Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen im Lenninger Tal,
Schwäbische Alb


8.2.2004 Blick auf Gutenberg im Lenninger Tal


Höhlen bei Gutenberg
Landschaft und Höhlen der Teck


Tief ist das Lenninger Tal in die Kalkfläche der Nördlichen Schwäbischen Alb eingekerbt. Viele viele kleine Höhlen öffnen sich links und rechts in den Flanken, einige sind auch etwas länger. Meist liegen sie in den oberen Felspartien, nur ein paar öffnen sich auch als Quellhöhlen im Talgrund.

Im Donntal

Eine davon ist das Goldloch bei Schlattstall. Viele wandern dorthin in den romatischen Talschluß. Ein kräftiger Bach ergießt sich des öfteren aus einem ansehnlichen Schlitzportal, das schon lange die Phantasie der Menschen angeregt hat. Was verbirgt sich da wohl im Berg? Gold vermutete man darin, der "Mahlknecht von Seeburg" sei einer gewesen, dem es gelungen sei, dort einen "dünnen Goldstab" zu finden, der ihn so reich machte, daß er gleich weit weit fort wandern konnte. Er ließ sich nicht von den "riesengroßen schwarzen Vögeln" verwirren, die andere dort ausgemacht haben wollten. Wenn es die Natur nicht freiwillig hergab, das vermutete "Gold" in ihrem Innern, dann wollten es viele schon immer ihr abzwingen. In diesem Falle wurde wohl ein Stollen gegraben, um die Felsenspalte, "aus welcher das klare Wasser der Lauter hervorquoll, das man, wenn man das Ohr an den Felsen legte, in weiter Ferne in den Eingeweiden des Berges rauschen und gähren hörte", zu erweitern. Binder nimmt an, daß dieses rätselhafte Geräusch einfach von einem kleinen Wasserfall stammt, der in den bislang dem Menschen noch nicht zugänglichen Teilen fließt.

 
Auf dem Weg zum Goldloch
Wieder unterwegs zum Goldloch im Juni 2016

Wandert man hinter Schlattstall weiter dem Talgrund entlang, dann spaltet sich das Tal in immer kleinere Seitentäler langsam auf. In den Talhängen gibt es immer wieder kleine Höhlen, die Schlattstaller Höhlen 1 bis 4, die Schlattstaller Höhlenruine und weitere. Auf dem Weg dorthin ein echter Schock für jeden Höhlenschützer. Beim Haus mit der Nummer 52 ein Garten voller Tropfsteine, mal als Schmuck für eine Lourdesgrotte, mal als Wegbegrenzung, mal begleitet von einem Gartenzwerg.

 
Am Weg im Talbereich - eine kleine temporäre Quelle
Kleine Eissäulen in einem so kleinen Höhlenobjekt, daß es keiner je in einen Kataster aufnehmen würde - es gibt es. Nur ist das, was als "Höhle" gilt, eben anthropozentrisch. Ob das großen Erkenntniswert wirklich hat, das sei dahingestellt. Vielleicht für Menschen. Aber wer sind wir schon wirklich im großen Konzert der Natur?
Auch ein Höhleneingang, der wohl in keinem Höhlenkataster je auftauchen wird, weil hinter dem Eingang, der ja recht fotogen ist, nicht viel mehr kommt
Ein Blick auf die andere Talseite
Wieder einer der Eingänge, die nie kataster"würdig" sind
Der vielleicht? Ein paar Meter geht es tatsächlich nach innen
Die Schlattstaller Höhle 1 - auf vielen Karten lagemäßig richtig eingetragen
Der Eingangsbereich von innen
Es geht höchstens gebückt weiter
Drinnen ists finster
Auf dem Weg Richtung Ruine Hofen
Die Schlattstaller Höhlenruine - kaum zu sehen von unten
Der Eingangsbereich
Hier wurde mal gegraben vom Menschen
Wandstruktur
Spinnenkokon

