Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Eine zeitgenössische Höhlenkunstgalerie

Ian Ellis Chandler


Meine erste Begegnung mit Ian hatte ich schon 2004. Für die Ausstellung "Kunst und Höhle" in Aschau, von mir organisiert, meldete sich auch ein jetzt in Spanien lebender Engländer, Ian Ellis Chandler. Er war schon lange auf diesem Sektor aktiv und nutzte die Gelegenheit, auch mal in Deutschland seine Werke zu präsentieren.


Das skelettartige Kunstharzmännchen am Seil von Ian in Aschau

Ian zog nach Matienzo, nicht nach Ramales, wie ich irrtümlicherweise geschrieben hatte. Ramales ist ein kleiner Ort in den Kantabrischen Bergen, der besonders bei Höhlenforschern bekannt ist. Dort hatte er eine eigene Galerie für Höhlenkunst eröffnet. Natürlich gab es dort seine Kunst zu sehen, aber er bot an, daß auch andere Höhlenkünstler ihre Werke dort hätten zeigen können. Gegen eine kleine Verkaufskommission übernahm er auch den Verkauf der Werke.

In Aschau bei "Kunst und Höhle"

gezeigte Werke

 
Weitere Kunstobjekte von Ian  

Als ich 2008 einmal bei June MacLucas in Adelaide in Australien war, da fielen mir sofort an den Wänden die kleinen schwarzen Teile auf. Wie sich schnell herausstellte waren sie tatsächlich von Ian und hatten schon eine weite Reise hinter sich!

 

 Als 2015 der Weltkongreß der UIS in Brünn war, da traf ich erstmals persönlich auf Ian. Er hat ja das Amt des Repräsentanten der Kunstsektion der UIS übernommen und füllt es seither auch aus. Ich warnte ihn schon vor, daß ich eines Tages vor seiner Tür in Matienzo stehen könnte, um ihn dort zu besuchen. 

Das ist wirklich passiert. Im August 2017 war ich mit Günther Forstmeier tatsächlich dort. Die Unzulänglichkeiten des modernen Internetmedien zeigten sich sofort als ich die angegebene Adresse eingetippt hatte. Keine Reaktion. So eine Adresse kannte das siebenschlaue Netz noch nicht. Menschliche Intelligenz und Problemlösungsfähigkeit ist weiter gefragt. Wir fuhren zum Casa German, unterhielten uns mit dem Mann hinter der Theke, der bezeigte sofort, daß Ian nicht da war, daß er uns aber gleich hinbringen würde, wohin wir wollten. Wir wurden von einem Auto hindirigiert und schon kam uns Ian entgegen. Sein Gesicht war zu typisch, um nicht gleich wiedererkannt zu werden.

Er macht gleich eine ausführliche Haus- und Atelierführung. Eine Sternstunde. Von Null auf Hundert. Wir bekamen beide auch ein Geschenk. Sein Buch "In Sight of Light" - nicht leicht zu konsumieren, aber höchst gehaltvoll. Und sicherlich mehr wert, als einer der Teilnehmer unserer deutschen Höhlenforschergruppe kundgab: "Lesen? Man kann es ja zumindest zum Anheizen eines Feuers verwenden."

Ian brachte uns zurück zum Casa German. Dort ist ja das Materialzentrum der lokalen Höhlenforschung untergebracht. Im Toilettengebäude, das natürlich wichtig ist, weil man sich dort der wichtigsten Bedürfnisse entledigen kann, man sich auch mal wieder duschen kann und dort das allgemeine Materialdepot ist. Ian zeigt es uns und ging dann hinüber zum Speisesaal des CASA GERMAN. Im hinteresten Teil waren dort 3 Computer dauernd am Laufen, die ihren Fokus auf das Matienzogebiet haben. Außerdem gibt es dort das Logbuch, in dem man alle Touren einträgt und eine Tafel, die der Erfassung der momentanen Aktivitäten dient.

Später fuhren wir noch einmal zurück zu Ians Atelier und erfuhren noch mehr über ihm und sein Leben. Warum nur gibt ein etablierter Engländer, Dean einer technischen Universitätsabteilung seine Stellung auf, verläßt seine Familie und kauft sich ein Haus in Matienzo, um dort zu "leben"? Wie ist das Verhältnis zwischen den Engländern und den Spaniern? Viele andere Fragen schlossen sich auch noch an. Eine Leidenschaft Ians ist die Schaffung von Puppen, die er dann in Filmen einsetzt, wobei häufig die "Höhle" eine Rolle spielt, z.B. in seiner Verfilmung von "Alice im Wunderland".

Ganz spannend fand ich den Grundansatz von Ian: Die klassische Philosophie beginnt mit dem Licht. Siehe nur das Höhlengleichnis von Platon. Oder die Aufklärung! Ian sieht die Dunkelheit als das Primäre. Davon geht alles aus. Nicht vom Licht. Das Dunkel als Anfang. Der Ansatz stellt zuerst einmal alles auf den Kopf. 

Ian hat nicht nur kleine Skulpturen und Gemälde geschaffen, sondern sich auch sprachlich intensiv ausgedrückt. Ein Produkt davon ist sein Büchlein "In Sight of Light". (Im Internet 2017 auf AMAZON für 45,99 Dollar angeboten!) Darin heißen die Anfangsstrophen von "Black and Light", wenn man das oben Geschriebene kennt, überhaupt nicht überraschend:

"A dense black,
viscous enough to abdicate forward shuffles
gives a screen, 
a solid barrier
more stopping and secure
than a bank vault door..."

Außerdem produziert er auch Filme, auch solche, in denen die von ihm gefertigten Puppen eine große Rolle spielen. So hat er einen Film über den Stoff von "Alice in Wonderland" gedreht, hineinversetzt in die Höhlenforscherszene.

Zu erwähnen ist auch, daß Ian inzwischen eine namhafte Sammlung von Werken zeitgenössischer Höhlenkünstern hat, die in seinem Domizil in Matienzo zu sehen ist - sehr lohnend, die einmal zu sehen!

 

Im Atelier

 

 

 

Beteiligung an Höhlenkunstausstellungen:

2004 "Kunst und Höhle", anläßlich der Jahrestagung des Verbands der deutschen Höhlen- und Karstforscher in Aschau und der 50. Jubiläumstagung des VHM, organisiert vom Verein für Höhlenkunde in München e.V

Literatur:

Chandler, Ian Ellis In Sight of Light, wild places, 1998

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