Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Baumhöhlen in der Kunst
Baumhöhle in einem Wandgemälde in Gröbenzell bei München, das auf das "Wirtshaus" aufmerksam macht |
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Ein Baumhöhle in dem Bild von Moritz von Schwind "König Krokus und die Waldnymphe", Schackgalerie München, veröffentlicht in einer Postkarte aus dem F.A. Ackermann's Kunstverlag, München | |
Aus dem Buch "Wind in the Willows" | |
Eine Baumhöhlenzeichnung von Carolina Shrewsbury: | |
Maria Birnbaum bei Aichach zwischen Augsburg und München. | |
In einem Schaufenster in Hongkong stand im August 2006 die Abbildung eines Menschen, vielleicht eines Einsiedlers, der sich in einer Baumhöhle aufhält. Gibt es dazu eine Geschichte? |
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Baumhöhlenmotiv auf dem T-Shirt "CAVE THE SEQUOIAS" |
Natalia Romik - "versilberter Abguss einer polnischen Eiche, in der sich zwei verfolgte jüdische Brüder versteckt hielten", Altmann, Susanne, Zeugen des Grauens, ART Mai 2024, S. 137 | gezeigt in der Ausstellung "Architekturen des Überlebens"
im Jüdischen Museum Frankfurt 2024 https://www.juedischesmuseum.de/besuch/detail/architekturen-des-ueberlebens/ |
Literatur:
"Die Riesenfichte stürzend Nachbaräste
Und Nachbarstämme quetschend niederstreift
Und ihrem Fall dumpf hohl der Hügel donnert,
Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
Geheime tiefe Wunder öffnen sich."
aus: Faust "Wald und Höhle" von Goethe
Anna Seghers erzählt vom "Baum
des Ritters": "Holzfäller in den
Argonnen fanden kürzlich, als sie die Axt an einen
uralten Baumschlag legten, in einer hohlen Buche einen
Ritter in voller Rüstung, kenntlich an seinem Wappen als
ein Gefolgsmann Karls des Kühnen von Burgund. Dieser
Ritter hatte sich auf der Flucht vor den Soldaten König
Ludwigs des Elften in seiner Todesangst in den Baum
gezwängt. Nach dem Abzug seiner Verfolger hatte er nicht
mehr herausgefunden und war elend zugrunde gegangen in
seiner Zuflucht..."
Verena Kast interpretiert die Stelle so: "Der Baum..bietet Schutz, bietet vor allem auch verlassenen Mädchen Schutz. Der hohle Baum erinnert an den Baum in seinem mütterlichen bergenden Aspekt, er kann nochmals als Mutterbauch aufgefaßt werden, aber es ist keine Rückkehr zur persönlichen Mutter, sondern zum Mütterlichen in der Natur, zu dem, was uns trägt und schützt, wo wir uns getragen wissen: sei dies ein Erlebnis unseres Körpers, der uns ja auch trägt und schützt, sei es das Erlebnis von erholendem Schlaf oder etwa das Gefühl, sich fallen lassen zu können. Große Wandlungen kündigen sich im Märchen oft durch Schlaf, durch die schöpferische Pause an." (Kast, Verena, Familienkonflikte im Märchen - eine psychologische Deutung, dtv, München 1998)
- Wolfgang Schmidbauer hat in seinem Buch "Ein Haus in der Toscana" ein Kapitel mit dem Titel "Ein hohler Baum" überschrieben. Ein kleiner Auszug daraus: "Schutz und Dunkelheit sind für viele Wesen dasselbe. Ihr Symbol in der Wildnis ist der hohle Baum. "Ein unglaublicher Zufall", dachte ich, als ich zum erstenmal eine tote Eule in der verwüsteten Küche fand. Flügel und Kralle hatten alles zu Boden gerissen, was nicht niet- und nagelfest war. "Schon wieder! Das gibt's doch gar nicht!" war meine Reaktion bei der zweiten Eule..... Die Eule sieht eine schwarze Öffnung, die in eine dunkle Tiefe führt. Ein hohler Baum, was sonst!..." (S. 105)
"Am Sonntagmorgen wollten Rudolf und ich in den Wald zum Spielen gehen. Rudolf kam um 10 Uhr zu mir und holte mich ab. Dann ging es los, Es war sehr kalt in der Nacht gewesen, deswegen lag auf der großen Wiese, die vor uns war, eine hauchdünne Schicht Rauhreif. Sie knackte unter unseren Schuhe, wenn wir gingen. Wir spielten, rannten um die Wette, es war einfach herrlich.
