Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen um Duino-Auresina, Triester Karst, I


Grotta Nemez

Grotta Azzura


Duino-Aurisina ist eine Gemeinde mit fast 9.000 Einwohnern im Karst von Triest. Wer auf der Autobahn, von Venedig kommend und nach Triest strebend, unterwegs ist, der durchquert die typische Karstlandschaft. Parallel dazu verläuft oft die Eisenbahnlinie, die zweimal über die Autobahn hinwegführt. Touristischer Höhepunkt ist der Sentiero Rilke, der von Sistiana zum Schloß von Duino führt. Rilke lebte vom Oktober 1911 bis Mai 1912 als Gast von Marie Taxis dort und beschrieb den Ort in einem seiner Briefe wie folgt: "..wie ein Vorgebirg menschlichen Daseins mit manchen seiner Fenster ... in den offenen Meerraum hinaussieht, unmittelbar ins All möcht man sagen und in seine generösen, über alle hinausgehenden Schauspiele.."


Sher prägend auf die Landschaft um Aurisina waren und sind die Steinbruchbetriebe, die bereits zur Zeit der Römer dort betrieben wurden.

Aurisina hat einen eigenen Bahnhof, der heutzutage aber einen recht verwaisten Eindruck macht. Bis unter das Bahnhofsgebäude reichen Höhlengänge in der Tiefe des Kalkfelses, was man an der Oberfläche natürlich nicht bemerkt. Schon ein Blick auf die topographische Karte 1:25.000 zeigt den Reichtum an Höhlen gerade in dieser Gegend. Zumindest die dort eingezeichneten lassen sich mit etwas Glück und Ausdauer auch finden, aber es gibt noch viel mehr!

 

Eine der klassischen Höhlen in dieser Region ist die Grotta Nemez gleich am Ortsrand von Aurisina Stazione. Überquert man die Bahnlinie Richtung San Pelagio, dann kommt gleich links wieder eine kleine Straße, die zu einer Ansammlung von Häusern führt. Dort ist, nicht unbedingt gleich auffallend, zwischen den Gärten und Häusern der Schachteingang in die Grotta Vittoria. Ein paar Eisenschwellen decken ihn ab und ein Eisengitter.
Geht man hinunter bis zu den Bahngleisen, dann liegen links in den Felsen zwei gesprengte Unterstände. Bei dem hohen Hohlraumanteil des Gesteins ist es kein Wunder, daß man gleich wieder auf ansonsten dem Menschen gar nicht zugängliche natürliche Hohlräume gestoßen ist.

 

 

 


Biegt man von der Straße auf die andere Seite ab und folgt dem bald für Fahrzwecke gesperrten Weg Richtung "Fornace nuova", dann hat man eine Zone erreicht, in der gleich 3 Höhlen in der Karte eingetragen sind: die Caverna Katerina, Grotta d. Edera und die Grotta Lesa. Die Katerina (VG 239, L 80 m, Hd 15,50 m) ist ein Tunnel mit einer Dimension von 20 auf 15 m, der nach hinten schnell ansteigt und dann versintert und verstürzt endet. Die Ausgräber um die Wende zum 20. Jahrhundert machten Funde, die zum zu den reichhaltigsten der ganzen Karstregion gehören. Zur Grotta d. Edera, VG 5143 (L 13 m, T 8m) kommt man auf einen Steinbruchweg, dem man bis auf die Hochfläche folgt. Eine schmale Trittspur führt in das mit niedrigem Unterholz und Grasflächen bedeckte Gelände. Ohne gute Ortskenntnis kann es leicht sein, daß man an der Abzweigung nach rechts vorbeiläuft. Es geht hinunter in eine längliche Doline, an deren einem Rand sich ein weites Höhlenmaul auftut. Hinein kommt man nicht, da ein massives Eisengitter, den Zutritt verwehrt. Der Tunnel nimmt gleich erstaunlich große Dimensionen an, der voll wohl mal aufgefüllt gewesen ist. Hier wurde mal intensiv (1970-75 von der Gruppo Ricerche di Paleontoloiga Umana) gegraben, was die zurückgelassenen Tische und Stühle und die Grabungseinrichtung zeigen. Die Grotta Lesa oder auch Caverna di San Pelagio genannt (VG 237, L 30 m, T 8 m) ist leicht zu finden, weil sie sich direkt neben dem Weg befindet. Ein altes Gitter ist schnell umstiegen und hinein geht es in die kurze Durchgangshöhle. Offenbar wird sie gerne als Aufenthaltsort verwendet, was auch die große Grillstelle zeigt. In 1. Weltkrieg wurde die als Unterstand benutzt. 1893-94 wurde sie von Moser ausgegraben und Spuren des Neolithikums, der Bronzezeit und der Römerzeit gefunden.

Caverna Caterina
 
   
Grotta dell'Edera
 
 
 
   
 
 


Im Westen von Aurisina Stazione liegt die große "Dolina d. glacimento di selce Liscek". Auch sie ist einen kultur- und naturkundlichen Wanderweg mit einbezogen, die verschiedenen beachtenswerten Stationen in Ortsnähe für den Besucher erschließt. Dazu gehört am Dolinenrand ein großer Militärfriedhof, auf dem über 1900 Gefallene aus dem 1. Weltkrieg liegen.

