Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Vougliameni

- ein Höhlenschwimmbad vor den Toren Athens


Eine Höhle schwimmenderweise betreten zu können, das ist alles andere als Alltag, auch für den "Höhlenprofi". Manchmal ist es einfach notwendig, um weiterzukommen. Dann versenkt man sich in die dunklen Fluten und schwimmt weiter, hofft, daß man gut am anderen Ende ankommen wird. Und man hofft, daß zwischendrin die Höhlendecke nicht zu tief herunterkommt. Zumindest die "Höhlengeher", hier wohl besser "Höhlenschwimmer" hoffen das, die nicht schon halbe "Höhlentaucher" sind.

Es gibt meines Wissens nicht viele Höhlen, die das "Höhlenschwimmen" auch dem halbwegs "normalen" Menschen ermöglichen. In Island gibt es eine Höhle, in Ungarn, auf den Bermudas und in Griechenland.

12 km südöstlich von Athen liegt Vougliameni. Ein Vorort der griechischen Hauptstadt, stark expandierend, und auch hier, die natürliche Welt sowohl oberhalb als auch unterhalb der Oberfläche dieses Planeten, zerstörend. Nach außen hin ist vor allem der See von Vougliameni erkennbar. 170 m lang, 45 m breit, das schwefelige Wasser ist 25° warm, ideal für ein Schwimmbad, das auch tatsächlich hier ist. Unter der Oberfläche setzt sich der Hohlraum fort, erreicht eine Grundfläche von 210x160 m und zuletzt eine Tiefe von 40 m.

Die Unterwasserhöhle wurde vor allem von dem Schweizer Höhlentaucher Jean-Jacques Bolanz, zusammen mit einigen französischen und griechischen Höhlentauchern, in den Jahren 1987 bis 1993 erforscht. Man entdeckte 7 verschiedene Gänge unter Wasser, die bis zu 500 Metern vom Eingang in das Karstgebirge hineinziehen, wobei ein tiefster Punkt von -87 Metern erreicht wurde. Man ertauchte auch einen großen Unterwassersaal, der eine Grundfläche von 2000 m² hat.

Das Bekanntwerden der Unterwasserhöhle hat auch schon Opfer gefordert. In einer "sauvetage rocambolesque" mußten zwei griechische Taucher geborgen werden, deren Versuch, die Höhle zu betauchen, tragisch endete.

Einer der "Krebse", die unsere Welt befallen, nicht nur unsere Körper, die Ausdehnung überallhin, auch da, wo wir uns besser zurückhalten "sollten". Im Falle von Vougliameni ist die Besiedelung der Oberfläche oberhalb der Höhle offenbar wieder so ein Todesurteil für Lebens-(Tier-)gattungen, die sich halt an diesem Orte noch bislang wohl gefühlt hatten, aber nun in äußerste Lebensnot kommen.

Sehr seltene Fische haben dort gelebt, Cottus globio und Poccilia shenops, und eine Meeresanemone, Paranemonia vougliameniensis. Sie sollen von der "wilden Siedlungstätigkeit" in ihrem Bestand höchst befährdet sein.

Ich bin schon zweimal in Vougliameni gewesen. Beim ersten Male am Ende der 70er Jahre kam mir die ganze Angelegenheit höchst suspekt vor. Da war ich nämlich der einzige Mann inmitten von lauter Frauen, die mich wiederum hauptsächlich aus dem Augenwinkel heraus ansahen. Ich war einfach so ein verlorener Tourist, der in den Reiseführern etwas von einen See im Karst gelesen hatte. Später las ich noch etwas genauer nach und fand die Lösung. Denn der See von Vougliameni galt als Heilbad vor allem für "Frauenleiden" und was hatte da denn ein "Mann" zu suchen?

Beim zweiten Male war es besser, da entdeckte ich noch ein paar Wesen, die auch nur eine Badehose anhatten. Da machte ich auch ein paar Bilder in den Höhlen auf der anderen Seite des Bades unter den Kalkfelswänden. Das ist aber eine seltsame Angelegenheit. Denn es gibt keinen trockenen Zugang. Ich mußte das Fotozeug in einen wasserdichten Behälter packen, den wiederum in den Schleifsack tun, den band ich mir dann mit einer Schnur um den Hals und schleppte ihm, schwimmend, hinter mir her über den See. In der halbhöhlenähnlichen Vertiefung kletterte ich auf einen Fels, holte das Gerät aus dem Kasten und erntete nur sehr erstaunte Blicke bei den wenigen Leuten im Höhlenschwimmbad. Jeden Augenblick konnte alles umkippen und im blauen Wasser verschwinden. Ich war froh, später alles wieder gut verpackt zu haben und hundemäßig wieder zurück zum Ufer gelangt zu sein. Ein ***Höhlenerlebnis ohne Schlaz und Lampe!


Im Jahre 1998 begannen erst die intensiven Tauchforschungen in der Höhle, die gewaltige Ergebnisse erbracht haben. Die erforschte Gesamtganglänge beträgt heute 4.558 m. Der tiefste Punkt liegt bei - 112 m. Man hat eine gigantische Halle gefunden mit den Abmessungen 800 m Länge x 60 bis 150 m Breite und 30 bis 40 m Höhe. Insgesamt ergibt sich ein Volumen von 2 Millionen m³. In 730 m Entfernung vom Eingang fand man Braunalgen, die nur bei entsprechenden Lichtverhältnissen dorthin kommen konnten. Es muß dort einmal eine weitere Öffnung gegeben haben, von der aber heute nichts mehr zu sehen ist.
Die Oberfläche des Sees liegt 40 cm über dem Meeresspiegel, der nur 50 m entfernt ist. Der Höhenunterschied ist einmal auf das Süßwasser zurückzuführen, das ständig nachströmt, zum anderen auf das schmale Kalkband, das doch eine Grenze zum Meer darstellt. Die Temperatur des Wassers stabilisiert sind bis in 30 m Tiefe bei 25 bis 27 Grad. Die Forscher führen an, daß es sich hier um einen "Karstkomplex von höchstem wissenschaftlichen Interesse darstellt, dessen Studie erst begonnen hat".


Die Umgebung mit dem markierten Eingang
Der See
Der See

links die Höhlen

Blick in eine der Höhlen
In einer der nur durch Schwimmen zugänglichen Höhlen

 

Literatur:

Lefebre, Hervé LE LAC DE VOUGLIAGMENI, Grottes et Gouffres, n° 137, septembre 1995, page 4
LE GUEN, Francis ALMYROS 1991, Grottes et Gouffres, n°124, juin 1992, page 5-8
Bolanz, Jean-Jacques, Casati, Luigi, Deriaz, Patrick, Giannopoulos, Vassili Vouliagmeni - 15 Jahre Tauchforschung, Stalactite 56, 1, 2006, S. 33ff.

Links:

http://www.magicaljourneys.com/Greece/greece-interest-athens-vouliagmeni.html

Showcaves.gr

 


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