Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen im "Comtat Venaissin", Vaucluse, F


Westlich des Vaucluseplateaus tauchen der Kreidekalk meistens unter Schichten aus Ton und Sand unter. An einigen Stellen schauen aber noch heute einzelne Buckel aus der Landschaft wie bei Chateauneuf du Pape, dem Rocher des Doms in Avignon, Vedene, Cavaillon usw. . In einigen von ihnen finden sich auch kleinere Höhlen, die letztes Zeugnis früherer Verkarstung ablegen und die wichtige Belege für die Landschaftsgeschichte sind.

Am bekanntesten ist die grotte de Thouzon, die heute als Schauhöhle zugänglich ist. Sie liegt in dem kleinen Hügel von Thouzon, der von einer alten Burg überragt wird. Am 23. Januar 1902 hat man dort bei Steinbrucharbeiten auf einmal eine schmale Spalte von einem Emile Pépin gefunden, in die zwei Leute mit Fackeln eindrangen und staunten. Man hat sofort die Höhle gesichert und sie so vor der Zerstörung gesichert. Die Gesamtganglänge beträgt 230 m, der Höhenunterschied 17 m. Man war so begeistert von der Entdeckung, daß man sie gleich mit dem Gouffre de Padirac verglichen hat! Im September des Jahres wurde gleich mit dem Schauhöhlenbetrieb begonnen! Das hat dem Schutz der Höhle wirklich gedient, denn noch heute können wir herrlichste Sinterröhrchen im unberührten Zustand bewundern!

Es handelt sich um eine alte Bachhöhle mit im Durchschnitt 5 auf 4 Metern Durchmesser. An den Wänden finden wir noch heute die Spuren davon. Zwischendrin sind auch Raumerweiterungen von Hallengröße. An einer Stelle reichen Deckenkamine bis zu 2 m unter die Erdoberfläche. Über eine früher vorhandene Öffnung, die heute wieder verschüttet ist, kamen einstmals große Mengen Steine und Erde in die Höhle. Fledermausguano in der salle des Fistuleuses zeigt, daß früher mal diese Tiere den Weg in die Höhle gefunden haben, was heute nicht mehr der Fall ist. Die Nähe zur Erdoberfläche wird vor allem durch die vielen Wurzeln deutlich, die man in der Höhle sehen kann. In der Nähe des Eingangs schickt eine Eiche eine lange schwarze Wurzel herunter, die wie eine lange Schlange sich den Tropfsteinen entlang windet. Im großen Röhrchensaal sieht man meterlang eine schwarze dünne Wurzel sich der Decke entlang winden. Besonders selten zu sehen in Höhlen sind die großen Silexvorkommen, Feuersteinknollen, die eingebettet sind in den Kalk und die auf unterschiedlichste Weise zu sehen sind. Ein besonders großer Knollen hängt nur noch an einem schmalen Verbindungsstück zur Wand und man wundert sich, wieso das Gewicht noch nicht so groß ist, daß er einfach runterfällt. An einer Stelle führt man die Klangqualitäten der Sintervorhänge vor und klopft mächtig auf die Steine.

Am Umkehrpunkt erfährt man, daß sich die Höhle schon noch fortsetzen würde, aber halt verstürzt ist. Auf der anderen Seite des Hügels gäbe es eine weitere Höhle, die stelle wohl die Fortsetzung dar. Dabei handelt es sich wohl um den Trou de Bayle, der aber nach den veröffentlichten Daten bislang ganze 30 m lang ist.


Der Thouzon-Hügel mit dem Schloß

Der Höhleneingang
Im Schauhöhlengebäude

- lauter Werbeplakate für Schauhöhlen in Frankreich


Die Eichenwurzel
 
Feuersteineinlagerungen
Noch eine Wurzel
 

In einem anderen dieser "Vorlandhügel" gibt es auch noch leicht zugängliche Höhlen, dem colline Sainte-Jacques in Cavaillon. Eine Karte an der Kirche zeigt 4 Höhlenzeichen (Trou du Colombier, Grotte des Bésicles, Grotte de l'Eléphant). Zwei davon liegen im Norden, wobei eine den Namen Grande Baume führt. Sie ist unschwierig auf einem markierten Wanderweg zu erreichen. Eine davon hat früher, eine wohl erst vor nicht zu langer Zeit als Lebensraum gedient. Die Lage ist gut, die Miete wohl null. Die Reste eines verbrannten Zeltes habe ich im Juni 2006 dort gesehen, einen Tisch voller Küchenutensilien, einen Grill, unendlich viele Bier- und Weinflaschen, gebrauchte Turnschuhe, 2 Doppelmatrazen - auch hier haben wohl ein paar Menschen am Rande der Gesellschaft gelebt. Wo anders tun sie das in Betonröhren oder ähnlichem. Daneben liegt die "Grand Baume". Die war mal richtig mit Mauern abgegrenzt, waren Bezirke für Mensch und Tier vorgesehen. Wie weit die Besiedelung zurückreicht? Das weiß keiner mehr, denn jede neue Generation hat dort die Spuren der vorhergehenden ausgeräumt, um für sich wieder Platz zu schaffen. Vielleicht kommen ja mal zukünftige Generationen wieder darauf zurück! Wenn ihnen mal ein sicheres Dach über dem Kopf wieder wichtiger ist als ein 10minütiger Zeitvorsprung auf dem Weg zum nächsten Flughafen.

Blick aus Cavaillon auf den colline Sainte-Jacques
mit zwei auffallenden Höhlenöffnungen
Auf dem Hügel mit einem Jakobswegkreuz
Blick auf den Petit Luberon
 

Grotte de l'Eléphant
Zeichen der Vergänglichkeit

Grande Baume

 

Literatur:

Couturaud, Alain Les cavites du Comtat Venaissin (Vaucluse), Spelunca n 45 / 1992 / pages 25 à 32

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