Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Kristallhöhle Kobelwald, Sankt Galler-Rheintal, CH


"Diese im St. Galler Rheintal in der Gemeinde Oberriet gelegene Höhle ist in einem 20minütigen Spaziergang von Kobelwald aus leicht erreichbar. Wer noch weniger laufen will, der kann mit dem Auto bis zum Tanzplatz fahren und ist in wenigen Minuten am Eingang.
1682 soll sie von einem Jäger entdeckt worden sein. Der Weg in der Höhle muß ziemlich beschwerlich gewesen sein, weil man die ersten Strecken kriechen mußte. Nachdem sie bekannt war, wurde sie von der Bevölkerung auch besucht und benutzt. Wozu? Jedenfalls wird noch heute die Geschichte erzählt, daß die berühmten Kristalle früher schon aus der Höhle geholt wurden, um sie kleinzumachen und als Zusatzstoff den damaligen Reinigungsmitteln, dem Scheuersand, beizufügen. Angesichts solcher Plünderungen ist es dann doch sehr erstaunlich, was noch heute der Besucher zu sehen bekommt!
1932 wurde eine Genossenschaft gegründet, die sich die Erhaltung der Höhle zum Ziele setzte und sie so ausbaute, daß Besucher ungefährdet und unbeschwert sie besuchen konnten. Das warf wohl auch mehr ab, als den Höhleninhalt nur zu Pulver zu verarbeiten. Trotzdem scheint die Sache finanziell nicht so erfolgreich gewesen zu sein, weil in den 80er Jahren einmal die Schließung schon drohte. Nachdem die Trägerschaft auf den Verkehrsverein Kobelwald übergegangen war, wurden neue Geldmittel in die Erneuerung der Anlagen gepumpt. 1987 konnte man mit den Sanierungsmaßnahmen beginnen. Viele Strecken der Höhle waren stark angeschwärzt vom Ruß der Fackeln von früher. Man reinigte sie mit Hochdruckanlagen und hervorkamen wieder die wunderbaren Kristallpartien, die die Höhle zu einem außergewöhnlichen Kleinod machen und jeden Ausflug dorthin lohnen!" (1999 geschrieben)

Nach unserer Wiederholungstour dorthin bin ich noch immer recht angetan von dieser Höhle. Auch sie kanalisiert das Interesse der Öffentlichkeit an Höhlen. Die Menschen können sie erreichen, es gibt einen Parkplatz, Hinweisschilder, ein Kassenhäuschen. Kristalle zum Kaufen. Sie bekommen "Informationen", bekommen den Unterschied von "Stalaktiten" zu "Stalagmiten" erklärt, sehen einen schnuggeligen, kleinen, wasserdurchflossenen Hohlraum im Gebirge mit lokaler massiver Kristallauskleidung. Was will man noch mehr? Vielleicht die "Sportschau", ein "Bier", was weiß ich.... (1999 geschrieben, wenige Wochen später)

1999
 
2010
2022

Im Anschluß an die Delegiertenversammlung der SSS/SGH in Näfels fuhr ich auf dem Rückweg in Richtung München nachmittags noch kurz bei dieser Schauhöhle wieder vorbei. Auch wenn man schon mehrmals eine Höhle aufgesucht hat, es lohnt sich immer wieder. Wieder einmal war die Höhle nicht mehr so, wie früher, und ich mein Inneres Bild von der Höhle stimmte mit dem, was da zu sehen war, nur noch sehr rudimentär zusammen. 

Der Weg zur Höhle ist zwar beschildert, allerdings muß man schon genau hinschauen, wenn man nicht kleinere Umwege machen will, weil man die kleinen Schilder erst im letzten Augenblick entdeckt hat. Auf einen großen und ständigen Touristenbetrieb ist man nicht eingerichtet und durchgehend ist die Höhle ja auch nicht offen. Am besten kommt man am Wochenende, dann ist zwischen Ostersonntag und November immer von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Ansonsten muß man sich vorher anmelden.

Ein Teersträßlein führt recht kurvig hinauf, immer schmäler werdend, bis man auf einem kleinen Parkplatz ankommt. Von da aus geht es nur noch zu Fuß oder, modernerweise, auch schon mal mit dem Mountainbike, auch schon mal mit Elektroantrieb. Auf einer Informationstafel stehen 15 Minuten als Gehzeit und die brauchen viele auch sicherlich. Steil geht es bergan und bergan auf einer alten Straße mit Steinpflaster. Dann eine Abzweigung. Ein Schmuckbogen ist zu durchschreiten. Dann geht es auf Stufen wieder hinab bis zum modernen Kassenhäuschen. Schaut man rechts hinunter, dann sieht man unter einer überhängenden Felswand ein kleines Höhlenstück. Das gehört auch schon zum System, wird aber nicht geführt.

Eine sehr freundliche reife Dame begrüßte mich, verkaufte mir die 10 Franken teure Eintrittskarte und auch noch ein Sonnenbräu-Bier. Bier ist immer gut, wenn man durstig ist und ich hatte ja noch 30 Minuten bis zur nächsten Führung zu warten. 2 Familien mit Kindern kamen noch dazu, so daß unsere kleine Gruppe abmarschfertig war. 2 junge, noch ein wenig schüchterne Mädchen führten uns kundig und geduldig durch das auf rund 200 m Länge für Besucher erschlossene Kristallreich. Wer wollte, konnte sich einen Plastikhelm aufsetzen und war so gegen die harten Kopfstöße abgesichert, die man sich bei den öfteres niedrigen Höhlengängen leicht holen konnte. 
Die Höhle ist wirklich professionell erschlossen und ausgezeichnet ausgeleuchtet. In die Wasserbecken hat man Unterwasserstrahler eingetaucht, so daß höchst reizvolle Farb- und Formenspiele zum Vorschein kommen. Die grauen Kristallmassen in den Gängen sind nur schwer reizvoll optisch zu erschließen. Man nicht hinter jeden Stein ein Licht setzen, um ihn zu durchleuchten. Abwechslungsreich geht es durch die meist schmalen und niedrigen gewundenen Gänglein, die immer höher führen. Dann versperrt ein Gitter den Weiterweg und die meisten drehen wohl gerne wieder um, weil sie genug gesehen haben.

Eine kleine Besonderheit am Weg: ein Whiskyfass mit der Aufschrift SWISSLANDER. 2029 soll der hineingebrachte Whisky geöffnet werden und weist dann, hoffentlich, einen besonderen Geschmack auf, nachdem man ihn so viele Jahre in der Höhlenatmosphäre hat reifen lassen.


Literatur:

Bächler, H. In der Kristallhöhle, St. Galler Jahresmappe
Beutler, Peter Kristallhöhle, Emons Verlag GmbH, 2014
Birkhäuser Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, S. 81, Band 117, 1936
Hohl, Margit Kristallhöhle Tauchvorstoß 19. Juni 2004, AGS-Info 1/04, S. 38ff.
Kürsteiner, Peter, Hans Stünzi, Marco Filipponi, Verkehrsverein Kobelwald Kristallhöhle Kobelwald, 2004, 120 Seiten, viele Farbfotos und Grafiken, grosser ausklappbarer    Höhlenplan

 

Links:

http://www.oberriet.ch/og-montlingen/OGM2/OGM2_Kristallhoehle.htm

Kristallhöhle

https://www.sonnenbraeu.ch/kristallhoehle/

Den Alpenrhein hinauf


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