Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Lumshnong

Jaintia Hills, Meghalaya, Indien


 

Chieruphi   Krem Kotsati   Krem Liat Hati
         
Jud Cement        

"Hinter der Zivilisation her ist die Erde voll von Schlackenbergen und Abfallhaufen, die nützlichen Erfindungen haben nicht nur hübsche Weltausstellungen und elegante Automobilsalons als Folge, sondern es folgen ihnen auch Heere von Bergwerksarbeitern mit blassen Gesichtern und elenden Löhnen, es folgen ihnen Krankheiten und Verödung, und daß die Menschheit Dampfmaschinen und Turbinen hat, dafür zahlt sie mit unendlichen Zerstörungen im Bilde der Erde und im Bilde des Menschen..." Hermann Hesse vor der Arbeit am Glasperlenspiel (zitiert nach Navid Kermani, Apologie des Glasperlenspiels, in: AKZENTE 2-2014, S. 113)


 

Lumshnong ist eine kleine Ortschaft an der Nationalstraße NH44 zwischen Sonapur und Agartala, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Tripura, in den Jaintia Hills. 22 km sind es von Jowai, 62 km von Shillong, Hauptstadt des Bundesstaates Meghalaya.

77 km qkm groß ist das Karst- und Höhlengebiet in dem Lumshnong liegt. Es erstreckt sich südlich des Flusses Mynkre. Im Untergrund liegt typischerweise unter einer Schicht Lakadongsandstein eine Schicht Lakadongkalkstein, die wiederum auf einer Schicht Therrasandstein liegt. Eine Schicht Kohle ist immer wieder dazwischengeschoben. Die Schichtenneigung beträgt im allgemeinen zwischen 2 und 5° in südöstlicher Richtung. Ganz oben drauf kommt an einigen Stellen eine weitere Schicht Kalkstein vor, mehr als 20 m dick, hellfarbig, vielschichtig und Umlatdohkalk genannt.

Typischerweise liegt eine große Lumshnonghöhle in der unteren Kalksteinschicht, wo sich lange Tunnelgänge entwickelt haben. 22 Eingänge weist das Höhlensystem von Kotsati-Umlawan auf bei einer Gesamtganglänge von über 21 km, 5 Eingänge hat das Synrang Pamiang System. Viele weitere Höhlenobjekt sind auch schon erkundet, vermessen und erfaßt, mit so mancher Überraschung darf noch gerechnet werden. Eine umfassende Veröffentlichung der Ergebnisse ist noch nicht erfolgt.

Wirtschaftlich gesehen liegt Lumshnong inmitten in einer sehr bedeutsamen Zone mit Rohstoffvorkommen. Ein Dutzend Zementfabriken in der Umgebung verarbeitet den Kalkstein, der in den Steinbrüchen rundum gebrochen wird. Außerdem wird die Kohle, die sich zwischen den Kalkschichten befindet in vielen kleinen Abbauen, den sog. rat holes, aus der Erde geholt und zu den Verbrauchern gebracht. Tausende von Lkws sind täglich auf der für das Verkehrsaufkommen viel zu kleinen Straße unterwegs und bringen die Güter sowohl nordwärts nach Shillong und weiter nach Guwahati als auch südwärts nach Bangla Desh. Früher war die Gegend überwachsen vom Urwald, heute ist der weitestgehend verschwunden, zurückgeblieben ist Grasland, das immer wieder brandgerodet wird, aktive oder aufgegebene Steinbrüche und riesige Abraumhalden, mit denen man nicht mehr viel anfangen kann. Und die Zerstörung geht weiter. Bedeutende Höhlensysteme sind in ihrem Bestand höchst gefährdet bzw. sind bereits massivst geschädigt.
Um sie zu schützen, gab es eine Initiative, um wenigstens dem Abbau in Gebieten Einhalt zu gebieten, wo einmalige Höhlen und deren Tierwelt gefährdet sind. Eine Eingabe beim höchsten indischen Gerichtshof hatte Erfolg, und es wurde ein "ban" ausgesprochen, also eine Verfügung zum Stop weiterer Zerstörung, bis eine Kommission Vorschläge zur Lösung des Problems ausgearbeitet hat und das Gericht eine Entscheidung verkündet hat. 2015 war jedenfalls von einem Ruhen der Aktivitäten im Lumshnonggebiet nichts zu merken, ganz im Gegensatz zu Mawmluh, wie Zementfabrik momentan eingemottet ist und nichts mehr passiert.

