Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Eselsburger Tal


 Das breite Brenztal verengt sich bei Anhausen zu einem erst waldgesäumten Tal, später dann von prachtvollen Wiesenhängen geprägt, die wacholderbewachsen und oft von prachtvollen Felsgebilden durchsetzt sind. Auf 6 km Länge wird der Buigen umflossen, erst südwärts und nach einer Biegung wieder nordwärts bis schließlich Herbrechtingen erreicht ist.

Das ganze Gebiet ist glücklicherweise unter Naturschutz, so daß ein wenig wenigstens viele, unsere moderne Zivilisation prägenden Momente weniger stark spürbar sind. Eine viel befahrene Straße führt am Ostrand vorbei, so daß man allenfalls den Straßenlärm mitbekommt und Autosilhouetten am Rand des Horizonts. Die menschliche Siedlungstätigkeit im Talgrund ist heute wohl zum Erliegen gekommen, aber was das aus früheren Zeiten steht, das ist sicherlich keine architektonische Glanzleistung, Baumarktniveau, mit einer Ausnahme. Am Hauptzugang zu dem an den Wochenenden für den Durchgangsverkehr gesperrten Straße von Herbrechtingen her liegt linkerhand, über der Brenz drüben, ein renoviertes altes Gebäude, wohl früher eine Mühle, die noch vom Glanz der früheren Zeiten kündet, heute das Heimatmuseum. Man braucht nur auf die andere Flußseite schauen und sieht da genau das, was leider überall sonst bei uns auf zu sehen ist, vergessen wir davon zu schreiben. Irgendwann fallen diese Hütten auch zusammen, und wer wird ihnen nachweinen? Weil es so schön dort ist und weil diese paar Quadratkilometer Landschaft halt so einen hohen Erlebniswert haben, deshalb gibt es noch so eine Erscheinung, die in ihrer Häufung auch ziemlich lästig, bald unerträglich werden könnte, die Erholungssuchenden. Klar, die Freiräume sind immer kleiner geworden, geschrumpft bis auf wenige Fleckchen, auf denen wir uns nun alle drängeln. Und das kann auch wiederum ziemlich unleidlich werden, obwohl man als Einzelner natürlich gar nichts dafür kann und auch niemandem irgend etwas Böses will. Es ist dann halt die Masse.

Besonders deutlich war das zu erleben, als ich mit Willi Adelung an einem Sonntag morgen, am 26.1.2003, mal dort auftauchte. Es hatte frisch geschneit, alles war leicht überzuckert wie mit weißem Pulver, und kein Tourist war unterwegs. Was war das für Erlebnis! Die Straße war nicht so schwarz wie normalerweise, sondern leuchtete in hellem Weiß. Wir machten die ersten Fußspuren hinein, die Brenz floß lautlos, nichts rührte sich noch, allenfalls ein paar Entlein waren zu sehen und ein kein einziges Geräusch in seinem Flug von sich gebender Kormoran. In Eselburg kam nur die Wirtin aus ihrem Gasthaus und brachte die neue Speisekarte in ihrem Schaukasten unter, in einem großen Stall rührten sich ein paar Ziegen. Mehr gab es zu dieser Morgenzeit nicht an Bewegung zu sehen. 1 Stunde später ging es schon los. Immer wieder fuhren "Anlieger" mit ihren Geländewagen auf der ansonsten für den Verkehr gesperrten Straße, begannen schubweise die Wandergruppen anzurücken. Vorbei war es mit dem Zauber, Rückkehr ins 21te Jahrhundert.

Für den Höfo gibt es ein paar kleine Höhlen anzuschauen im Eselsburger Tal. Vom Parkplatz beim Heimatmuseum aus gesehen taucht linkerhand bei der Einmündung eines kleinen Seitentales ein isolierter Felsklotz auf. Untersucht man den genauer, dann sieht man daß er hohl ist, daß er von einer Durchgangshöhle durchzogen ist. Dies ist sicherlich der allerletzte Rest einer alten Höhle, der einfach noch übrig geblieben ist. Einfach zu durchkriechen.

Auf derselben Seite in halber Talhanghöhe kommt man zur Bernhardshöhle. Dafür den Namen "Höhle" herzugeben, das ist eigentlich schon übertrieben. Nur das Eingangsportal ist gut sichtbar. Dahinter verbirgt sich nichts, nur eine kleine Felsnische. Folgt man dieser Talseite, dann kommt man bei der Eselsburg, die auf einem Kalkfelsklotz gethront hat, zu einem richtigen Höhlennest. Die Wände sind durchsetzt von Höhlengängen, die kreuz und quer und zusammen und wieder hinausführen. Ein richtiger Höhlchenpark. 

Der Bindersche "Höhlenführer Schwäbische Alb" erwähnt noch mehr Höhlen auf dem Weg durchs Tal Richtung Anhausen, die Höllenhöhle, die Burgholzhöhlen, das Fuchsloch und die Klemmerhöhle, um nur ein paar davon zu  nennen. Die auf den Karten auch als "Spitzbubenhöhle" bezeichnete Klemmerhöhle haben wir noch gesucht, intensiv, sind die Hänge rauf und runter gelaufen, haben jedes Ritzchen angeschaut bis zum Anschlag, allein, Erfolg war uns nicht gegönnt. Aber wir kommen wieder...

 
Zu einem ähnlichen Foto von mir in einem Deutschbuch heißt es: "Schreibe eine lebendig und anschaulich erzählte Sage..." 
 
