Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen an und in der Kampenwand


Elke Triller im Goldloch 1966


Als "wildesten und schroffsten dieser Kämme" hat Carl Wilhelm von Gümbel 1861 die Kampenwand bezeichnet. Auf beschränktestem Raume sei aus den verschiedensten Gesteinschichten ein "mannigfaltiges, wie in der Zusammensetzung höchst verwickeltes geognostisches Gemälde, dessen Grundlage ein grossartiges, kuppenförmiges Gewölbe des Wettersteinkalkes ausmacht" entstanden (S. 235). 

"Die Kampenwand ist ein 1669 m hoher Berggipfel in den Chiemgauer Alpen." Knapper läßt sich die Grundinformation nicht formulieren, stammt ja auch aus WIKIPEDIA. Der Name komme vom Aussehen des Berges, da der Gipfelgrat an den Kamm am Kopf eines Hahnes erinnere. n da

Ein Spruch, der unbedingt zitiert gehört, beschreibt die leidvolle Beziehung eines, wohl von mehreren, Menschen mit diesem Berg: I gang gern auf die Kampenwand, wenn i mit meiner Wampn kannd. Daß der Trennungsschmerz nicht zu groß ist, das hat dazu geführt, daß man eine Seilbahn von Aschau hinaufgebaut hat, die einen in 14 Minuten hinauf in die Bergwelt bringt. Von da kann man auf bequemen Steigen weiterwandern und wer mag und kann, der kann sogar den Gipfel erklimmen. Schwindelfrei sollte man schon sein und ein klein wenig klettersicher, denn an manchen Stellen würde schon ein einziger Fehltritt reichen, um einen in die ewigen Jagdgründe zu katapultieren.

Der Berg ist heute voll in das Erlebnisprogramm einbezogen. Falls wirklich einmal ein wenig Schnee noch liegt, wäre sogar Skifahren möglich. Gleitschirm- und Drachenfliegen ist auch sehr beliebt und die Mountainbiker füllen ebenfalls das Terrain. Einige Klettersteige bedienen das Bedürfnis nach Nervenkitzel.

Die Kampenwandhütte ist für die Mitglieder des Alpenvereins Sektion München-Oberland auf 1510 m Höhe im Selbstversorgermodus zugänglich. Sie liegt auf der Kammhöhe westlich unterhalb des Kampenwandgipfels. "Auf der Aussichtsterrasse, von der aus man bei guten Verhältnissen bis in die Tuxer und Zillertaler Alpen, zu den Hohen Tauern und ins Kaisergebirge blicken kann, lassen sich unvergessliche Eindrücke sammeln." Der Satz stammt von der Webseite und beschreibt gut, was man da sehen kann!


2015
Talstation der Seilbahn
Blick von der Naunspitze/Zahmer Kaiser von Süden auf das Gebiet

Gümbel schreibt schon 1861: "Aus tiefen Spalten, die sich zwischen den zersprengten Gesteinswänden aufthun, weht uns eisiger Hauch entgegen, denn die Tiefe birgt Massen von Schnee und Eis, die in verhältnismässig geringer Meereshöhe, durch den Luftzug vor der Zerstörung duech die Sommerwärme geschützt, aufgehäuft lagern." Aus diesen Worten könnte man hoffen, daß sich da irgendwelche Höhlen oder Schächte auftun, die man als Höhlenforscher erkunden könnte. Lange Zeit hindurch war die Kampenwand speläologisch vollkommen unbearbeitet. 
Es gibt lediglich eine alte Sage, die schon Sepp 1876 in seiner Sagensammlung festhält: 

Der Text spricht dafür, daß jemand in der Höhle schon früher gewesen sein muß, sonst hätte man nicht von "Untiefen" und "verschlungenen Gängen" wohl geredet. Wenn da aber jemand schon drin gewesen ist, dann heißt es den Hut zücken! Es ist nämlich nicht ohne, einen 30 m tiefen Direktschacht hinunter und wieder hinaufzukommen, insbesondere weil die Schachttechnik noch kaum entwickelt war. Hat man eine 30 m lange Holzleiter gebaut und da hineingebracht? Hat man jemand an ein Seil gebunden und ihn hinabgelassen und wieder hochgezogen? In Kraus Höhlenkunde aus dem Jahre 1894 steht einiges über den Stand der Technik damals. Den Eingang zur Höhle kann jeder schon von weitem sehen, öffnet er sich doch in der Schwarzen Wand in untersten Teil des Staffelsteins von 1.360 m Höhe. 

