Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen in zwei Gebieten Nordtasmaniens

- Gunns Plains und Mole Creek


Im Norden Tasmaniens gibt es eine Reihe ganz vereinzelter Karstgebiete. Sie sind alle bedeutsam und haben, je nach Größe und Forschungsstand, bis zu 400 Höhlen. Zwei davon, Gunns Plains und Mole Creek, sind etwas bekannter, weil in ihnen Schauhöhlen sind.

"The largest 'ribbon' stalactite in the world is in the Gunns Plains limestone cave.  Very pretty." Dieser Text steht unter dem Bild einer Sinterfahne aus der Höhle im Internet. Das ist ein bißchen peinlich, denn wer das geschreiben hat, der beweist damit im Grunde nur, wie wenig er von der Welt gesehen hat. Aber besuchenswert ist sie trotzdem, die Gunns Plains Cave.

Wir, das waren Alfred Schlagbauer und, hatten uns im August 2006 dazu verführen lassen, den Worten des lonely planet-Führers Australien zu vertrauen. Das Ergebnis: Eine geschlossene Höhle. Niemand mehr da. Wir waren allein auf dem Parkplatz. Im Führer stand nämlich, daß die letzte Führung um 16 Uhr sei. Wir waren 10 vor 4 da und da war schon nichts mehr los. Am nächsten Tag erfuhren wir, warum. Den ganzen Tag hatte niemand die Höhle besucht und die Führerin, zugleich mit ihrem Mann auch Mitpächterin der Höhle, ganz umsonst dagesessen. Und in den neueren Führern heißt es, die letzte Führung sei um 15.30 Uhr. Als da niemand dagewesen war, sei sie auf und davon nach Hause. Verständlich. So hatten wir Gelegenheit, noch ein kleines Extra zu besuchen, den Leven Canyon, der einige Kilometer entfernt ist, aber den weiten Weg, wegen der großartigen Aussicht, trotzdem gelohnt hat.

 

Bloß hätte man da noch mehr Zeit brauchen können, und die hatten wir nicht, weil wir am nächsten Morgen doch in die Schauhöhle wollten.

Die Höhle ist eine Wasserhöhle mit rund 1,5 km Länge. Als Schauhöhlenbesucher sieht man ungefähr 300 m davon. "DISCOVER THE MAGIC" heißt das Motto, mit dem die Pächter der Höhle werben. Nun, Magisches haben wir nicht in der Höhle gefunden, aber ganz handfeste Sachen, die den Besuch wirklich lohnen und die sehr persönliche detailreiche Führung hatte ihren besonderen Reiz. Die vielen Tropfsteine, die zu sehen sind, zu beschreiben, das spar ich mir. Die sieht man besser auf den Bildern.

Besonders erwähnenswert ist das Tierleben in der Höhle. Schon am Eingang ist die Hausspinne, die richtig schon einen Kosenamen von der Führerin hat, die aber leider gerade nicht da war, als wir sie sehen wollten. Bei den Höhlenspinnen gehts ja richtig kannibalistisch zu, erfuhren wir. So ein Wurf neuer Spinnen umfaßt schon mal 1000 neuer Spinnen und der wenn der Papa mal Hunger hat, dann müßte schon mal der Nachwuchs ein wenig dran glauben. Umgekehrt wird auch der Spinnenvater schon mal verzehrt, wenn er zu nichts anderem mehr nütze ist, als eine Nahrungsquelle zu sein.
Im Bachbett der Höhle leben Platybuse, die Schnabeltiere, nach denen man zwar überall Ausschau hält, die halt aber gar so scheu sind. Sie ziehen im Höhlenlehm in kleinen Kuhlen ihre Jungen groß. Natürlich gibts auch Glühwürmchen, die man aus unmittelbarer Nähe sehen kann. Auch Hummer kriechen im Wasser der Höhle herum, die eine erstaunliche Größe erreichen können. Eher ungewollt landen manchmal auch Giftschlangen in der Höhle. Sie folgen Besuchern der Höhle bis zu der steilen Betontreppe und fallen dann wohl herein. Wenn sich so ein Vieh gerade wieder zeigt, ruft die Führerin den Wildlifeservice an, damit die die "lieben" Tierchen wieder herausholen und wieder an der Erdoberfläche herauslassen. Sie mag auch keine Giftschlangen anlangen!