Spitzbubenhöhle
 

Sonntag, der 22. August 2004 Willi Adelung und ich waren wieder mal im Eselsburger Tal. Ihm hatte keine Ruhe gelassen, daß die Höhle, die wir im Winter in dieser Talflanke besucht hatten, tatsächlich die "Berhardshöhle" gewesen sei - ein kleiner Felsüberhang. Im Binderführer ist die als "unbedeutend" bezeichnet, aber Willi wollte es wissen. Er schaute sogar von der anderen Tagseite herüber und fand dann tatsächlich eine schwarze Öffnung etwas auf halber Talhöhe neben einem Busch. Der Eingang ist wirklich sehr schwer auszumachen und man muß praktisch davorstehen, eh man ihn wahrnimmt. Er ging hin, erkundete das ganz Loch und kann jetzt mit mir wieder. Ja, ein kleiner Felsraum tut sich da vor einem auf. Am Grund hat es jemand sogar geschafft, ein ganz kleines Feuerchen aus alten Kistenbrettern zu schüren. Die Reste sind immer noch da. Ein paar Farnpflanzen haben da ihren Standort, viel mehr gibt es nicht zu berichten.

 


Dezember 2011
Die Brenz

Renaturierung der Brenz im Dezember 2011
Auf der Hochfläche

Noch immer haben wir die im Kataster mit dem Namen "Klemmerhöhle" gefunden. Sie entzieht sich irgendwie immer wieder unseren Versuchen, sie zu "entdecken". Voll im Internet/Smartphonezeitalter angekommen fühle ich mich imstande noch einen Versuch zu starten. Auf MAPS.ME gibt es da tatsächlich ein Zeichen, das angeblich den Eingang markiert. Willi und Dieter sind die treuen Gefährten, die diesen Versuch begleiten, der im Juni 2016 stattfindet. Überall Zeichen und Markierungen, sogar der JAKOBSWEG schlägt sich da mit einer Tafel inzwischen nieder. Ich öffne den Screen des Motorola-Smartphones, sehe wenig, weil es so hell ist, daß die Zeichen kaum ausmachen sind, wir beschließen, erst einmal dem oberen Weg zu folgen. Das ist offenbar eine sehr beliebte Wanderstrecke, es ist überhaupt kein Problem, dem Weg zu folgen, das Höhlenzeichen ist deutlich unterhalb unserer Strecke. Bei der ersten Möglichkeit, nach unten abzusteigen, tun wir das auch, landen im Talgrund und gehen auf dem geteerten Weg wieder zurück. Immer wieder ein Blick auf den Screen, wir kommen näher, sind auf einmal schon wieder weiter. Ich breche auf in das Gelände, siehe dies, sehe das, mal versetzt mich der blaue Pfeil auf dem Bildschirm, dann dorthin. Bin ich da wirklich? Je mehr Erfahrung mit diesem Gerät gewinnt, desto weniger vertraut man dieser Maschine. Schaut man zur Abwechslung auch auf den Talhang, die Felschen, einzelne Gruben, umgestürzte Bäume, Buschgruppen usw., sieht man, daß das Gelände, das auf dem Screen nur eine einzige grüne Fläche bildet, viel viel vielfältiger ist. Schon bei der Physik hat man ja unterstellt, daß unendliche Vielfalt vielleicht gar keine so große Rolle spielt, wenn man ins Große und Weite und Allgemeine zielt. Ob das wirklich stimmt? Die Rechenergebnisse passen immerhin, meistens ganz gut. Aber je näher man an z.B. diese Erde kommt, desto mehr wird deutlich, wie praktisch unendlich vielfältig alles ist. Ich habe herumgesucht, bin bergauf und bergab gelaufen, bin über quere Baumstämme gestiegen, aber nirgends war für mein Verständnis ein Höhleneingang. Der Blick auf den Screen zeigte zwar eine perfekte Übereinstimmung zwischen Pfeil und Höhleneintragung - aber sollten diese winzigen Löchlein ernst zu nehmen sein. Ich suchte weiter und - fand nichts. 

Egal. Das ist ja oft das Spannende an der Höhlenforschung! Der Erfolg ist nicht wirklich garantiert. Selbst wenn man beste Mittel einsetzt, eine gewisse Unsicherheit bleibt immer, das vielleicht nur mit dem Quäntchen Glück aufgewogen werden kann. Wir probieren es noch einmal - diesmal gleich von vorne herein und ohne Wanderstrecke oberhalb. Daran zeigen sich halt die "wahren" Höhlenforscher, sie halten durch!

 

 

 

 

Literatur:

Binder, Hans Höhlenführer Schwäbische Alb, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart und Aalen 1977
Albrecht, Rolf Höhlen, Felsen und Ruinen, Verlag E.+ S. Fleischmann, Esslingen 1980
Heimatverein Herbrechtingen Eselburger Tal
Scherf-Deskau, Dagmar Intensivierung Deutsch 6 Gymnasium Bayern - Deutschbuch Schülerheft zum Wiederholen, 2005, S. 11 ("Abbildung Felsdurchgangs im Eselsburger Tal", Foto F. Lindenmayr)
Schmidt, Werner Rundwanderungen Schwäbische Alb - Östlicher Teil, J. Fink Verlag, Stuttgart, 14. Auflage 1977
Dürrschnabel, A.& H. Höhlen im Eselsburger Tal 7326. Laichinger Höhlenfreund Heft 18: 7-10, Laichingen 1974

Links:
http://www.rausche.de/Ausfluege/eselsburgertal/alb.html

Landschaft und Höhlen auf der Ostalb
Landschaft und Höhlen der Schwäbischen Alb


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