Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Dem gedruckten/geschriebenen Wort glauben?
Hier ist die Diskrepanz schnell sichtbar: Ein Berggipfel mit der Bezeichnung
"Kluterhöhle (Westphalie)" aus: Adolphe Badin, Grottes & Cavernes
1876
"Und daher haben wir die Geschichte erfahren, die doch erlogen sein könnte, wenn sie auch gedruckt ist." H.C.Andersen, Der Wettspringer
Soll man dem, was da alles geschrieben und gedruckt wird, glauben? Eine gesunde Skepsis immer angebracht, auch den eigenen Werken gegenüber. Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, daß man "aus falsche Gleis" gerät.
Es lohnt sich, ein paar dieser Fehlleistungen nachzugehen, auch in der höhlenkundlichen Literatur und der, die sich mit dem Thema "Höhle" beschäftigt.
Gründe für die Fehlleistungen:
- oberflächliches Arbeiten
- fehlende Sachkenntnis
- Schreibfehler
- ....absichtliches Fehlleiten......
Ein paar Beispiele dazu:
Quelle: | Text | Kommentar | ||
Römerreste und Bauernbrot - In der Gegend um Schöngeising lässt sich Geschichte erfahren, VAF, Süddeutsche Zeitung Nr. 191, 19. August 2016, Landkreis Fürstenfeldbruck, R8 | "Wer auf den Spuren der Römer wandelnd noch Lust auf einen Abstecher in einen anderen Teil lokaler Geschichte hat, kann zwischen Schöngeising und Grafrath die Sunderburg besichtigen: Wo sind in der Bronzezeit eine Höhlensiedlung befand, wurde im Mittelalter eine Turmhügelburg errichtet. Während von den Mauern heute nichts übrig ist, lassen die Anhäufungen und Senkungen im Waldboden noch ein wenig von dieser Vergangenheit erahnen." | Der Fehler besteht in einem einzigen Buchstaben, dem
"l" in Höhlensiedlung. Es handelt sich nämlich um eine
"Höhensiedlung", da war nie etwas unter der Erde angelegt. Auch
im WIKIPEDIA-Beitrag steht: Höhensiedlung!
siehe: http://www.kraftvolle-orte.de/uebersicht-der-kraftvollen-orte/burgen/sunderburg/ |
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Zwischen Neckar und Donau -
DuMont Kunst-Reiseführer W. Dettelbacher, Schauberg 1976 |
"Vier größere begehbare Höhlen liegen zwischen Prunn und Kelheim, so die Kastlhänghöhle zwischen Prunn und Essing, die Klausenhöhle gegenüber Essing, die Fischleitenhöhle bei Mühlbach und die bekannteste, das Schulerloch bei Oberau oberhalb Kehlheim." S. 182 | Um diesen Fehler zu bemerken, muß man sich auskennen. Die
Fischleitenhöhle bei Mühlbach liegt nicht zwischen Prunn und Kehlheim,
sondern viel weiter altmühlaufwärts zwischen Dietfurt und Riedenburg,
bzw. etwas genauer, zwischen Mühlbach und Meihern. http://www.uf.uni-erlangen.de/wp-content/uploads/hattermann.pdf |
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Dr. Friedrich Oedl, Die Höhlen der Ostalpen, in: Die Höhle in Sport Wissenschaft und Kunst, Verlag Der Alpenfreund, München 1922 | "Der zwar ebenfalls aus Triaskalken bestehende Hohe Göll ist auffallend höhlenarm. Es sind nur bekannt: die Durchgangshöhle am Wege zur Purtschellerhaus....die Malerwinkelhöhle am Malerwinkel des Königssees, die Lindwurmhöhle un ddie Abwärtsgrabenhöhle am Gotzenblock und in nächsten Nähe davon die Frauenhöhle."... Mit dem Göll durch das Torennerjoch verbunden, erstreckt sich nach Süden das schwer zugängliche, wildzerklüftete Plateau des Hagengebirges, von dem bisher keine Höhlen bekannt geworden sind..." S. 22 | Wer das Gebiet kennt, der sieht sofort, daß Oedl leider keine Ahnung davon gehabt hat. Da sind sicherlich alte Unterlagen durcheinander gekommen und an persönlichen Kenntnissen war nichts da. Alles ab der "Malerwinkelhöhle" gehört zum Hagengebirge! Schon damals waren da einige Höhlen bekannt! | ||