Blick vom Parkplatz bei der Höhle
auf die Eingangsregion

Das Führerhäuschen am Eingang
der Höhle in einer Doline

Kunst beim Höhleneingang
Blick in die Umgebung
vom Höhleneingang aus

Das Auto als Werbemedium
Die Dolinenreihe über der Höhle
- beweidet mit 2 Ziegen
Die Platybusnische

 

Spinnennetz

Höhlenhummerschere
Portait des Entdeckers, Mr Gunn

Am Schluß bekamen wir von ihr noch eine Publikation über die Höhlen von Gunns Plains zu sehen. 150 durchnummerierte Exemplare gibt es davon nur. Offenbar will man keine weitere Verbreitung. Auf den ersten Blick sieht die Gegend nicht nach einen ansehnlichen Höhlengebiet aus, aber das täuscht offenbar. Die Zahl der bekannten Höhlen nähert sich 200, und einige sind mehr als 1 km lang und haben außergewöhnlich schönen Tropfsteinschmuck.

Im Mole Creek Gebiet, weiter südwestlich Richtung Deloraine gelegen, liegen zwei weitere Schauhöhlen. Wegen der großen Bedeutung der Höhlen ist es heute ein Nationalpark. Es ist nur 22 auf 8 km groß und enthält rund 400 bekannte Höhlen. Spitzenreiterin in Bezug auf Schönheit und Größe ist die Kubla Khan-Höhle, deren Besuch äußerster Restriktion unterliegt. Nur wenige Besucher dürfen pro Jahr hinein.

 

Das ist nicht so bei der King Salomon Cave und der Marakoopa Cave. Sie sind alle gut beschildert und leicht zu finden. Die King Salomon Cave liegt in einer mit dem typischen Urwald bewachsenen Doline. Ein Führerhaus mit einer großen Dachfläche rundum liegt davor. Wozu? Man will die Besucher nicht im Regen stehen lassen, wenn sie mal wieder auf eine Führung warten müssen. Und regnen muß es da, und zwar nicht wenig. "Rain, rain, and more rain" heißt es in einer Beschreibung der Wettersituation für Höhlenforscher auf Tasmanien.
Die Höhle ist seit ungefähr 100 Jahren bekannt und wird seit langem als Schauhöhle betrieben. Dafür ist sie in einem erstaunlich gutem Zustand. Prachtvollste Sinterröhrchengalerien, farbigste Tropfsteine, Sinterbecken, Excentriques, alles da. Auch ein seltsames Eisengebilde steht in einer Ecke - ein alter Gasbehälter aus Zeiten, als noch mit Gasbeleuchtung geführt worden ist. Ein echtes Schatzkästlein. Und das Fotographieren ist auch kein Thema - ganz einfach erlaubt.


