Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Naturbrücken und Höhlen an der Great Ocean Road, Victoria


"The ocean with its vastness, its blue green,
Its ships, its rocks, its caves, its hopes, its fears, -
its voice mysterious, ..."

John Keats - To my Brother George


Mit "Great Ocean Road" wird ein 250 km langes Straßenstück im Bundesstaat Victoria bezeichnet. Es verläuft entlang der australischen Südküste zwischen Geelong und Warnambool. Ihr Bau galt als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für heimgekehrten Soldaten aus dem 1. Weltkrieg und entstand zwischen 1919 und 1932. Damit wurde eine Landverbindung zwischen verschiedenen Küstenorten geschaffen, die vorher nur mit dem Schiff zugänglich waren. Das Kernstück der Straße befindet sich im Port-Campbell-Nationalpark zwischen Princetown und Peterborough, wo die Straße der zerklüfteten Steilküste folgt und die absoluten Natur-Highlights dicht gedrängt beiander liegen.

Das Kalkgestein der Küste wurde von 10 bis 20 Millionen Jahren am damaligen Meeresboden abgelagert. Als sich das Meer zurückzog, begann sofort der Erosionsprozeß, der noch heute weitergeht. Die Gezeiten und Wellen des Souther Oceans arbeiten andauernd an der bis zu 70 m hohen Steilküste. So entstanden tiefe Schluchten, Felsnadeln, Inseln und Inselchen, Naturbrücken und Brandungshöhlen. Besonders augenfällig waren die Veränderungsprozesse an dem berühmten London Arch. Binnen Sekunden brach da ein Teil der doppelten Naturbrücke ein und zwei Touristen war auf einmal am 15. Januar 1990 vom Rückweg an die Hauptküste abgeschnitten und mußten mittels Hubschrauber aus ihrem unfreiwilligen "Inselgefängnis" geholt werden. Danach hieß die übrig gebliebene Felsformation nur noch "London Arch" und nicht mehr "London Bridge"!

Die berühmteste Felsformation sind die "Twelve Apostels", die heute nur noch aus 8 hervorragenden Steingebilden bestehen, die bis zu 45 m in die Höhe ragen. Bei dem großen Ansturm an Touristen ist es wichtig, daß der Besuch einigermaßen geordnet vonstatten geht, damit nicht alles niedergetrampelt wird und dauernd Unfälle passieren. Das ist in sehr guter Weise gelungen - und das Ganze ist auch noch kostenlos! Nirgends steht einer und nimmt einem seine Dollars ab! Hoffentlich bleiben die Australier bei dieser Vorgehensweise!

