Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

 Landschaft und Höhlen um Lumignano, Colli Berici, Veneto, I


Lumignano ist eine kleine Ortschaft an der Nordostseite der Colli Berici. An Wochenenden ist dort kein Parkplatz mehr zu bekommen, weil sie gerade überrannt wird von Naturbegeisterten. In den hellen Felswänden oberhalb finden Kletterer ein Dorado für ihre Leidenschaft. Auch die Wanderer sind zahlreich vertreten, weil es einige lohnende Ziele in deer Umgebung für sie gibt.

Bekannteste und bedeutendste Höhlen der Region sind die Grotte della Guerra e della Mura. Geht man langsam, dann kommt man in einer halben Stunde zu den Eingängen, die einen unübertrefflichen Panoramablick auf Lumignano bieten. Man wird allerdings schon zu Beginn gewarnt, daß es sich beim Weg nicht wirklich um einen für jeden ohne Gefahr begehbaren Pfad handelt. Er ist gelegentlich ziemlich steil und glitschig, so daß schon etwas Geschicklichkeit angebracht ist. Wie der Name schon andeutet, hat die weite Höhle früher wohl der Bevölkerung als Fluchtort im Kriegsfall gedient. Sie bietet Schutz wegen ihrer Verborgenheit, und es gibt Wasser. Viele Stellen sind geräumig und der Boden ist ziemlich flach, so daß man sicherlich einige Zeit dort gut leben kann. Allerdings erreicht wohl nur selten ein Sonnenstrahl die Eingangspartien. Erstaunlich ist der künstliche Tunnel. Von der Grotta della Guerra her wäre er nur mit Hilfe einer vielleicht 5 m hohen Leiter erreichbar, von der Grotta Mura her ist er gebückt leicht bis zum Abbruch zu begehen. Wer tiefer eindringen möchte, muß sich Gummistiefel mitnehmen. Schon kurz nach dem Eingang besteht der Höhlenboden nur noch aus flüssigem Schlamm. Es geht bequem aufrecht weiter (daran hindert einen im Jahre 2013 ein massives Gitter) und weiter hinten sollen sogar ansehnliche Tropfsteine kommen.
Eine weitere Fortsetzung wurde 1985 vom Club Speleologico Proteo di Vicenza erschlossen. Man kann gut in den hohen Schlot in der Eingangshalle hinaufblicken. Dort oben ginge es großräumig weiter, aber ohne großen technischen Aufwand geht da im Normalfall gar nichts. Man bräuchte schon eine Kletterstange von 30 m Länge.
Die Grotta della Mura ist leicht auf dem Steig außen erreichbar. Eine ganze Anzahl kleiner Kammern tut sich da auf mit flachem Boden. Dort haben wohl frühers des öfteren Menschen gelebt, als sie sich vor den Kriegswirren zurückziehen mußten. Die Örtlichkeit hat eigentlich nur einen Nachteil - es kommt kaum Sonne hin. Nach außen zu führt ein schmales Loch. So gelangt man auf einen breiten Felsbalkon mit prachtvollem Blick. Sicherlich haben sich die Menschen des öfteren dort aufgehalten. Ein schöner Platz, der Duft von Buchsbaum dringt einem in die Nase, der Blick schweift hinunter nach Lumignana, das schon völlig von der Sonne verwöhnt wurde, während ich hier noch im Schatten saß.

 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
   
     
Eingang in die Grotta della Mura
     
 
     
 
     
 
     
 
     
  Verschlußvorrichtung an der Wand - erinnert in der Form an die in den Erdställen

Ein sehr beliebtes Ausflugsziel von Lumignano aus ist die Höhlenkirche von San Cassiano. Mitten im Ort macht ein kleines Schildchen auf den Abzweiger den Berg hinauf aufmerksam. Auf schmalem Pfad geht es oberhalb von Häusern und Gärten allmählich nach oben. Die Felswände sind nicht weit entfernt und enthalten zahlreiche kleinere Höhlen und Überhänge. Zu einer weist ein Schild hinauf, Covolo Prussia. Wie der Name schon andeutet, sie bekam ihren Namen im Krieg, weil sie für eine Zeit von deutschen Soldaten in Beschlag genommen war. Mit einer Mauer hatte man den Eingang verschlossen. Bei Höhlenschutzmaßnahmen, die man anläßlich einer touristischen Erschließung der ganzen Zone im Rahmen eines LEADER 2-Programms vornahm, hatte man wohl Geld und eine Idee: Nicht einfach eine Tür davorklatschen und abschließen, sondern man baute einen eisernen Käfig, durch den man zwar eintreten und sich umsehen, aber nicht wirklich in den ansonsten leeren Hohlraum dahinter konnte. Irgendwelche Leute haben dem Spuk ein Ende gesetzt und einfach die Außenmauer massiv zerstört. So steht heute der Stahlkäfig sinnlos am Eingang, jeder kann leicht außen herumsteigen, aber es lohnt sich wirklich. Es ist ja nichts dahinter außer dem typischen Covolohohlraum mit flachem Boden.

Ein paar Meter weiter den Berg hinan stößt man auf eine überbaute Karstquelle und gleich dabei einen Felsüberhang. Das Betreten desselben ist verboten aus "Steinschlaggründen". Wen hat man bloß da als Experten herangezogen? Steinschlag? Es ist auch hier so wie bei all den Dutzenden anderer Höhlenbetretungsverbote mit dieser "Begründung". Wenn das so gefährlich wäre, dann müßten längst alle Steine unten liegen. Das tun sie aber nicht, sondern bleiben brav oben. Sie fallen nicht herunter und deshalb gibt es keine Steinschlaggefahr. Da könnte man auch den Leuten verbieten aus dem Haus zu gehen, weil sie vielleicht von einem Meteoriten getroffen werden könnten. Das würde dann wohl auch nichts helfen, aber die Behörden wären aus dem Schneider. Es geht doch nur darum, die Verantwortung weiterzureichen. Den Letzten beißen die Hunde, so heißt es schon lange.

Es gibt noch mehr Höhlen in der Gegend, den Complesso di Ca'Menarini zum Beispiel.

... wird fortgesetzt

Literatur:

Federazione Speleologica Veneta
a cura di Mietto, Paolo, Sauro, Ugo
Grotte del Veneto - Paesaggi carsici e grotte del Veneto, 1989

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