Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Das Vinalestal / valle de vinales / Kuba


"...weitgehend unbekannt ist immer noch, was sich in einem selber auftut, wenn man durch eine ungeheure, übermächtige Landschaft geht." Christoph Ransmayr, Geständnisse eines Touristen, S. 88


Das Santo-Tomas-Höhlensystem

Das Höhlensystem von Majagua-Cantera


Der Lonely Planet Führer von Kuba drückt die Begeisterung vieler Besucher des Vinalestals in der 2012er Ausgabe so aus: "many reckon on being Cuba's most mesmerizing spot of scenery". Das stimmt. Denn, wo sonst sollte man, wenn man schon einmal nach Kuba fährt, wenigstens einmal gewesen sein? Die großen Ebenen, wo sich vielleicht einmal am Horizont wenigstens eine Hügel- und Bergkette abzeichnet, die gibt es überall. Richtige Gebirgsszenerien mit dramatischen Aufstülpungen - die sucht man in Kuba vergebens. Orte, fast schon triefend von der Jahrhunderte und Jahrtausende dauernden Geschichte, die findet man vor allem in Europa, in der Dordogne etwa oder in der Toskana. 1875 wurde Vinales gegründet, Entsprechend schreibt man auch im LP-Guide: "Vinales is more about setting than sights". Für Kuba sind sie überwältigend, weltweit gesehen gilt das nicht. Man muß nur mal nach Südostasien schauen, nach China, nach Vietnam, nach Laos. Nach Vang Vieng und seine Umgebung  zum Beispiel.

Es lohnt, natürlich, den gut 100 km langen Abstecher von Havanna aus in den Westteil von Kuba zu machen. Auch wenn man nur 1 Tag Zeit hat. Anläßlich der Bellamarexpedtion 2012 haben wir das mal gemacht. 4 Leute, ein Führer, ein Fahrer. Für das Taxi haben wir umgerechnet rund 200 Euros hingelegt, dann haben wir auch noch fein in einem kubanischen Restaurant dort getafelt, am Ende war die Rechnung, aufgeteilt für uns Westler, auch noch gut bezahlbar. Gelohnt hat sich jede Minute und jeder Cent.

Nach einer wenig aufregenden Fahrt durch die meist ziemlich flache Landschaft Westkubas, wo allenfalls in der Ferne ein paar Bergeshöhen zu sehen sind, hielten wir zum ersten Male an dem Aussichtspunkt ins Vinalestal. Da war wenig los. Fast nichts und die Andenkenverkäuferin machte praktisch keinen Umsatz. Zwei deutsche Radlfahrer waren da und wir. Sonst niemand.

Dabei hatte der Ausblick von der Plattform Format. "A breathtaking view" waren das, ein Anblick, den ich mir nicht vollkommener hätte vorstellen können. Als Fotograph hatte ich innerlich noch den Vorbehalt, daß das Mittagslicht nicht die optimale Qualität hatte, um wirklich gute Bilder machen zu können. Glücklicherweise haben wir, dem Abend zugehend, bei einem der wenigen kleinen Restaurants am Weg zurück nach Pinar del Rio und dann nach Havanna noch einen Stop am Rande des Tages eingelegt. Dann war der Moment da, um das "richtige" Licht zu haben, und die einfach zauberhaften Momente ein wenig einzufangen, die da an vielen Tagen sind, aber die wohl auch nur wenige einmal sich Zeit nehmen, auch einmal zu sehen. So viel Schönheit auf unserer Erde - und keiner schaut hin. Stattdessen glotzen wir in die Fernseher oder die Computerbildschirme und suchen dort das "Glück"!

 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ein paar Zonen dieses großartigen Gebietes sind inzwischen gut erschlossen und man kann auch als durchreisender Tourist schon ein wenig mehr von der Unterwelt mitbekommen.  Mit den heute in vielen Ländern der Erde geltenden Maßstäben darf man dort nicht kommen. Man darf froh sein, wenn man dies und das mitkriegt. Ich weiß nicht, ob das stimmt, was ich da schreibe. Aber das Internet ist z.B. nur Zeit eine nur recht fragwürdige Quelle für Informationen über Kuba - und vice versa. Wer etwa in Kuba momentan eine Internetadresse aufruft, die nicht .cu als Endung hat, der wird wohl enttäuscht. "Freiheit" ist ein wichtiger politischer Begriff in Kuba, "libertad", aber wenn man es zur Zeit mit der Endung .de zum Beispiel probiert, der wird frustriert. Geht nicht. "Wir" bestimmen, was du Gesicht bekommst, nicht "Du". Freiheit? Im modernen Sinne? Da ist wohl eher die Angst der momentan an den Schalthebeln Sitzenden, daß sie als vollkommen überflüssig erkannt werden. Freiheit sucht sich ihre Türen, Tore, Löcher, Höhlen und Höhlchen. "Dicht" bekommt man, wer auch immer das ist, langfristig nichts. Nicht mal meine 100 Euro teure Luftmatratze, bei GLOBETROTTER am Münchner Isartorplatz Tage vor meiner Abreise gekauft, Marke EXPED, hat gehalten. Zehnmal in der Nacht mußte ich sie wieder aufblasen! Kein ruhiger Schlaf auf Kuba war möglich.