Dr. Friedrich Oedl, Die Höhlen der Ostalpen, in: Die Höhle in Sport Wissenschaft und Kunst, Verlag Der Alpenfreund, München 1922 | "Hagengebirge...Salzach abwärts ist die Bruneckerhöhle mit verzweigten Gangsystemen zu nennen." S. 22 | Da von der Bruneckerhöhle im Absatz über die Höhlen des Hagengebirges die Rede ist, ist sie diesem zugeordnet. Sie befindet sich allerdings im Gebirgsstock gegenüber, dem Tennengebirge! | ||
mir unbekannter Autor, Die Höhle, München 1922 | "Odelsteinhöhle bei Johnsbach...Für den Mineralogen mögen die Eisblüten von besonderem Interesse sein, die sich in der Schatzkammer in zierlich verästelten Gruppen bis zu 50 cm Durchmesser vorfinden." | Es fehlen nur 2 Buchstaben: Nicht "Eisblüten", sondern "Eisenblüten"!. | ||
Reithmaier, Sabine | Wendelsteinhöhle "Die Höhle liegt 1711 Meter über heutigem Flussniveau. Irgendwann vor 60 Millionen Jahren muss es hier - so haben Geologen herausgefunden - einen Fluss gegeben haben, der die Karsthöhle formte, existierte hier ein Tal, das 1200 Meter über dem jetzigen Inntal liegt." Zauber der Zeitlosigkeit, Süddeutsche Zeitung Nr. 126, 5. Juni 2015 R5 |
Wer findet den Haken? "Über dem heutigen Flussniveau"....Das Inntal ist in 1200 m Höhe, die Angaben von Berghöhen werden auf den Meeresspiegel bezogen. Das tauchen die 500 m Differenz wieder auf! | ||
https://www.l-net.de//b.mayer/gwunder.html | Die Georg Wunder Höhle wurde 1722 vom damaligen Höhleninspektor Georg Wunder entdeckt und ist heute nach ihm benannt. Ihr Eingang liegt auf ca... | Johann Georg Wunder wurde 1725 geboren...Er hatte sich eine eingehende Kenntnis der Naturerscheinungen im "Gebirg", einschließlich mancher Felsenlöcher erworben, unter anderem entdeckte er 1772 die nach ihm benannte Wundershöhle (C8)..." Illmann, Rosenmüllershöhle 133 | ||
Neischl, Adalbert, Die Höhlen der fränkischen Schweiz und ihre Bedeutung für die Entstehung der dortigen Täler, Erlangen 1903 | Der jetzige künstlich geschaffene Eingang besteht erst seit 1830, bis dahin mussten die Besucher mittels dieser Leiter von einer Gesteinsspalte aus in die Höhle hinabsteigen. | "Die Aufklärung findet sich in den Archivalien: hier wird die Anlage des unteren Einganges eindeutig für 1836 nachgewiesen.....irgendwann später muß jemand sich bei der vielleicht undeutlich geschriebenen Zahl verlesesn und daraus 1830 gemacht haben..." Illmann, Rosenmüllershöhle 135 | ||
Geyer, Ernest, Seebacher, Robert, Tenreiter, Clemns, Knobloch, Gerald, Totes Gebirge, in: Spötl et al, Österreich 2016, S. 613 | Im Jahre 1978 entdeckten Mitglieder der Forschungsgruppe Höhle und Karst (FHKF) die Schneekegelhöhle und vermaßen sie auf 810 m Länge. | Scheinbar makellos - und doch unvollständig und
deshalb falsch. Es waren nicht nur die "Nürnberger" dabei,
sondern auch die "Münchner" vom Verein für Höhlenkunde in
München. Wir haben die Höhle gemeinsam gefunden, insbesondere weil ich
den Weg zur Almberghöhle nicht gekannt habe. So kam ich auf die Idee von
oben her zur Höhle herabzusteigen, was aber vollkommen daneben war - wie
wir heute wissen, aber damals mit der Entdeckung einer ganz neuen Höhle
belohnt wurde. ../hoehlen/A/sm/totes/almberg/schnee/schnee.htm Siehe auch: Münchner Höhlengeschichte, S. 159 |
