Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Gipskarstlandschaft zwischen Bad Sachsa und Walkenried
Zwischen Walkenried und Bad Sachsa liegt im Südharzeer Gipskarstgebiet das Anhydridmassiv des Sachsensteins. Nach Westen und Südwesten fällt er in einer bis zu 30 m hohen Steilwand, den Sachsensteinklippen, von etwa 1 km Länge zur Uffe ab.
Im Osten ist bereits ein großer Teil der Gipsvorkommen abgebaut und zurückbleibt nun ein riesiger Steinbruch, den man inzwischen wieder "der Natur zurückgibt". Man macht es nun anders als früher und pflanzt nicht gleich wieder einen Wald an, um die Landschaftswunden schnell wieder zu kaschieren, sondern läßt die Flächen offen und sich von selbst regulieren, womit selten gewordene Standorte für rar gewordene Pflanzen entstehen. Ein Wanderweg mit entsprechenden Hinweistafeln erklärt den nicht vorhandenen Besuchern, jedenfalls war es so, als ich im April 2025 dort gewesen war, die Lage. So erfährt man auch, weshalb man gerade hier den Gips aus der Erde holte, nämlich weil er ein besonders wertvoller sei, der z.B. in der Zahntechnik einen geschätzten Einsatzort hat, (und den wir dann in unseren Mündern mit uns herumtragen).
Der Sachsenstein wurde auch an anderen Stellen vom Menschen verändert. Hier wurde einstmals die Sachsenburg auf Geheiß von Kaiser Heinrich IV errichtet, wovon schon 1073 erstmals ein urkundliches Zeugnis vorliegt. 1074 wurde sie dann bereits zerstört. Was noch da war, das stand teilweise beim Bau der Südharzeisenbahnstrecke beim Durchstich des Sachsensteins im Wege und wurde dabei 1869 beseitigt. Es gibt diese Bahnlinie noch immer, obwohl man mit besonderen Verhältnissen zu tun hat. Der Untergrund besteht ja aus dem schon mehrfach erwähnten Gips und darin bilden sich einfach immer wieder Höhlen - auch an Stellen, wo man sie lieber nicht hätte. "Der Bahndamm sinkt über einer Gerinnehöhle am Fuße der Steilwand kontinuierlich ab. Mit starken Schienenbündeln ist das Gleisbett verstärkt." (Vladi).
Für den Höhleninteressierten gibt es hier eine ganz große Besonderheit: die Zwergenlöcher. Erklärt sind sie kühl-wissenschaftlich ganz schnell: Anhydrit wandelt sich beim Kontakt mit Wasser in Gips um. Gips hat ein größeres Volumen als Anhydrit, was dazu führt, daß sich das Gesteinsmaterial ausdehnt und die oberste Schicht sich vom Untergrund allmählich blasenförmig abhebt. Dieser Prozess geht in geologisch gesehen kurzen Zeiträumen vor sich. Bricht eine Schicht durch, entsteht ein Erdloch, durch das man in den Hohlraum darunter gelangen kann. Große Quellungshöhlen werden wenige Meter groß und erreichen eine Höhe von mehr als einem Meter.
Den Menschen sind die Erdöffnungen natürlich schon immer aufgefallen und sie lieferten früher phantasievolle Entstehungsvorstellungen. Volkstümlich heißen sie "Zwergenlöcher".
Der Höhlentyp ist weltweit nur selten anzutreffen, in Europa soll das Vorkommen einmalig sein, in Nordamerika gibt einige weitere Vorkommen.
Das wohl bekannteste "Zwergenloch" liegt direkt am Wanderweg zum Sachsenstein. Die meisten Wanderer bleiben, wenn überhaupt, an der gut gestalteten Informationstafel kurz stehen, und gehen wieder weiter. Kaum einer bückt sich und schaut hinein in die offene Steinblase. Die Decke bricht bereits schon wieder ein. Ein Loch ist schon drinnen, von oben mit Ästen provisorisch abgedeckt. Mit einem Holzstück wird von unten versucht, die Abdeckung oben zu halten - großartige Idee! Wie ein Hund muß man herumkriechen und bekommt dann doch nichts besonderes zu sehen - außer einem kleinen weißen Pilzchen, das sich aus dem Laub am Boden erhebt.
Um zu dem einstmals größten Zwergenloch zu kommen, muß man die Bahnlinie überqueren und auf den anderen Talseite einem breiten Fahrweg Richtung Walkenried gehen. Ein kleines Weglein und eine Tafel weisen auf die Abzweigung hin. Nach 80 m ist eine große Informationstafel und eine Zwergenlochruine zu sehen. Lange Zeit hatten Höhlenschützer versucht, zu retten, was am Ende doch nicht aufzuhalten gewesen war. Man hatte versucht, den Verfall der Höhlendecke zu stoppen und wohl mit Beton den Versuch unternommen, dem "Tod der Höhle" zuvor zu kommen, was nicht geglückt ist. Erhard Fritsch hat 1989 noch etwas von einem "5 m langen Durchgang" geschrieben. Das ist heute Geschichte, denn 1990 brach sie zusammen.
Die Reste der "Waldschmiede" | ||
Literatur:
Arbeitsgemeinschaft Drei Länder - Ein Weg Karstwanderweg Südharz, Osterrode 2023, 3. Auflage
Fritsch, Erhard (1989): Norddeutsche Höhlenimpressionen, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde in Oberösterreich 1-1989, S. 38
Links:
https://www.harzlife.de/harzrand/sachsenstein.html
https://www.harzlife.de/kurios/zwergenloecher.html
https://touren.harzinfo.de/de/tour/wanderung/karstwanderweg-rundweg-13-um-den-sachsenstein/63322020/
https://www.bad-sachsa.de/natur-aktiv/naturschutzgebiet-priorteich/
https://www.goettingerland.de/de/poi/naturdenkmal/sachsenstein-in-bad-sachsa/50967161/
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