Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen im Hegau


Die Aachquelle und die Höhle dahinter


 Der "Hegau" bezeichnet, historisch gesehen, einen Gau des Herzogtums Schwaben nordwestlich des Bodensees, der von der Südseite des Überlinger Sees und der Stadt Konstanz bis zum Hochrhein im Südwesten reichte. Im Norden bildete die junge Donau im Nordwesten die Grenze, im Nordosten reichte der Bezirk bis nach Stockach.. Heute wird damit meistens nur die jungmoräne Kernlandschaft des Gaus damit bezeichnet. Besonders bekannt sind die vulkanisch geprägten Hegauer Kegelberge westlich von Singen. Vom Bodensee mit seinen 395 m Meereshöhe reicht der Hegau bis hinauf auf 846 m am Basaltberg Hohenhewen.

Mit einer Ausnahme sind die bislang bekannten Höhlen im Hegau alle nur von geringer Größe. Das Topobjekt liegt hinter der Quelle der Aach, der größten Karstquelle Deutschlands. In ihr treten die Wasser der im Untergrund bei Fridingen und weiteren Stellen verschwundenen Donau wieder zu Tage. Zuerst wurde von Tauchern versucht, in die Quellöffnung einzudringen, später gelang es durch Ausräumen einer Doline oberhalb in eine große Halle vorzudringen, die bis hinunter auf den Wasserspiegel reicht. Befindet sich hier die größte deutsche Höhle? Das Potential dafür ist da, es muß halt realisiert werden, was nicht einfach ist. Im Frühjahr 2017 war auf einmal die Höhle in allen Zeitungen Deutschlands: Man hatte den ersten Höhlenfisch Europas in ihr entdeckt!

Die meistbesuchte Höhle des Hegaus ist sicherlich die Petershöhle, benannt nach ihrem Ausgräber, im Brudertal. Wer vor Jahren dort schon einmal war, der wird staunen. Früher wuchs um die Höhle viel Wald, heute ist der abgeholzt, rund um die Höhle ist Wiesengelände und die Felsen mit den Höhlenöffnungen schon von weitem zu sehen. Man hat so wieder die Verhältnisse hergestellt, die vor mehr als 10.000 Jahren hier herrschten, als es dort nur Tundra gab. Die Grabungen von E. Peters erbrachten reiches Fundmaterial, das vor allem wegen der figürlichen Darstellungen herausragend ist. So hat man mindestens 17 verschiedene Frauenfigürchen gefunden. 

Die Petershöhle gehört heute zu einem "Eiszeitpark", zu dem noch mehrere Stationen gehören, die das Leben im Magdalénien einem nahebringen sollen. Dazu gehört natürlich auch die "Gnirshöhle", die ganz in der Nähe auf der anderen Talseite liegt. Über einige Treppen steigt man hinauf zum vergitterten Eingang. 37 m ist sie lang, eine ehemalige Flusshöhle, teilweise wieder verfüllt von Geröllen der Würmeiszeit. Wer die Höhle besuchen will, der muß sich beim Heimatmuseum Engen melden und eine Führung vereinbaren. 


Im März 2021 tauchte die Gnirshöhle auf einmal in der Süddeutschen Zeitung auf. Überschrift "Zahme Hunde in der Höhle". Forscher und Forscherinnen des Senckenberg Zentrums an der Universität Tübingen untersuchten Knochen aus der Höhle und stellten fest, daß das darin enthaltene Erbgut "die ganze genetische Bandbreite von Wolf bis Hund abdecke". Es wird vermutet, daß die Menschen damals versucht hätten "Tiere aus verschiedenen Wolfslinien zu zähmen und aufzuziehen." SZ Nr. 54, 6./7.03.2021, S. 31


 

2001
Gnirshöhle 2001 / 2017

Nicht weit vom Brudertal befindet sich der "Gran Canyon" des Hegaus, das Wasserburger Tal. In ihm gibt es etliche massive Felsgebilde, das massivste davon trägt den Namen "Großer Felsen". Bei ihm ist der "Bildstockfels" mit 4 kleinen Höhlen, wo man ebenfalls Funde gleichen Alters wie im Petersfels gemacht hat.

Unter dem Krenkinger Schloß in Engen befindet sich eine Höhle, die "Engener-Felsenhöhle". Der Eingang liegt in einem Privatgarten und ist deshalb nicht frei zugänglich. Man sieht ihn aber direkt von der Straße aus. An das mannshohe Portal schließt eine geräumige Kammer an, dann führt ein ehemaliger Wassergang tiefer in den Berg bis zu einem Lehmpfropfen, der den Weiterweg blockiert.

An der B 311bei Neuhausen liegt südlich von ihr ein bedeutendes Dolinenfeld, "im Harreser", in dem ein Bach in mehreren Schlucklöchern verschwindet. Ein Markierungsversuch ergab, daß dieses Wasser im Aachtopf wieder zum Vorschein kommt.


Im August 2023 erschien in der Presse und im Internet eine Nachricht: "Eingang zu eiszeitlicher Höhle bei Engen entdeckt". Schon in den 1970er Jahren war man beim Bau einer Wasserleitung auf den Eingang zu einer Höhle bei Engen gestoßen. Damals hatte man dem Fund weiter kein Gewicht beigemessen, das passierte erst im April 2023 durch Forscher der Universität Heidelberg. Nun ist man sehr gespannt, was man alles entdecken wird.

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/friedrichshafen/eingang-zu-eiszeithoehle-gefunden-eiszeitpark-engen-100.html


Literatur:

Bohnert, Jürgen Das Ergebnis der Karstforschung im Kartenblatt 8019 Neuhausen ob Eck in den Jahren 2004 und 2005, Jahresheft 2005 Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten S. 103ff.
Geyer, Matthias, Münchberg, Christoph Vulkane prägen eine Landschaft - Der Hegau, in: Look, Ernst-Rüdiger, Feldmann, Ludger, Faszination Geologie - Die bedeutendsten Geotope Deutschlands, Stuttgart 2006
Hunkeler, Ernst Höhlen und Stollen im Kanton Schaffhausen, Meier Verlag, Schaffhausen 1982
Lindenmayr, Franz Höhlen im Hegau, in: Tagungsband 2018 zum 26. HÖREPSY der Interessengemeinschaft "Höhle-Religion-Psyche", hrsg. von Franz Lindenmayr, 2018
Nübling, Verena Die Venusstatuetten vom Petersfeld, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3/1999, S. 129-130
Peters, E. Der Abschluß der Grabungen am Petersfels bei Engen im badischen Hegau, Prähistorische Zeitschrift 23, 1932, 155-199
Renz, Florian Forschungen auf dem Blatt 8019 Neuhausen in den Jahren 2002 und 2003, Jahresheft 2004 Arbeitsgemeinschaft Höhlen und Karst Grabenstetten e.V., Seite 7ff.
Schetter, Harald Höhlen und Karsterscheinungen im Hegau, keine Ortsangabe, keine Jahresangabe
 

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