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Schubert, Pit, Sicherheit und Risiko in Fels und Eis, Band 2 "Dolinen - eine heimtückische Gefahr" | "Eine Doline (veraltet Karsttrichter) ist eine unterirdische Höhle, deren Decke teilweise oder ganz eingebrochen ist." Schubert, Dolinen 31 | WIKIPEDIA: Als Doline, Sinkhöhle oder
Karsttrichter bezeichnet man eine schlot-, trichter- oder schüsselförmige
Senke von meist rundem oder elliptischem Grundriss in Karstgebieten. Ihr
Durchmesser schwankt meist zwischen 2 und 200 Metern, kann aber auch mehr
als einen Kilometer betragen. Was hier in Wirklicheit gemeint war, das ist "Schacht". Außerdem: Wer hat jemals das Gegenteil einer "unterirdischen Höhle" gesehen? Das ist wie ein "Weißer SchimKmel". Schimmel sind weiße Pferde. Und eine Höhle ist unter der Erdoberfläche. Das kann nicht gedoppelt werden. |
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http://www.weber-rudolf.de/steinamwasser.htm | * Anm.: das lateinische Wort diluvium bedeutet eigentlich Überschwemmung. Diluvium ist der veraltete Name für Eiszeit, heute Pleistozän genannt. Mit Fauna wird die Tierwelt bezeichnet.) | Zur Lektüre empfohlen:
"...Englische Geologen, allen voran William Buckland, hatten mehr als genug Spuren von etwas gefunden, was das Diluvium nannten, Überreste der Sintflut. Diese bestanden vor allem aus versprengten Felsbrocken, aus merkwürdigen Erdschrammen und dem vermeintlich von einer gewaltigen Überschwemmung zurückgebliebenem Gesteinsschutt. Um 1830 wurde es jedoch augenfällig, daß sich das Diluvium nicht Resultat eines einzigen, strapaziösen, 40 Tage währenden Ereignisses sein konnte. Mit der Widerlegung wesentlicher biblischer Stellen erlangte die Geologie langsam den Rang einer ernstzunehmenden Naturwissenschaft.." S. 50 |
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WIKIPEDIA:
Subterraneau fiction https://en.wikipedia.org/wiki/Sub terranean_fiction |
Literature: ..."George Sand used the idea in her 1884 novel Laura, Voyage dans le cristal, in which grotesque monsters are found in the interior of the Earth" |
Das Buch erschien schon im Januar 1864
und Jules Verne bediente sich am Plot der Geschichte, ohne Sand gefragt zu
haben, um große Teile daraus in dem Meisterwerk "Die Reise zum
Mittelpunkt der Erde" einfach wieder zu verwenden. Seine Arbeit
erschien am 25. November 1864. 1865 notiert George Sand in ihrem
Tagebuch: "Ich leses jetzt die RzMdE (sic). Bislang ähnelt das etwas
zu sehr meiner Reise duerch den Kristall." Junkerjürgen, Verne 359 Mit der falschen Jahresangabe kommt man nie auf den Gedanken, daß es da einen Zusammenhang geben könnte. |
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Mattes, Johannes (2015): Reisen ins Unterirdische | "Eindrucksvolles Beispiel für diese neue Exotisierung der Unterwelt stellte der 1846 von Jules Verne (1828-1905) erschienene Roman "Voyage au centre de la Terre" dar, welcher vom Leserpublikum begeistert aufgenommen wurde und auch nach der Höhlenmanie der Romantik in Europa eine regelrechte Faszination des Unterirdischen auslöste." | Hier liegt einer der typischen Fehler vor, die schnell gemacht werden - ein Zahlendreher. Man hätte vielleicht selber daraufkommen können, aber das war nicht der Fall. 1828 geboren, 1846 ein Meisterwerk geschrieben, da wäre Verne ein Frühstarter gewesen, denn da wäre er gerade 18 Jahre alt gewesen. Und tatsächlich hat er einen guten Anteil des Plots der Geschichte noch nicht aufgenommen gehabt, um das schon einigermaßen plagiatsmäßig in seine Story einzubauen. Gemeint ist "Laura" von George Sand, der im Januar 1964 erschien schien > siehe obige Anmerkung WIKIPEDIA. 1864 nicht 1846. | ||
