Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Matera - die Höhlenstadt in der Basilicata


"Ich kam in Matera gegen elf Uhr vormittags an....In einiger Entfernung vom Bahnhof kam ich auf eine Straße, die nur auf einer Seite von alten Häusern gesäumt war und auf der anderen an einem Abgrund entlangführte. In diesem Abgrund lag Matera.... Die Schlucht hatte eine merkwürdige Form: wie zwei halbe Trichter nebeneinander, die durch einen kleinen Vorsprung getrennt sind..diese umgekehrten Kegel, die Trichter, heißen Sassi: Saao Caveoso und Sasso Barisano. Sie sind geformt, wie wir uns in der Schule die Hölle Dantes vorgestellt haben. Und auch ich begann, auf einer Art von Saumpfad von einem Kreis zum anderen in den Grund hinunterzusteigen. Dieses ganz schmale Sträßchen, das sich in Kehren hinunterwindet, führt über die Hausdächer, wenn man sie so nennen kann. Es sind Höhlen, die man in die verhärtete Lehmwand der Schlucht gegraben hat.... (Carlo Levi, Christus kam nur bis Eboli)


"I Sassi" heißt ein Gebiet mit Geschichte. Manche verlegen sie zurück bis in die Urzeit des Menschen. Ein Besucher, der seine Eindrücke im Besucherbuch in einer der Höhlenwohnungen niederschrieb, fühlte sich gar "an die Wiege der Menschheit" erinnert.

Wir, das waren Willi und Doris Adelung, und ich, haben uns dort mal am Westrand der Region Basilikata vom 5. bis zum 7. Juni 2004 umgeschaut. Doris hatte per Internet unsere Unterkunft schon gebucht, sodaß das Problem letztlich nur noch darin bestand rechtzeitig in der via San Giovanni Vecchio 89 (e-mail: hotelsassi@virgilio.it) einzutreffen. Etwa 1500 km liegen zwischen Kempten und Matera, aber das war auf den guten Autobahnen heutzutage zu schaffen, wenn man um 3 Uhr früh hier losfährt.

In Matera bekamen wir erst einmal überhaupt nichts von den "Sassi" mit. Der Westteil ist wie eine Stadt überall in Italien. Erst nach Osten zu ändert sich das. Die Zufahrt führt durch eine erst einmal an einem Sperrschild vorbei, das alle Leute aussperren soll, die keine Zufahrtsgenehmigung haben. Sofort ändert sich der Charakter. Aus Alltäglich wird eine Anderwelt, grau, verfallen, auch wieder renoviert. Viel weniger Lärm und Trubel erst einmal. Kleine graue Häuser, ein massiver Felsklotz, in den sich eine Grottenkirche zu verkriechen scheint, ein aufdringlicher "Bettler", der uns um Euros anhaut, als er zwei kriegt, will er gleich noch mehr, das ist ihm zuwenig, später sehen wir ihn im Golf schimpfend die Straße entlang fahren, ein Blick hinab in die steile Schlucht vor der Siedlung, die ausmündet in weitgehend unberührt scheinende Natur. Auf der anderen Talseite die schwarzen Öffnungen von menschengemachten Höhlen, tief unten ein Bach rauschend. Alles wurde stiller, ab und zu abbrummende Motoren schnell dahinfahrender Italiener, am ein Eck herum, die nächste Region von Sassis, dort lag unser Ziel, die Via Fiorentini. Irgendwo war ein kleines Plätzchen frei, wo wir den VW stehen lassen konnten. Ich suchte ein bißchen herum und fand dann gleich den Eingang zum Hotel. Das Email war angekommen, die zwei Höhlenschlafplätze waren frei, wir konnten einziehen.

Schon besondere Plätzchen Erde, die Höhlenwohnungen. Im Grunde keine korrekte Bezeichnungen, denn diese "Höhlen" wurden von Menschen gegraben, weils halt die Geologie hergab. Von Natur aus wären die da nicht gewesen.

...


Ein Blick auf die andere Talseite

Ein alter Lochstein

Sein Zweck: sein Pferd daran festzubinden

Ein Zimmel im Hotel Sassi
Im Höhlenwohnungsmuseum
Chiesa di Santa Chiara
Chiesa Madonna de Idris
Chiesa San Pietro Barisano

Schon fast ein Durchschlupf
Höhlenkirche auf der anderen Talseite
In der Fels gehauene Mönchszellen
Blick von der anderen Talseite auf die

Sassi



Literatur:

Cop, Karen Die Filmkulisse, Süddeutsche Zeitung Magazin 43-2010, S. 40ff.
Levi, Carlo Christus kam nur bis Eboli, dtv 16. Auflage, München 2000
Luther, Helmut Zisternen mit Zukunft, Süddeutsche Zeitung, Nr. 152, 4. Juli 2019, REISE S. 31
Luther, Helmut Wiedergeburt, SZ Spezial Nr. 261, 11.11.2020, S.11
Longo, Tommaso Giura, Colucci, Nico Matera: un laboratorio di urbanistica nel Meridione, in: L'Universo. Istituto Geografico Militare, Firenze 1999, p. 310-328
Schönau, Birgit Ein Städtchen in Süditalien besteht nur aus farblosem Fels, in: Süddeutsche Zeitung MAGAZIN 14-6. April 2018, S. 32ff.
Steinfeld, Thomas Heimstatt der Ewigkeit, Süddeutsche Zeitung Nr. 58, 9./10. März 2019, S. 13

Links:

http://whc.unesco.org/sites/670.htm

http://www.kraeuter-und-gewuerze.de/Matera

Wohnen im Fels / Cave / Rock Dwelling

Wohnhöhlen - Leben in Höhlen


[ Index ] [ Englisch version ] [ Höhlen und Höhlengebiete ] [ Kunst ]
[ HöRePsy ] [ Höhlenschutz ] [ VHM ] [ Veranstaltungen ] [ Links ]-