Am Rande von Gutenberg treten aus dem Fels an mehreren Stellen Quellen zu Tage. Beim "Höllstern" geschieht dies besonders intensiv. Von dort bezog auch der Ort lange Jahre hindurch sein Trinkwasser. Die Stelle ist leicht zu erreichen, gibt es doch eine "Höllsternstraße". Von der Straße aus ist bereits die kleine Hangvertiefung zu sehen, die sich inzwischen durch die manchmal sehr massiven Wasseraustritte gebildet hat. Oberhalb der heutigen Quelle befindet sich ein verschlossenes Eisentor. Steigt man nach links den Felsabsätzen hinan, dann kommt man schnell zu einer weiteren Öffnung. Sie ist vom Menschen gemauert worden, wohl um eine Öffnung in den Berg offenzuhalten. Bei entsprechenden Naturumständen sollen hier gewaltige Wassermassen aus dem Berg hervorbrechen. Ein geräumiger Felsgang tut sich auf, der aber gleich wieder zu Ende war. Höhlenforscher haben ihn am Ende mit Hammer und Meißel erweitert, so weit, wie es halt nötig war, um gerade durchzukommen. Und sie konnten mühsam weiterkommen...

 

Im Donntal, diesem südwärts führenden Seitenabzweiger des Lenningertals, gibt es mehrere Höhlen, hauptsächlich in den Felspartien hoch über dem Talgrund. Die bekannteste ist das Montmilchloch, das ja auf allen guten Karten eingezeichnet ist. Es ist heute im Winter aus Fledermausschutzgründen verschlossen und erst immer ab 15. April wieder geöffnet. Errreichbar ist es entweder von unten, durch das Donntal aufsteigend, oder von oben, von der Burgruine Sperbersberg absteigend.

Mit Willi Adelung war ich da am 2. April 2006 unterwegs. Wir wählten die Route von oben her und ich habe es nicht bereut. Irgendwann sperrte uns ein Verkehrszeichen am Weiterfahren aus. Ich stellte den Wagen am Straßenrand ab und wir begannen unsere halbstündige Wanderung zur Burg. Der Bauer hat offenbar mit den Hundebesitzern seine liebe Not, die dort ihre Hunde "Gassi führen". Er schlägt zurück, in dem er darauf hinweist, daß er auf den Flächen "hochwertige Lebensmittel" herstellen würde und daß die Leute doch "ihre" Hundescheiße, doch besser woanders ausbringen sollten. Bemerkenswerterweise stank/roch die ganze Gegend gerade nach "Scheiße". Der Bauer hatte nämlich "seinen" Mist auf die Wiese gegenüber ausgebreitet. Wo sollen wir nur alle mit "unseren" Rückständen hin? Konsumieren tun wir alle gerne, aber bitte keimfrei, scheißfrei, folgenfrei! Das geht nicht, aber was tun? Wie schön war es den Lerchen zuzusehen, die sich im Himmel tummelten, in der Luft auf und ab tanzten und ihren Gesang losließen. Oft waren sie gar nicht zu sehen, so daß es irgendwie geisterhaft war, ein Himmel voller Klänge und nirgends eine Ursache zu sehen....
Über eine kleine Wiese mit Obstbäumen kamen wir auf den Berggrat, an dessen Spitze die letzten Reste einer mittelalterlichen Burg noch zu sehen waren, die einst auf dem Sperbersberg gestanden hatte. Die würden natürlich auch schon längst nicht mehr stehen, hätte sich nicht die Landesforstverwaltung den Steinen mal angenommen.
Ein Steiglein führt bergab nordwärts. Lange bevor man den Eingang in die Montmilchhöhle schon selber sieht, kann man die dreieckige Naturschutztafel sehen, die davor angebracht ist. So gingen wir weiter und kamen tatsächlich am Eingang an. Enttäuschung. Ein massives Gitter davor. Und eine Erklärungstafel. Aus Fledermausschutzgründen sei dieses unterirdische Reich erst wieder ab dem 15. April offen. Ein kritischer Kommentar gefällig? Der steht schon an anderer Stelle.

