Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Grotta di San Michele, Apulien, I


Höhlen, die diesen Name tragen, gibt es in Apulien viele. Die hier ist nur schwer zu erreichen. Sie liegt im Süden einer kleinen Stadt, von der aus man, zumindest der Höhlenbeschreibung nach, nach Altavilla fahren solle. Nun, das Problem ist, dieses Altavilla findet man weder auf einer Landkarte, zumindest all denen, die uns zur Verfügung standen, und die Menschen, die wir fragten, kannten diesen Ort auch nicht.

So irrten wir umher im Juni 2004, Willi und Doris Adelung, und ich. An der Straße gab ein verrostetes, verbogenes Straßenschild, das auf "San Michele irgendwas" hinwies, aber der Autofahrer, den wir genau an dieser Stelle aufhielten, weil unser Auto genau in seiner Fahrtstrecke stand, wußte auch nichts davon, obwohl er allein schon von der Wegstrecke her, die er gekommen war, sich als Einheimischer geoutet hatte. Er schickte uns zurück in den Ort, dann nach rechts und drei Kilometer weiter, dort sei genau die Höhle, deren Bild ich ihm in meinem Buch zeigte. Wir vertrauten ihm, fuhren los, wunderten uns langsam immer mehr, und an einer Tankstelle, ein paar Kilometer weiter, wurden wir wieder zurückgeschickt Richtung Ausgangsort.

Dort standen wir weiter vor einem Rätsel. Das Herumfahren brachte uns nur zu einem älteren Paar in der Nähe einer Bahnüberführung, die uns bedeutete, daß die Höhle hier irgendwo in der Gegend sei, aber ein Zugang sei nicht möglich. "Chiuso" hieß es. Da standen wir nun und wußten nicht weiter.

Gar nicht so selten beim Umgang mit Höhlen stößt man an Grenzen, rechtliche, physische, menschliche. Auch hier. Wo war nur dieses "verdammte Loch"? In der Beschreibung stand, man solle erst bei einem Bauern um Erlaubnis fragen. Aber hier gab es keinen Bauern. Alles zu. Kein Mensch mehr da. Wenn sollte ich fragen? Wen konnte ich herausklingeln und fragen? Niemand. Da war keiner. Und zum Sehen war da auch nichts. Das Gelände, das eigentlich flach wie ein Bügelbrett ist und von Millionen von Mohnblumen in intensivstes Rot getaucht wurde, schien keinerlei unterirdisches Geheimnis zu enthalten. Nichts Spannendes war da auch nur im Ansatz zu sehen.

Und doch ist es da, bestens verborgen unter einem Feigenbaum, erst zu sehen, wenn man unmittelbar davorsteht. Treppen führen hinunter, der Feigenbaum wurzelt im Höhlenraum, eine Wasserzisterne ist da, weiter unter teilt sich der Raum. Links ist ein Altar mit drei Freskos an der Wand, rechts geht es auf Stufen noch weiter nach unten bis sie zwar aufhören, aber der Raum sich immer noch weiter nach unten erstreckt. 50 m lang und 10 m tief ist diese alte, leider nur schwer zugängliche alte Kulthöhle.

 

Ein Trullo auf der anderen Straßenseite
Wo versteckt sich die Höhle?

Die Eingangszone
 

Literatur:

Gobetti, Andrea L'Italia in Grotta, Gremese Editore, Roma 1991
Carlone, Cristina, Manghisi, Vincenzo, Solito, Carlos Il Culto di San Michele nelle Grotte Pugliesi, Speleologia 41-1999, S. 53ff.

Links:

Landschaft und Höhlen in Apulien

 

 

 


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