Folgt man dem Fahrsträßchen entlang der Autobahn Richtung Bahndamm, dann kann man nach dessen Unterquerung zu Fuß in kurzer Zeit bis zum Eingang der Grotta Pocala, VG 91, (L 137m, T 33,50 m) kommen. Dort kann man normalerweise nur durch die Gitterstäbe der Eingangstüre schauen, der Rest ist wegen der reichen prähistorischen Funde, die man dort gemacht hat, vor unbefugten Besuchern geschützt. In der Umgebung gibt es noch Reste alter Unterstände aus dem Krieg und einige Höhlenobjekte: der Riparo Zaccaria und eine Schachthöhle, die sich unmittelbar am Rande der Autostrada öffnet.

 
 
Grotta Pocala
 
 
 

Der höchste Punkt der Region Aurisina- Duino ist mit dem Trnovski Hrib erreicht mit seinen 343 m Höhe. Im Tal unterhalb liegt direkt am Fahrweg der Eingang zur Grotta Ternovizza, VG 242 (L 351 m, T 82,50 m). Das früher schon mal den Namen "Georg-Schneider-Höhle" getragen habende unterirdische Objekt ist aus zwei Gründen erwähnenswert: erstens ist die eine geräumige Schachthöhle mit großem Sinterschmuck und zum anderen ist sie seit dem 1. Weltkrieg mit einem kurzen Tunnel an die nebenan liegende Höhle verbunden, in der wir noch heute ein paar gemauerte Reste einer zu Kriegszwecken umstrukturierten Höhle sehen können.

   
 
 

 

Unterhalb des Monte Ermada liegt eines der größten Naturwunder des Triester Karstes. In einer Landschaft, deren prägendes Merkmals ist, daß es fast kein Oberflächenwasser gibt, bricht plötzlich ein Fluß aus dem Berg und fließt nach kurzem Lauf dem Meere zu. 34 km Luftlinie von diesem Ort entfernt versinkt in der Skocjanske jama der Fluß Reka in der Erde und kommt hier als Timavo wieder zu Tage.


Heute ist die Idylle dieses Ortes, San Giovanni al Timavo, sehr angeschlagen. Schließlich führt die Autostrada Venedig - Triest unmittelbar hindurch und wer Bescheid weiß, kann vom Auto aus den Quelltopf des Timavo sehen. Entsprechend laut und unruhig ist es an diesem früher wohl richtig "magische" Qualitäten aufweisenden Ort. Die modernen Wissenschaftler und Höhlenforscher sind schon tief in die Quelle und das dahinter liegenden Höhlensystem eingedrungen, das heute eine Länge von ca. 2 km aufweist. Das gesamte Höhlensystem dürfte zu den größten und längsten der Erde gehören, ist bislang aber nur in Teilstücken bekannt, weil es enorme Schwierigkeiten bei der Erforschung gibt.
Das Interesse an der Erforschung besteht schon lange, da immer gehofft wurde, daß man das Wasser für die Versorgung der Stadt Triest nutzen könnte. In der Grotta di Trebicano war es das erste Mal gelungen, bis zum unterirdischen Timavo vorzudringen, auch in der Kacna jama, später in der Grotta Claudio Skilan, nun auch in der Grotta Lazzaro Jerko.
Eingang Lazzaro Jerko

Schon die antiken Dichter berichten von der Schönheit des Ortes, z.B. Virgil, Livius, Cornelius-Nepos und Martial. In den alten Sagen heißt es, daß schon Jason und seine Argonauten auf der Suche nach dem goldenen Flies hier vorbei gekommen seien und Diomedes und Antenore nach der Zerstörung von Troja. Strabon bestätigt, daß es dort einmal einen heiligen Wald gegeben hätte, wo man ein weißes Pferd dem Diomedes geopfert hätte, andere berichten davon, das Pferd Cyllarus, sei dort getränkt worden. Ein Heiligtum des thrakischen Gottes Diomedes und der griechischen Göttin Hera hätten dort gestanden. Auch frühe christliche Boten werden im Zusammenhang mit der Quelle genannt, Markus und Hermagoras, und es gibt Heiligenlegenden von den Märtyrern Justus, Servolus, Sergius und von Canzianus mit seinen zwei Geschwistern, Cantianilla und Cantius.


 

 

Literatur:

Boegan, E., Bertarelli, L.V. Duemila grotte, T.C.I., Milano 1926
Gherlizza, Franco -100, Club Alpinistico Triestino Gruppo Grotte, Triest 1983
Gherlizza, Franco, Halupca, Enrico SPELAEUS, Club Alpinistico Triestino Gruppo Grotte, Triest 1986
Hofmann-Montanus Die Welt ohne Licht, Regensburg 1952
Cicuta, C. Il Timavo, SOTTO IL CARSO, Anno II, N°2, pag. 24-45, Gorizia 1982
Cravatin, G. u.a. The Timavo Project, UIS-Cave Diving 4/1992, S. 10ff.
Museo Civico Storia Naturale Grotte e arte: Timavo arcano

Links:

 


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