 

1. Juni 2008 Wir hatten es geschafft, Willi und ich. Unterwegs waren wir schon lange gewesen. Das Auto stand an der Straße von Gutenberg auf die Hochfläche an der einzigen Möglichkeit, wo man es überhaupt abstellen hatte können. Ursprünglich hatten wir die "Inschriftenhöhle" besuchen wollen, aber die entzog sich all unseren Bemühungen. Nirgends war dieses Loch in der Landschaft auszumachen. Wir zogen weiter und stiegen dann ab aus dem Gelände, das, wie uns mehrere Tafeln kundgetan hatten, wieder ein "Bannwald" werden soll.
Von "unten" kommend, da weist überhaupt nichts heute (2008) in der Landschaft auf die Montmilchhöhle hin. Eine Weggabelung hatten wir vor uns. Lauter Namen, aber nichts von "Höhle". Da muß man sich schon "auskennen". Mit unseren unvollständigen Kenntnissen suchten wir die "Sicherheit" und wählten den langen, aber am Ende doch zum Loch führenden Weg. Es hätte da schon einen vielen kürzeren, aber halt nicht beschilderten, einfach ausgetretenen Pfad durch den Wald gegeben. Der hatte es besonders im Abstieg in sich, denn das war schon ein rechter Waldbodenschlittschuhparcours, der beim Abstieg zu bewältigen war.
Diesmal war tatsächlich ein schmaler Schlitz in der Eisenbewehrung am Eingang offen. Quer kam auch ich durch. Eine Stehhalle tat sich vor mir auf, lehmiger Boden, ein Tümpel, Wände, die man absuchen muß, um etwas zu finden, was die Aufmerksamkeit auf sich lenken könnte. Bergwärts senkte sich die Decke. "A hand-and-knees-crawl" nennen das englische Höhlenforscher, was sich vor mir auftat. Auf allen Vieren kroch ich vorwärts, auf die Größe eines Hundes geschrumpft. Dann konnte ich mich wieder aufrichten, aber nur kurz. Das nächste Kriechloch öffnete sich da schon wieder. Ich ließ den Fotoapparat in seinem wasserdichten Gehäuse in einer Nische zurück, denn die Hände waren im folgenden massivst voller Lehm. Ich war ja ohne Schlaz, Helm und Handschuhe unterwegs. Ein Petzllämplein auf der Stirm, das genügt heute für vieles, wenn man bereits ist, sich "einzusauen". Kriechmäßig gings weiter, ein niedriger Raum tut sich dann auf, ich konnte wieder stehen, da eine Öffnung, dort auch... Wasser und Schlamm waren am Boden in eine unheilige Mischung eingegangen. Die wenigen Stellen, wo man sich nicht selber daran beteiligen mußte, die waren durch ein paar Steine erkennbar.
Ich kroch zurück, Schuhe und Hose völlig verlehmt. Als ich an der Kamerabox vorbeikam, nahm ich sie mit dem Mund am Band auf und trug sie nach draußen, wo sie mir Willi aus dem Mund nahm - und ein Foto von mir im Originalzustand machte.
Die Hände wurden erst im Bach unten im Tal wieder sauber, wo dieser wunderbare Teil unseres Erdballs in üppiger Weise wieder zur Verfügung stand.