Den Menschen sind die Höhlen in und unter Lumshnong natürlich immer schon bekannt gewesen. In den Kotsatieingang führt ein gemauertes Stiegenhaus bis hinunter zum Wasserspiegel. Früher wurde dort die Wäsche gewachsen und das verschmutzte Wasser floß einfach durch die Höhlengänge ab. Das passiert heute nicht mehr, aber ähnliches habe ich bei einer Stelle unterhalb der Straße bei einem Wasserfall wieder gesehen, 2015. Da es keine geordnete Müllentsorgung gibt, werfen die Menschen wirklich noch ihren Müll einfach den Dolinenhang oder die Felswand mit Höhleneingang hinunter, wo er dann verrottet. Momentan sind wohl so manche Höhleneingänge eher im Weg und werden, insbesondere entlang der Hauptstraße, die man gerade erweitert, einfach zugeschüttet (siehe Daly, S.175). Etwas außerhalb des Ortes liegt die Krem Liat Hati. Die wollte der Grundbesitzer schon als Schauhöhle erschließen und plante den Bau einer Fahrstraße zum Eingang. Bislang ist das Projekt über das Planungsstadium nicht hinausgekommen.

Ein Spaziergang durchs Dorf

   
       
   
       
   
       
   
       
  Die nahe Star Cement Fabrik
bei Nacht
       
   

Unsere Unterkunft

   
       
   
       
   
       
     
       
   
       
   

Die negativen Folgen des massiven Eingriffes des Menschen in die Naturlandschaft in Meghalaya kann man an etwas sehen, was auf den ersten Blick verführerisch schön aussieht - das karibikblaue Wasser der Flüsse. Die Farbe kommt von der starken Schwefelsäure, die vor allem durch den Abbaubetrieb der Kohle hineinkommt. Fische können in dieser Brühe schon lange nicht mehr leben, und die schlimmen Folgen bekommen auch schon andere zu spüren. So gibt es am Kopili River, der weit unterhalb aufgestaut ist und dessen Wasser zur Stromgewinnung genutzt wird, massive Störungen an den Turbinenschaufeln. Die werden viel schneller als sonst zersetzt und müssen viel häufiger wieder ausgewechselt werden, was den Strompreis u.a. hochtreibt.
Der starke Verkehr, vor allem durch die vielen Lkws verursacht, zerstört auch die Infrastruktur. Man schaue sich nur einmal den Belag der Brücke an, die noch über den "Karibikfluß" führt!

     
       
   
       
   
       
   
       
   

 

Literatur:

Gebauer, H. Daniel, Abele, André Krem Um Lawan - im Karst des Wolkenlandes, Jahresheft 1995 der Arge Grabenstetten, 1996, S. 198-201
Gebauer, Herbert Daniel Resources on the Speleology of Meghalaya State, India - Part 1 Overview, Berliner Höhlenkundliche Berichte Band 33, Berlin 2008
Gebauer, H.D. The March 1996 excursion to Lumshnong, Jaintia Hills, North-East India: A diary log in Germlish, DER ABSEILER 15, 1997
Gebauer, Herbert Daniel Resources on the Speleology of Meghalaya State, India, Part 6: Lumshnong (East Jaintia Hills), Berliner Höhlenkundliche Berichte Band 60, Berlin 2015

Links:

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