Auf einmal schrie Rudolf: "He, komm mal her." Ich kam. Wir standen vor einem Baum, der in der Mitte hohl war. Ich fragte:" Wollen wir hineingehen?" "Ich weiß nicht," sagte Rudolf. Doch dann konnte ich ihn überreden, mit in den hohlen Baum zu kommen. Es stank fürchterlich, doch was war das? Wir sahen ein Loch, in dem wie eine Rutschbahn ein Weg hinunter führte. Ich setzte mich hin und wollte hinunterrutschen, als Rudolf mich fragte:" Was machst du da?" Ich antwortete:" Ich rutsche hinunter, kommst du mit?" Rudolf nickte nur stumm. Es machte Spaß, das Rutschen und langsam gefiel es auch Rudolf. Als wir unten angelangt waren, sahen wir ganz viele von solchen Löchern mit diesen Rutschbahnen. Wir suchten uns ein Loch aus und glitten immer tiefer und tiefer in die Erde. Auf einmal standen wir vor einem riesengroßen Raum mit lauter kleinen Teichen, die brodelten. Ich bekam Angst, Rudolf war schon ganz bleich im Gesicht. Da entdeckte er ein Schild auf dem stand:" Ich heiße Tabaluga, wohne hier und bin ein Drache." Als ich das las, wurde mir heiß und kalt auf einmal. Ein Drache sollte hier unten wohnen? Plötzlich bewegte sich in einen der kleinen Teich etwas. Erst schaute ein Ohr heraus, dann ein zweites und schließlich ein ganzer Drachenkopf. Ich hielt mich ganz fest an Rudolf, ich hatte Angst. Auf einmal sprach der Drache mit uns:" Hallo, ich bin der Drache Tabaluga. Ihr Braucht vor mir keine Angst zu haben, ich fresse keine Menschen." Als wir das hörten viel uns ein Stein vom Herzen. Doch ein wenig Angst hatten wir immer noch, doch die Angst war in kürzester Zeit ganz verschwunden. Der Drache Tabaluga erzählte uns von ihm, was er so den ganzen Tag hier unten mache so alleine. Auf einmal schaute ich auf meine Uhr und sagte:" Mist, in 5 Minuten müssen wir zu Hause sein." Da sagte Tabaluga:" Kein Problem, ich wünsche euch mit meinen Gedanken nach Hause."
In dem unglaublichen Roman von Tahar Ben Jelloun "Das Schweigen des Lichts", der die literarische Aufarbeitung des Zeugnisses eines Überlebenden des geheimen Straflagers von Tazmamart in Marokko darstellt, finden sich gegen Ende des Berichts über die 18 Jahre dauernde Einzeldunkelhaft der Gefangenen folgende Zeilen: "31 Manchmal dachte auch ich wie jene Figur von Camus, "wenn man mich in einem verdorrten Baumstamm einsperrt...nein...hätte wohnen heißen,....in einem hundertjährigen Baum, dem von Moha..., ohne jede andere Beschäftigung, als die Blume des Himmels über meinem Kopf zu betrachten, so hätte ich mich nach und nach daran gewöhnt...", ich hätte den Tanz der Spatzen beobachtet..., nein, es sind die Vögel, Wolken, Krawatten... Ich bringe alles durcheinander. Aber ich weiß, meine Himmelsblume kann nur Tebebt sein, der Vogel meiner Kindheit, der verdorrte Baum ist ein feuchter Steinhaufen, eine Tonne Zement und Sand, um den Himmel wegzumauern."
In Henry David Thoreaus Waldenbuch: "Ich besuchte den König, aber der ließ mich in der Halle warten und benahm sich wie ein Mann, der zur Gastfreundschaft nicht befähigt ist. Es war einmal ein Mann in meiner Nachbarschaft, der wohnte in einem hohlen Baum. Sein Benehmen war wahrhaft königlich. Es wäre besser gewesen, ich hätte ihn besucht." (S. 321)
Aus dem Protokoll einer Sitzung in "Wertimagination", abgedruckt in GOTT 9.0 von Marion Küstenmacher u.a.: "Ich trete in einen Baum und seile mich innen an langen Wurzeln aab, die durch verschiedene Weltenschichten reichen. Ich durchdringe sie leicht und lande sanft auf hellen Kieselsteinen, die sich als Steinspirale in die Tiefe ziehen. Unten angekommen..." (S. 251)
Literatur:
Lindenmayr, Franz | Baum und Höhle, Arbeitskreis Höhle, Religon und Psyche, München 1999 |
Schmidbauer, Wolfgang | Ein Haus in der Toscana - Reisen in ein verlorenes Land, Reinbek 1990 |
Jelloun, Tahar, Ben | Das Schweigen des Lichts, Berlin Verlag, Berlin 2001 |
Strube, Hans-Heinrich | Die Höhle im Baum : Geschichten aus Uhlenbusch für 8 - 12jährige / Hans-Heinrich Strube, 1978 |
Seghers, Anna | Die drei Bäume, in: Das Insel-Buch der Bäume, Insel Verlag Frankfurt am Main 1997 |
Thoreau, H.D. | Walden - oder Leben in den Wäldern, Diogenes-Verlag, Zürich 1971 |
Liere, Judith | Wundertaten aus dem Hohlraum - Die Kuppel von Maria Birnbau ist nach einem Jahr fertig renoviert, Süddeutsche Zeitung S. 52, Nr. 135, 16. Juni 2010 |
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