Im "Pfingstberg", der rechten Talseite, wenn man von unten das Donntal hochgeht, liegen laut Kataster zwei Höhlen, die Pfingstberghöhle 1 und 2. Wir wollten uns die auch mal anschauen und kamen von unten. Das war kein Unternehmen, das man eben so einfach hinter sich brachte. Denn erforderte Einsatz, kräftiger Energieeinsatz. Es gibt unten im Tal einen Weg, mitten im Hang eine breite Forststraße und unterhalb der Felsen eine Trittspur. Dazwischen ist aber nix. Da gehts, rutschts, fällts, krallst dich an Ästen ein, brichst altes Holz ab, das dir den Berg blockiert, mühst dich wirklich ab bis zur Grenze, wo ich mich gefragt habe, warum ich da denn überhaupt raufgehe. Du weißt ja schon im voraus, durch das Studium der Literatur, daß es sich da um paar "mickrige" Löcher handelt, ein paar Meter halt lang, kein Luftzug, keine große Fortsetzung vermuten lasssend - lassen wir sie in Ruhe! Erforscht und vermessen und publiziert sind sie. Wozu da noch hingehen?

Wer da hingeht, der hat, heute, auf jeden Fall seine Ruhe von den "Forschern". Die sind inzwischen wo anders auf diesem Erdball unterwegs. Schön war, daß es nirgends Müll in den Höhlen gab. Keiner hat sich hier noch seiner Coladose entledigt, seine Wursthaut zurückgelassen, sein Klopapier "vergessen". Von "Rückständen" bleibt man allerdings nicht verschont, aber die sind ganz natürlich! Es sind wohl Wildschweine, die sich einen der Eingänge als ihr Revier erobert haben und die sich dort zu ihren "Geschäften" zurückziehen. Entsprechend schaut es auch aus! Ein Baum schiebt in die Höhle eine lange dicke Wurzel, auch so ein Detail, das einem wohl nur auffällt, wenn man überhaupt für die Verbindung von Baum-und-Höhle mal das Auge geöffnet hat.

 

Unterwegs im Donntal

 
 
   

Das Lenninger Tal ist nordwärts auch mal zu Ende und mal kann dann nur noch nach recht und links an den Hochflächenrändern weitergehen. Tut man das ostwärts, dann kommt man, im Gebiet zwischen "Breitenstein und Reußenstein", um in der Gebietseinteilung nach dem BINDER-Führer zu bleiben, zum Schafbuckel. Der ist leicht vom Mönchsberger Wanderparkplatz aus zu erreichen. Die Flächen werden hier offenbar weitgehend nicht mehr intensiv bewirtschaftet, sondern wieder der "Natur" überlassen. Man spürts überall. Sie "schießt ins Kraut", wuchert, sprießt und bietet einfach einen wunderbaren Kontrast zu dem rastlosen, perspektivenlosen und gewinnlosen Leben in unserer "high-tech-Gesellschaft".

Geht man noch ein paar Schritte darüber hinaus, kommt man in ein Felsgelände, das eine kleine Höhle birgt, das Heidenloch. Ein kleiner, allmählicher verfallender Steig führte (August 2004) direkt zum Eingang.

 


Literatur:

Bronner, Gerhard, Jantschke, Herbert

Höhlen am Nordrand der Schwäbischen Alb - Höhlen im Lenninger Tal (Kartenblätter 7422 und 7423), Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr. 23, 3-98, Stuttgart, August 1981
Bronner, Gerhard, Jantschke, Herbert Höhlen am Nordrand der Schwäbischen Alb - Höhlen im Bereich der Ruine Hofen und weitere neubearbeitete Höhlen im Kartenblatt 7422 Lenningen, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr. 25, 3-58, Stuttgart, November 1982
Binder, Hans Vom Goldloch bei Schlattstall. Sonderdruck aus Bl. d. Schwäb. Albvereins, 2. Vierteljahr 1965
Groschopf, Dr. Paul (Schriftleiter) Vom Wasser und von den Höhlen der mittleren Schwäbischen Alb (östlicher Teil), Jahreshefte für Karst- und Höhlenkunde des Verbands der Deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. München 1963

 

Links:

http://www.stuttgart-tourist.de/deutsch/regio/esslingen/lenningen.html

http://www.teck.de/region/service/lokalnachrichten/1999/artikel/tb0905.001.html

 

Landschaft und Höhlen der Schwäbischen Alb


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