Höhlenkundlich am spannendsten ist das Gebiet am die Loch Ard Gorge. Man kann an einer Stelle ausnahmsweise auf Treppen hinab bis auf Meeresniveau mit einem feinen Sandstrand. Zwei Schluchten sind hier ausgebildet und am Ende von beiden sind Höhlen. Über die Eingänge hängen wuchtige Stalaktiten, die das Ergebnis der Ausscheidung von Kalk aus dem herunterlaufenden Wasser sind. In beiden Höhlen sind Zäune am Eingang angebracht, die neugierige Touristen draußen halten sollen. Für den Massenbesuch wären diese Objekte sicherlich nicht geeignet.
Eine romantisch-traurige Geschichte rankt sich um die Höhlen. Sie spielte sich am 1. Juni 1878 dort ab. Die Loch Ard, ein Schiff, das eine Menge Waren für Melbourne geladen hatte, wie Strohhüte, Klaviere, Uhren, Kerzen, Tonröhren usw., und eine Crew von 37 Mann hatte, hatte auch 17 Passagiere an Bord. Kurz vor dem Ende der Reise geriet das Schiff in eine Nebelbank und der Kapitän des Schiffs, Gibbs, erkannte zu spät, daß man zu nah an der Küste war. Alle Manöver schlugen fehl, um das Schiff wieder aufs sichere Meer hinauszubringen. Vor dem Mutton Bird Island lief es auf ein Riff auf, die Wellen zerbrachen große Teile des Schiffs, die Masten brachen, es dauerte bis ein Rettungsboot aktiviert werden konnte, das aber gleich umschlug und mit dem Kiel nach oben auf dem Wasser trieb. Tom Pearce, der Rettungsbootbetreuer, war der Einzige, dem es gelang sich am Boot festzuhalten und unter ihm Schutz zu finden. Die Flut spülte das Boot in die Loch Arch Gorge und am Ende schwamm er an Land. Dort bot die Höhle Schutz vor den Naturgewalten. Eva Carmichael war die zweite Person, die die Katastrophe überlebte. Sie war von einer großen Welle von Bord gespült worden und trieb auf einem Holzstück 5 Stunden auf dem Wasser, eh sie von der Strömung auch in die wassergefüllte Schlucht getrieben wurde. Ihre Hilfeschreie wurden von Pearce gehört, der sich wieder ins Wasser stürzte, zu ihr schwamm und sie herausholen konnte. An Land brachte er die bewußtlose Frau zu den Höhle. Mit einer Flasche Brandy, die in einer Kiste an den Strand gespült worden war, versuchte er sie wieder aufzuwecken. Er ließ die Frau in der Höhle zurück und versuchte nun, aus der Schlucht herauszukommen, was schließlich auch gelang. Er fand Hufspuren und stieß schließlich auf zwei Leute von der Glenample Station, denen er von dem Umglück erzählte. Die eilten weiter und holten Hilfe, während Pearce wieder in die Höhle zurückeilte, um sich um Carmichael zu kümmern. Hilfe kam dann tatsächlich und beide waren gerettet. Carmichael blieb 6 Wochen auf der Farm, um sich zu erholen. Schließlich fuhr sie zurück nach Irland. Pearce galt fortan als Held, wurde von der Royal Humane Society of Victoria mit einer Goldmedallie ausgezeichnet und bekam von der Regierung Victoria einen Scheck in ansehnlicher Höhe. Viele nahmen großen Anteil an den Vorkommnissen, waren aber am Ende sehr enttäuscht, daß die Beiden nicht für immer vereint ihr Leben führen wollten, sondern wieder getrennte Wege gingen.

Vom gleichen Parkplatz aus ist auch die Thunder Cave erreichbar, das spektakulärste speläologische Objekt dieses Küstenabschnitts. Die Wellen haben einen Tunnel von etwa 100 m Länge geschaffen, der in einen überhängenden Felskessel mündet. Bei entsprechendem Wellengang dröhnt es richtig laut daraus empor. An verschiedenen Stellen sind Aussichtsplattformen, um einen optimalen Blick auf die Szenerie zu ermöglichen ohne in Gefahr zu geraten.

An zwei weiteren Stellen entlang der Küste sind noch zwei Felsbögen für den Tourismus erschlossen, die sich auf Holzstegen sicher erreichen lassen und atemberaubende Blicke auf die noch existierenden Naturbrücken zulassen. Wenn man genau hinschaut, dann sieht man immer wieder sich vom massiven Felsen ablösende kleine Brocken, die bei Gelegenheit mit Hilfe der Schwerkraft herunterkrachen werden.

Es gibt sicherlich noch mehr Brandsungshöhlen in diesem Gebiet, aber dazu bräuchte man schon ein Boot, um der Küste entlangfahren zu können, um sie zu erreichen.

Bay of Islands

   

The grotto

 

The Arch

 

London Arch

Loch Ard Gorge

Twelve Apostels

Literatur:

Grimm, Willi, Ellis, Ross Entlang der australischen Küste, Stalactite 1-1984, S. 4ff.

Links:


[ Index ] [ Englisch version ] [ Höhlen und Höhlengebiete ] [ Kunst ]
[ HöRePsy ] [ Höhlenschutz ] [ VHM ] [ Veranstaltungen ] [ Links ]