Erst 1966 haben sich Höhlenforscher ernsthaft mit den Höhlen dort auseinandergesetzt. In zwei Wochenendtouren haben Münchner die damals bekannten Höhlen erforscht und vermessen. Klaus Vater die ausgezeichneten Pläne davon gezeichnet. Im Goldloch gelang mir durch Wegräumen einiger Steine am Höhlenenge eine Engstelle zu öffnen und mich hindurchzuquetschen. Was wohl kommen würde? Niemand wußte das. Es kam eine zweite 9 m hohe Halle, von der ein weiterer Schacht in die Tiefe führte. Wochen später hatten wir mehr Material dabei und konnten auch dort noch hinabsteigen. Leider ging es da endgültig nicht mehr weiter. Als Gesamtlänge wurden 194 m ermittelt bei einer Tiefe von 82 m. Auffallend ist der heftige Luftzug in der Höhle und die tiefe Temperatur von gemessenen 1,8°C. 
Es dauerte viele Jahre, ehe eine neue Generation von Höhlenforschern, diesmal von den Chiemgauer Höhlenbären, die Höhle noch gründlicher untersuchten und an einigen Stellen, mit höchstem Einsatz, noch bedeutsam weiterkamen. Von einer Veröffentlichung der Forschungsergebnisse habe ich allerdings noch nirgends etwas gelesen.

Auch die Gedereralm-Höhle wurde damals erforscht und vermessen. Auch hier dringt kalte Luft aus dem Eingang. Durch die Eingänge kommt man in ein8 m hohe und 15 m lange Halle. In der tektonisch entstandenen Höhle sind seitlich noch einige Kammern und Spalten, Insgesamt kamen wir auf eine Länge von 72 m bei einer Vertikaldistanz von 29 m. Auch hier heißt es, daß die Höhlenbären weiter vordringen konnten, aber Schriftliches gibt darüber in der Öffentlichkeit bislang nicht.

Nordwestlich des Kampenwandwestgipfels liegt die 55 m lange Kampenwandhöhle im Wettersteinkalk. Parallel zum Bergkamm steigt die Höhle allmählich an und endet an zwei steilen Verwerfungen.

 

Goldloch
1966

< 30-m-Drahtseilleiterabstieg

 

> Dolfi beim Vermessen


Literatur:

Bedacht, Andreas Die Kampenwand ist nicht der Untersberg, DER SCHLAZ 95, November 2001, S. 27ff.
Chiemgauer Höhlenbären Festzeitschrift 20 Jahre 1986-2006, S. 14-15
Cramer, Klaus Die Höhlen- und Karsterscheinungen, Sonderdruck aus Erläuterungen zur Geologischen Karte von Bayern 1:25 000, Blatt Nr. 8240 Marquartstein 1967
Fruhwirth, C. Ueber Höhlen, Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, 1883
Gümbel, C.W. von Geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes, hrsg. v. k. bayerischen Staatsministerium der Finanzen, Gotha 1861
Lindenmayr, Franz Angst und Höhle, in: Tagungsmappe 2001, Arbeitskreis Höhle, Religion und Psyche, Gabi und Peter Hofmann (Hrsg.), Oberaudorf 2001
Lindenmayr, Franz Carl Wilhelm von Gümbel und die Höhlen in den Bay. Alpen, Teil 2: Was in der "1861-er Höhlenkarte" nicht vorkommt, aber in seinem übrigen Werk erwähnt wird", Der Schlaz 134-2022, S. 41ff.
ohne Verfasserangabe Sagenhafte Berge, alpinwelt 4/2018, S. 26
Sepp, Johann Nepomuk Altbayerischer Sagenschatz - Zur Bereicherung der indogermanischen Mythologie, 1876
Vater, Klaus Plan Gedereralm-Höhle, Der Schlaz 118-2012, S. 43

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