Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

 


Die Nähe der Engel
Auf kristallener Wiese....

Georg Trakl, Wanderschaft Abendland 1. Fassung


Wer heute auf der RN 118 in den Ostpyrenäen südlich von Carcassone im Tal der Aude fährt, der stößt überall auf große Hinweistafeln auf die Grotte de l'Aguzou und die Möglichkeit, dort eine "Speleosafari" mitzumachen. Es lohnt sich. Die Aguzou gehört in den innersten Kreis der Highlights der französischen Höhlenwelt. Wie kann mit solchen Schätzen umgehen? Man kann sie vollkommen zumachen und niemanden mehr hineinlassen. Man kann sie abschließen und ein kontrolliertes Zugangssystem schaffen, das mehr oder weniger offen ist. Oder man kontrollierte Besuche organisieren, wobei sich der "Führer" minutiös und engagiert für den Schutz der Höhle einsetzt. Diesen Weg ist man mit der Grotte de l'Aguzou gegangen. Es ist schon erstaunlich, wie gut die Höhle selbst nach den vielen Besuchen noch intakt ist. Das beginnt schon damit, daß alle Besucher nur noch mit elektrischem Licht durch die Räume gehen dürfen, die Schlaze der meisten Besucher von Führer gestellt werden und damit gewaschen sind und man nur auf einem schmalen, durchwegs mit Bändern markierten Weg durch die Höhle darf.

Der Zugang zu den inneren Teilen ist doppelt versperrt. Gleich beim Eingang, wo der alte seit Jahrhunderten bereits bekannte Teil liegt, und beim Durchbruchsloch in die neuen Teile. 1965 hatte Jean Bataillou mit seinem Sohn Daniel bei Vermessungsarbeiten in einem Seitenteil am Ende Luftzug bemerkt. Nach der Erweiterung war der weitere Weg frei. Zuerst geht es weiter horizontal in einer Spalte, die bereits hier an einer Stelle außergewöhnlich reiche Excentriquesvorkommen hat und eine paar "Bleus" sich oberhalb von einem zeigen. Dann kommen bereits große Räume mit üppigsten Sintersäulen und dem ganzen Inventar von Tropfsteinhöhlen. Auf einmal geht es in die Tiefe. Eine schmale Eisenleiter gilt es nun hinunter zu nehmen, wobei man sorgfältigst von oben gesichert wird.

Immer weiter geht es hinunter, ein kleiner Quergang ist zu meistern, eine Engstelle zu durchschlupfen. Das "Doucement" hat man bald auch als Deutscher verstanden, "langsam", "vorsichtig". Wieder wird es sehr großräumig, ein mords orangefarbiger Sinterphallus ragt da in die Höhe. Es geht wieder steil auf Leitern bergauf. Überall, wo es ein bißchen kitzlig ist, sind massive Sicherungen angebracht, so daß selbst kleine Kinder gut in der Höhle mitkommen. Dann ist der "Speisesaal" erreicht, Alle geben brav ihre Lampen und ihr Sitzgeschirr ab, warten geduldig bis der Führer im Speisezelt alles fertig gemacht hat, z.B. werden die kleinen Plastiktischchen mit Papiertischdecken gedeckt, um alle Brösel später besser wieder einsammeln zu können.

Dann darf man eintreten, sich setzen und seine mitgebrachten Sachen zu Essen verzehren. Tee oder Kaffee wird gekocht, alle können sich erholen und sich auch schon mal geistig auf den schönsten Teil des Wegs vorbereiten, die Blumengalerie. Je nach Größe der Gruppe sieht man mehr oder nur weniger davon. Meistens weniger. Ein ganz schmales Stück Höhlenboden ist ausmarkiert, das man nur betreten darf. Links und rechts davon glitzerts nur so. Kristalle, Kristalle, Kristalle. So viele habe ich noch in keiner anderen auf einmal gesehen. Überall, wo es ein bißchen niedriger wird, paßt der Führer wie ein Wachhund auf, daß man seinen Kopf einzieht, um die weißen Sinter nicht zu beschädigen. Wieder, wieder und noch einmal, bei jedem einzelnen achtet er drauf, daß nichts beschädigt wird. Wer Glück hat, der sieht auch noch den Saal "Tausend und eine Nacht", ein Raum, in dem die Kalzitrosen auf mehreren m² Fläche wuchern. Und dort ist auch der schönste Excentrique direkt vor einem - im Zentimeterabstand. Überall heißt es hier "Doucement" sehr zu recht.

Hier drehen alle touristischen Führungen um. Man hat wirklich schon genug gesehen, aber die Höhle selbst ist dort noch lange nicht zu Ende. 6 km hat sie inzwischen und da gibt es sicherlich noch einiges zum Sehen.

Einen großen Dank an Philippe Moreno für sein Riesenengagement, das er da beständig zeigt, auch bei unserer Führung am 11. Juni 2001.

Etwas sollte man auch noch erwähnen: Es ist ausdrücklich gestattet, in der Höhle zu fotographieren. Sogar einen netten kleinen Hinweis enthält der Werbeprospekt: "prévoir flash et piles de recharge".

 


Kontakt:

Literatur:

Weber, Lucia Die Grotte del l'Aguzou (Aude) und ihre Erschließung, DIE HÖHLE 1-1978, 14f.
Sobeck, Wolfgang Das Höhlenwunder von Aguzou, KOSMOS S. 177ff.

Links:


3 Motive
2 Fotographen

links Franz Lindenmayr
rechts Philippe Crochet

Weitere Bilder von Philippe Crochet:

 


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