Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Höhlen bei Vallorbe, VD, Schweiz


"Mitten im Schweizer Jura, umgeben von sattem Grün, schmiegt sich Vallorbe an die Ufer der Orbe. Am Fusse der Felswände von Mont d'Or und Dent de Vaulion, nur 20 Min. von Yverdon-les-Bains, lädt das Städtchen Sie ein, sein reiches kulturelles Erbe und seine Naturwunder zu entdecken."

Mit solchen Flötentönen wird für diesen Ort im Internet heute geworben. Die Orbe entspringt am Ortsrand als starke Karstquelle. Die Wasser aus dem Lac de Joux und dem Lac de Brenet treten hier wieder zu Tage (Entfernung 2,6 km, Höhenunterschied 228 m), aber auch noch viel Wasser aus anderen Regionen.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts konnte durch Färbungen gezeigt werden, daß es zwischen den großer Versickerungsstellen oben auf der Hochfläche und der Quelle einen Zusammenhang gab. Der erste Tauchversuch in der Quelle liegt schon sehr lange zurück. 1893 versuchte es der Taucher Pfund und versuchte noch mit Helmtauchgerät und Luftversorgung durch einen Schlauch von der Oberfläche her, in den Berg einzudringen. Er erreichte immerhin 11 m Tauchtiefe und fand einen großen bergwärts führenden Gang. 1961 begannen wieder Taucher damit, in ihr voranzukommen, was auch gelang. Die dahinter liegende Quellhöhle war noch vollkommen unberührt und blieb es auch. Ein Erschließungsprojekt kam in Gang und 1974 wurde sie für die Öffentlichkeit geöffnet. Ein 80 m langer weiter Tunnel macht heute den einfachen Zugang möglich.

Der Reiz der Höhle liegt in einer Mixtur aus feinen, noch weitestgehend unbeschädigten Sinterformen und den Wassertunnels, durch die wild die Orbe tobt. Das Wasser ist raffiniert durch Unterwasserscheinwerfer angestrahlt, so daß es eine magische Lichtqualität gibt. Es ist nur ein kleiner Teil der ganzen Höhle natürlich erschlossen, was man auch als Besucher mitbekommt. Der Umkehrpunkt ist beispielsweise am Beginn eines riesigen Tunnels, der ewig in die Ferne nach hinten zu ziehen scheint.

In unseren übersättigten Zeit genügt es offenbar nicht mehr, sich einfach an der Schönheit und Dramatik der Natur zu freuen. Es muß schon noch mehr sein! So auch hier. Bevor der Besucher die Höhle verläßt, wird er nach rechts umgeleitet in künstlich geschaffene unterirdische Kammern, die durch Türen nach außen abgedichtet sind und die richtig geheizt werden. Man kommt in oben spitz zulaufende Räume, die ein Feenreich zeigen sollen, in dem es lebensgroße Puppen Feen darstellen sollen, in Vitrinen werden alle möglichen Mineralien gezeigt, aber dann sind da auch noch Höhlentaucher ausgestellt. Mir hat es nicht gefallen.

Ein Stückchen Aberglauben:
in einen Strudeltopf geworfene Geldstückchen
- sollen wohl Glück bringen
 
 

Dies ist nicht die einzige Höhle in der Umgebung von Vallorbe. Kurz vor der Schauhhöhle stehen Wegweiser, die die Besucher auf ein zweites Objekt aufmerksam machen, das schon vor 100 Jahren und mehr wohl in der Gegend sehr bekannt gewesen ist: die Grotte des Fées. Sie ist ganz leicht zu finden, weil ein viel begangener Waldweg und später ein mit vielen Stufen versehender steil ansteigender Steig zum großen Eingang führt. Daß da was los sein muß, sieht der Kenner sofort an dem großen Trockenbachbett, das bis an die Steilwand führt und dort abbricht. Nur noch selten ergießt sich dann aus einem Mundloch in der Wand ein Bach und füllt das meist trockene Bett. Etwas genauer hingeschaut, bemerkt man, daß es zwei Höhlen sind, zumindest dem Eingang nach, die "Grande Grotte" und die "Petite Grotte", die tief im Berg fast miteinander verbunden sind. Sie kommen sich bis auf 5 m Höhenunterschied nahe und es ist am Ende leichter Luftzug spürbar, der jeweils wohl aus der anderen Höhle kommt.

Am Eingang in 860 m Meereshöhe ist gleich eine Informationstafel mit Höhlenplan, daß man nicht gleich bestens einstimmen kann. Eine Taschenlampe genügt, wenn man nicht in die allerletzten kleinen Löcher am Ende des Höhle auch noch kriechen will. Meistens ist so viel Platz, daß man sich aufrecht bewegen kann und es ist auch breit genug, daß nirgends eine Engegefühl aufzutreten braucht. Man schreitet durch dunkle felsige Räume, ganz wenig Sinter ist da, unberührter gar nicht. Der ist längst mitgenommen worden. An allen Wänden gibt es Inschriften mit Jahreszahlen. Die reichen ganz schön weit zurück. Das Schöne dran ist, daß hier eine immerhin 134 m lange Höhle einfach zugänglich ist und einem keiner vorschreibt, was man gerade tun sollte oder zu lassen hätte, z.B. nicht zu fotographieren. Besonders wegen ihrer Höhlentierfauna ist diese Höhle erforscht worden.

Die Grande Grotte ist allermeistens trocken, aber es hat zwei Zeiten im vergangenen Jahrhundert gegeben, da floß hier ein starker Bach durch. Einmal zu Beginn des Jahrhunderts und dann 1950, wo ein 1 m tiefer Bach daherkam, immer nach extremen Regenfällen. Nach den Wetterveränderunge heutzutage, die ja manchmal schon Monsunqualitäten annehmen bei uns, könnte das ja bald wieder der Fall sein!

In einer im Internet veröffentlichten Liste der längsten und tiefsten Höhlen des Waadländer Juras werden für die folgenden Daten mit Datum 1.3.2006 angegeben:

Grottes aux Fees de Vallorbe: Länge 8210 m, Höhendifferenz 133m

Grotte de l'Orbe souterraine: Länge 6 km, Höhendifferenz 116 m.

 

 

Literatur:

Bernasconi-Schwartz, Christine und Reno, Högl, Lukas, Perret, Danielle, Santschi, Catherine La grotte dans l'art suisse du XVII^au XX siècle, Ausstellungskatalog zur Exposition organisée dans la cadre du 12e congrès international de spéléologie 10 - 17 aout 1997, La Chaux-de-Fonds
Brandt, Cyril Les sources de la reculée de La Dernier (Vallorbe VD), Stalactite (1), 21-27 (1982)
Grüninger, Werner Tödlicher Tauchunfall in der Quellhöhle der Orbe, Mitteilungen des Verbandes der deutschen Höhlen-und Karstforscher, S. 55ff.
Gallet, M. Une exploration en spéléologie subaquatique à la Source de l'Orbe à Vallorbe. Les Boueux, 2. 12-16. Genève
Dutruit, J. Grottes aux Fees de Vallorbe, Le Trou No 33, S. 4ff.
Audetat, Maurice La spéléologie dans le Jura Vaudois, Akten des 5. speläologischen Kongresses in Stuttgart 1969 Band 3 D19/1
Wildberger, Andres, Preiswerk, Christian Karst und Höhlen der Schweiz, Basel 1997
Favre, G. Les Grottes de Vallorbe, Ed. Grottes de Vallorbe SA, 24p

Links:

 


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