Wieso gibt es hier diese Landschaftsform? Erklärt wurde sie schon durch den Einsturz eines riesigen Hohlraum, und diese Erklärung wurde auch schon oft wiederholt. Richtiger wird sie dadurch wohl auch nicht. Nach Lehmann müßte man zum Vinalestal "Randpolje" sagen. Von einer Schiefer-Sandsteinformation fließen Bäche, die bei Regenfällen stark ansteigen, durch das Tal in Richtung Sierren. Die Ebenheit ist ganz schwach geneigt. Sobald die Fließgewässer auf die Kalksteinmassive treffen, verschwinden sie in Flußschwinden, durchqueren die Karstberge und treten auf der anderen Seite wieder zu Tage. Im Tal verstreut liegen die Mogoten, die aus sehr reinem Massenkalk bestehen und kegelförmig sind. Sie haben fast senkrechte Wände und sind oben oft kuppenförmig abgeflacht. Ihr Inneres vollkommen durchlöchert von zum Teil schon wieder eingestürzten Höhlensystemen.
Lehmann nimmt an, daß die ganze Fläche des heutigen Vinales-Tages einst vom Kalkstein genommen worden ist und die Mogoten und die Karstberge in der Umgebung, die "Kalksierren", durch Kalklösung entstanden sind. Einige kubanische Geographen vertreten einen andere Meinung. Die einzeln stehenden Mogoten seien Blöcke aus Vinales-Kalk, die beim nordwärts gerichteten Schub der Gesteinsmassen entstanden seien. Der Massenkalk soll plastisch verformbar gewesen sein und dadurch blockweise zwischen der Schiefer-Sandstein-Formation liegen. Die Ursache für die Entstehung sei also tektonisch. Erst hinterher habe die Verkarstung eingesetzt. (siehe kubabot.ku.funfic.de/Geomorphologie_Vinales-Tal.htm).

Am Ausgang des Valle de San Vicente liegt, nicht übersehbar, wegen der großen Höhlenöffnung und dem großen Parkplatz davor, die "Cueva de San Miguel". Die dazu gehörige Höhle soll nicht sehr bedeutend sein. In 5 Minuten sei man durchgeschleust. Höhlenrestaurants und -gaststätten gibt es nicht so viele auf dieser Erde, hier ist eines, die den Namen "El Palenque de los Cimarrones" heißt. Der Boden unter der weiten Durchgangshöhle ist planiert. Kleine Tische und viele Stühle dienen dem Wirtschaftsbetrieb, eine lange Bartheke lädt zum gastronomischen Genusse, auch eine kleine Bühne ist vorhanden. Ab und zu soll es Folkloreshows hier geben mit jungen Kubanern, die man als "cimarrones" verkleidet, weggelaufenen Sklaven, die sich in den Höhlen früher versteckt hatten. Auf den Schreiber für den lonely planet Führer haben sie keinen besonderen Eindruck gemacht. "The young Cubans..don't really stimulate the appetite".

Noch etwas weiter diesem Tal folgend kommt man zur "Cueva del Indio", die auch für Touristen erschlossen ist. Mit dem Boot wird man am Ende auf dem unterirdischen Fluß wieder an die Oberfläche befördert. 1920 hat man die Höhle wiederentdeckt, die schon früher den Ureinwohnern als Wohnstätte gedient hatte.

Es gibt noch viel mehr Höhlen in dem Haupt- und seinen vielen Nebentälern. Im Palmeritotal soll das Schwimmen in einem natürlichen Schwimmbecken in der Cueva de Palermito möglich sein. Erreichbar sei sie auf einem Wanderpfad oder nach einem Pferderitt. In der Nähe der Finca Raúl Reyes, 1 km außerhalb von Vinales, soll die Cueva de la Vaca liegen.

Seit 1999 ist das Vinalestal in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes eingetragen. Als Begründung wird die herausragende Landschaftsform genannt, in der sich noch die traditionelle Form der Landwirtschaft, besonders des Tabakanbaus, findet, die seit vielen Jahrhunderten sich nicht mehr verändert hat. In der Region habe sich auch eine reiche architektonische Tradition erhalten, es gäbe noch das alte Handwerk und eine eigenständige Musik.
Besonders werden in der Begründung die vielen Höhlen erwähnt mit ihren Ammoniten. Die Hügel seien Lebensraum vielen endemischer Tier- und Pflanzenarten, d.h. es gibt sie nur hier und nirgends anders wo auf der Welt. Insbesondere sei das Microcycas calocama, und ein lebendes Fossil der "Cretaceous phanerogamic Flora". Es gäbe eine reiche Vogelwelt und Molluskenfauna.

Literatur:

Núnez, Jimenez A. Cuevas y carsos. Ed. Cientififico-Tecnica, Ciudad de La Habana 1984
Russo, Natanlino Diario di un viaggio ai Caraibi, Speleologia 38-1998, S. 94ff.
Gladnishky, N., Daaliev, Trifon Cueva del Capanario, The International Caver (8) 1993, S. 27ff.
ohne Verfasserangabe CUBA CONTACT '88, Caves & Caving 45 - 1989, S. 13ff
Slagmolen, Christiane und André Cuba - dessins rupestres et karst tropical, REGARDS 3-1988, S. 3ff.
  Le coin des grands, Spelunca 97 - 2005, S. 15
Sainsburg, Brendan, Waterson, Luke lonely planet CUBA, 2011
Lowther, Alex Climbing Paradise Forbidden, THE NEW YORK TIMES / Süddeutsche Zeitung, Monday, July 16, 2012, p 3

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