Verschlossene Höhle auf dem
Weg zum Höhleneingang
Kunst auf dem Weg in die Höhle

Am Karstwanderweg um die Höhle - Baumhöhlen
 
Der Höhleneingang in die King Salomon Cave
Der alte Gasbehälter
 

Die Marakoopa Cave wird in größerem Stil als Schauhöhle gefahren. Mehrere Gebäude hat man dort errichtet für die Kasse, die Verwaltung und das Personal. Hat man die Tickets im Kassenhäuschen erworben, dann kann man entweder dem höchst lohnenden Fußweg entlang des Baches, an dem es vor Farnbäumen geradezu wuchert folgen, oder man fährt mit dem Auto hinauf zum etwas näher am Höhleneingang liegenden Parkplatz. Vor der Höhle wieder ein Häuschen mit großem Regendach. Ein Bach entströmt dem Portal. Ein paar Meter weiter blockiert eine massive Steinmauer den Weiterweg. Die Führerin hat natürlich den Schlüssel und läßt die Ticketinhaber hinein. Es gibt es Gruppen: Die einen machen nur die kleine Tour, die durch den Eingangsteil und einen fossilien Horizontalteil zu einem zweiten Bachlauf im Berg führt. Die anderen steigen hoch hinauf in der Höhle auf einer größeren Tour in weite tropfsteingeschmückte Hallen. Alle Gruppen bekommen den Glühwürmchenteil, der noch in Eingangsnähe liegt, mit. Die Höhle hat sich an der Kontaktzone von Dolerit, einem Gestein, das nicht verkarstungsfähig ist, und dem Kalk gebildet. Die hohe Niederschlagsmenge und die Pflanzenbedeckung des Karstes bieten ideale Bedingungen für intensivste Höhlenbildung. Das ist auch hier leicht zu sehen. Im Glühwürmchenteil herrscht nur bedämpfte Beleuchtung, um diese Leuchttierchen nicht zu sehr zu stören. Am besten bekommt man sie mit, wenn das Licht gelöscht wird. Dann kann man schnell den Eindruck gewinnen, daß man nicht in einer Höhle steht, sondern daß über einem der leuchtende australische Sternenhimmel über einem ist. Im Wasser des Höhlenbaches tummeln sich erstaunliche große Höhlenviecherl, die wir auch gezeigt bekamen. Über Tropfsteine ist schon alles geschrieben worden, es gibt genug davon. Besonders eine Stelle ist aber erwähnenswert. Mitten in dem horizontalen Tunnel steht da eine etwa 4 m hohe weiße Tropfsteinsäule. Um sie zu schützen hat man ein raffiniertes Plexiglasgebildet herumgestaltet, was diesen Zweck ganz gut erfüllt.


Man steht praktisch vor der Höhle und
sieht sie noch nicht - so dicht ist der Bewuchs

Das Eingangportal

Eine Versteinerung in der Höhlendecke
 
   

Bei einem Gespräch mit dem Nationalparkranger erfuhren wir von der Wet Cave, die eine der wenigen frei zugänglichen "Wilden Höhlen" im Mole Creek Gebiet ist. Mitten im Ort steht eine große Ortstafel, wo alles verzeichnet ist, was an Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten dort vorhanden ist und auch dort ist ein Hinweis drauf. Man muß nur einmal nach rechts abbiegen und mit Selbstvertrauen immer der Straße folgen. Irgendwann kommt man schon zu einer "intersection", so heißt in Australien eine Stelle, wo eine Straße t-förmig auf eine andere trifft und man nur links oder rechts abbiegend weiterkommt. Da steht dann auch eine schönes Straßenschild "Wet Cave Rd" und das bringt einen direkt vor die Höhleneingänge. Wir waren nicht alleine im August 2006. Es war schon eine Gruppe Schüler mit mehreren Bussen unterwegs, auf deren Lehrplan heute wohl "Höhlenbefahrung" stand. Denen wurde gleich richtig das Höhlen-ABC beigebracht, weil sie neben der üblichen Ausrüstung noch mit Abseilachtern versehen wurden. Die kamen dann beim Abstieg am Seil in einen etwa 20 m tiefen Höhlenschacht zum Einsatz, den die alle mutig bewältigen, immerhin zusätzlich von oben gesichert. Sie stiegen nicht wieder nach oben, sondern seitlich war ein horizontaler Gang, der ein einfaches Hinauskommen aus der Höhle ermöglicht.
Die Wet Cave war genau das richtige für uns. Einmal nicht belehrt und betütelt zu werden, sondern einfach das Anschauen und Tun, wozu man gerade Lust hat. Kaputtmachen kann man hier ohnehin nichts. Ein Bach, manchmal wohl auch Fluß, verschwindet in einem Felsloch und durchquert den Berg. Ein großer Tunnel mit vielen Tagöffnungen tat sich vor uns auf. Irgendwo verschwindet das Wasser in einem Loch, ab da sind die Gänge trocken, aber wenn Hochwasser ist, dann fließt das Wasser wohl über und setzt weitere Höhlenteile unter Wasser. Nach allen Richtungen ging es, ein richtiges Labyrinth.

 

 

Literatur:

Blanden, Stephen Caves of Gunns Plains, Gunns Plains 2004

Links:

 


[ Index ] [ Englisch version ] [ Höhlen und Höhlengebiete ] [ Kunst ]
[ HöRePsy ] [ Höhlenschutz ] [ VHM ] [ Veranstaltungen ] [ Links ]