgefahr der plötzlichen Erstickung nähern darf.
Der Stand des giftigen Gases ist bei Vollmond und im letzten Viertel höher als bei Neumond und im ersten Viertel; höher auch beim Aufgange als beim Untergange der Sonne. Ein unvorsichtiges Hinzutreten bei warmer Witterung, hellem Himmel und östlichem Winde, besonders aber bei einem heraufziehenden Gewitter, kann das Leben kosten.
Jeder Kurgast und Wanderer wird daher teils durch ausgehängte Warnungstafeln, teils durch dort postierte Wächter, welche die Fremden an brennendem Stroh oder auch wohl an lebenden Tieren mit den absolut tödlichen Wirkungen besagter Höhlenausdünstung bekannt machen, eindringlich gewarnt.
...In der Tat kann es für verzweifelte Spieler, ertappte Verbrecher, lebensmüde Roués und sonstige pessimistische Individuen, welche des irdischen Daseins zweifelhafte Zerstreuungen nicht mehr ertragen mögen, keine willkommenere Gelegenheit geben, sich auf eine schnelle und schmerzlose Art ins bessere Jenseits zu expedieren, als die Pyrmonter Dunsthöhle."
Auch Goethe war da und beeindruckt: "Eine Kohlendioxidquelle, mit deren Gas man Kerzen ausgießen(!) und viele Experimente durchführen kann. Und so nahm er sich ein besonderes Souvenir mit zurück nach Weimar. Kohlendioxid in Flaschen, um daheim in Weimar seinen Freunden die gleiche Mischung aus Physikunterricht und Zaubershow zu bieten, wie sie auch heute noch in der Dunsthöhle den staunenden Gästen vorgeführt wird."
Am Montag und am Mittwoch ist die Anlage geschlossen. Und genau an einem Mittwoch war ich im April 2025 dort. Los war da natürlich nichts. Zumindest waren alle Parkplätze leer und ich hätte in 5 Minuten alles was zugänglich war, gesehen haben können.
Es hat ein großes Update der Anlage im Jahre 2000 wurde im Rahmen des EXPO-Projekts Aqua Bad Pyrmont gegeben, die sich in einem sehr gepflegten Zustand befindet. Mit metallenen Halbkugeln wurde das Gelände aufgemotzt, die vielleicht, künstlerisch aufgebläht, an Gasblasen erinnern sollen. Ein eigenes Häuschen für den Führer wurde errichtet.
Der Aufenthalt in der "Höhle" dient heute lt. Internet auch der Kohlendioxid-Quellgastherapie für Hypertonie, Coronarinsuffizienz, Allergein und schlecht heilenden Wunden. Trotz: "Vorsicht Kohlensäure. Lebensgefahr".
Literatur:
Graefe, Carl Ferdinand (1833): Die Dunsthöhle zu Pyrmont, mit Bezug auf die Grotta del cane + Pyrmonts neues Gasbad. Eine vorläufige Nachricht, Journal der Chirurgie und Augen-Heilkunde, XX
Herrmann, Rudolf (1971): Natur und Geschichte der Dunsthöhle in Bad Pyrmont (zu deren 250jährigen Bestehen), Ber. Naturhist. Ges. 115, Hannover 1971 https://www.zobodat.at/pdf/Ber-Nathist-Ges-Hannover_115_0015-0035.pdf
Links:
https://www.staatsbad-pyrmont.de/bad-pyrmont-erleben/naturphaenomen-dunsthoehle
https://www.projekt-gutenberg.org/retcliff/savoyen4/chap009.html Eine lesenswerte Geschichte!
https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/metadata/36412867/1/-/
https://www.deutschland-lese.de/sehenswuerdigkeiten/oertlichkeiten/die-dunsthoehle-in-bad-pyrmont/
https://www.bambooblog.de/die-dunsthoehle/
https://www.brandstetter-architekten.de/projekte/wettbewerbe/dunsthoehle-bad-pyrmont.htm
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