Ein "Höhlenmensch" taucht wieder auf - Gespräch mit dem leidenschaftlichen Amateur-Forscher Franz Lindenmayr aus Gröbenzell, Fürstenfeldbrucker Tagblatt 12. August 1998, Nr. 184, S. 4 | "1949 in der Oberpfalz geboren, wuchs Lindenmayr in München auf." | Was stimmt hier nicht? Eigentlich unwichtig,
aber solche Kleinigkeiten führen halt dauernd zu ... was auch immer. 1948
ist richtig. 5. November. Etwas zu verbergen gibt es da nicht. |
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Kayser, Emanuel, Lehrbuch der Geologischen Formationskunde, 1911 | "Beispiele derartiger Knochenhöhlen in Deutschland sind die Gailenreuther und Muggendorfer Höhle im Fränkischen Jura, die Baumanns-, Biels- und Hermannshöhle bei Rübeland, die Dechenhöhle unweit Letmathe, die Balver und die Attendorner Höhle in Westfalen, zahlreiche Höhlen der Schwäbischen Alb (Hohlefels im Achtale u.a.) und des Juragebirges." | Wer findet den Fehler? Materialreich wird der
Begriff illustriert, nur bei "Muggendorfer Höhle" hat der Autor
daneben gegriffen. Die gibt es nicht. Im Plural macht der Ausdruck Sinn,
im Singular macht er keinen Sinn. Welche von den vielen Höhlen der
Umgebung ist gemeint? ../hoehlen/D/fralb/fs/muggen/muggen.htm |
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Dawkins, Höhlen und die Ureinwohner Europas -
die deutsche Übersetzung von "cave hunting" von 1874
|
Der Verfasser war wohl nie selber dort und hat nur aus verschiedenen Quellen etwas zusammengetragen. Die "berühmte Fingas-Höhle" liegt nicht an der Nordküste von Irland, denn sie ist identisch mit der von Staffa. | ![]() |
Ein besonderes Kapitel sind die falschen Autorenangaben bei Photos in Höhlenbüchern (und auch in anderen Bucharten). Für die Hersteller der Bücher ist es sicherlich nicht einfach bis unmöglich, immer wieder festzustellen, wer welches Bild tatsächlich gemacht hat. Da gibt immer wieder arge Fehlleistungen.
Beispiele?
1) Salzburger Höhlenbuch Band 3
S. 346-349 Bilder aus den Höhlen des Eisgrabens im Hagengebirge / Überall steht Christian Deubner als Autor drin, aber die sind alle von mir, Franz Lindenmayr! Umgekehrt werde ich als Autor von Bildern genannt, die ich nie aufgenommen habe. Da kenne sich einer noch aus!
2)
Ähnlich ist es Reinhard Kieselbach ergangen, der ein Photo der Schneevulkanhalle der Schwarzmooskogel-Eishöhle für den Karst und Höhle 2002/2003-Band zur Verfügung gestellt hatte. Ausgerechnet auf der Titelseite steht es. "Foto Oktar Guloglu", was nicht stimmt, weil es von Reinhard ist. Auf seine Intervention hin wurde ihm gesagt: "Nimm es doch sportlich." Keine gute Reaktion.
Ein wenig in diese Richtung weist, wenn man den Photographen eines Bildes kennt, ihn aber nicht nennt. Auch dafür gibt es leider genug Beispiele...
Literatur:
Illmann, Renate | Die Geschichte der Rosenmüllershöhle - in historischen Dokumenten, Jahresmitteilungen der NGH 2010, Nürnberg 2011, 129-146 |
Junkerjürgen, Ralf | Jules Verne, wbg Theiss, |
Mattes, Johannes | Reisen ins Unterirdische, Böhlau Verlag, Wien Köln Weimar, 2015 |
Spötl, Christoph, Plan, Lukas, Christian, Erhard | Höhlen und Karst in Österreich, Linz 2016 |
Triller, Adolf (Schriftleitung) | Münchner Höhlengeschichte, München 1982 |
Winkler, Robert | Der Schwarzmooskogel, Karst und Höhle 2002/2003, München 2004 |
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