Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
2019 Anthropospeläologische Führung zu Höhlen um Füssen
anläßlich der Tagung des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforser in Nesselwang
Höhlen rund um Füssen, Bayern, D
Bei der Verbandstagung in Nesselwang 2019 möchte ich eine Reihe von anthropospeläologischen Führungen fortsetzen, die ich in Garmisch 1997 begonnen habe. Die nächste war 2004 in Aschau. Nun also Füssen.
Der Schwerpunkt liegt auf dem Thema "Mensch und Höhle". Der liegt wo anders, als bei vielen, die sich als "Höhlenforscher" gerne bezeichnen. Für die ist "Neuland" der Leuchtstern. Höhlen, die schon erforscht sind und in denen es nichts mehr zu entdecken gibt, gelegentlich sogar nur "angeblich", interessieren sie nicht. Sie folgen dem klassichen Paradigma, daß man vorher "Unbekanntes" in "Bekanntes" umwandelt. Man zeichnet dann einen Plan, beschreibt die neuen Räume, veröffentlich vielleicht sogar einiges darüber, manches verschwindet auch in sog. "Katastern", die nur wenigen überhaupt zugänglich sind.
Hier geht es um etwas anderes. Der Mensch hat viele Höhlen schon seit Anbeginn gekannt. Wenn er sie für seine Zwecke nützen konnte, dann hat er das getan. Wenn es anders war, ging dieses Wissen auch wieder in die Vergessenheit. Falls es noch irgendwelche Aufzeichnungen darüber gibt, können später die Menschen sie wiederentdecken und sie im Lichte der jeweiligen Lebenszeit neu einschätzen.
Da kann dann eine Höhlenburg, von der noch letzte Reste stehen, ein wenig neu restauriert werden und ins Tourismusprogramm aufgenommen werden. Da kann eine Höhle zwar mal gefunden worden sein, aber keiner konnte damit wirklich etwas "anfangen". Dann kam ein "Fledermausschützer" vorbei und war magnetisiert davon daß da stand, daß man "Tausenden von Fledermäusen" drinnen begegnet sei. Das führte dazu, daß besser nicht davon geredet wurde, weil man die Priorität eines wenig bekannten Aufenthaltsortes für diese Tiere sehr hoch ansetzte. Um eine Höhlenskizze kann es sogar zu einem Gerichtsprozeß kommen, weil für manchen die Verfügungsgewalt über solche menschlichen Produkte in Frage steht, was zu schwersten Verwürfnissen in der Gilde der "Höhlenforscher" geführt hat. Schriftliches gibt es über die "Affaire" bislang wenig in der Öffentlichkeit. Es soll immerhin 3.000 Euro dem Verein für Höhlenkunde in München gekostet haben. Und zwischen den "Konfliktparteien" sei "Verschwiegenheit" vereinbart worden, woran sie sich scheinbar halten. Aber angehen tut das uns alle - und da ist das "Unter-der-Decke-Halten" dieser in der Geschichte der Höhlenkunde einzigarten Vorgangs vollkommen unproduktiv! Ich habe einmal den damaligen Vorsitzenden des VHM, der Protagonist der juristischen Behandlung des Vorgangs war, gefragt, ob er jemals in der Höhle gewesen sei. Die Antwort: Nein. Wir schauen uns einmal diese Höhle an und werden sehen, was? Jedenfalls ist da viel mehr, als auf der Planskizze zu sehen ist. Einen richtigen "Plan" nach heutigem Verständnis gibt es immer noch nicht!
In der Drachenköpflhöhle habe wir eine ganz kleine Höhle vor uns, wo es einfach an einem Berghang hinein und kurze Zeit später wieder hinaus geht. Ein Lehrer hat schon einmal die Kinder seiner Schulklasse hineingeführt und alle wieder hinausgebracht. Er kannte die Höhle und dachte, daß das etwas sei, was für die Schüler förderlich wäre. So haben wir überhaupt davon erfahren und sie dann später erforscht und vermessen. Auch dorthin soll es gehen. Das Wundersame ist, daß es in dieser Gegend überhaupt eine Höhle gibt! Die Berge sind weit hinter uns. Wieder so ein Zeugnis einer Zeitperiode, die weit weit zurückliegt......
Es gibt noch ein ganze Reihe weiterer Höhlen in der Umgebung, aber wie hat schon Goethe gesagt: "In der Beschränkung zeigt sich erst der wahre Meister".
Die Tour hat tatsächlich stattgefunden. 2 Führer und 4 Gäste
waren dabei und haben sich von 9 Uhr früh bis 18 Uhr abends vergnügt. 6
Männer und eine "Quotendame", die höchst kompetent vieles inhaltlich
beitrug und zwei der Objekte ja eh schon kannte. Zuerst fuhren wir zur
Höhlenburg bei Pinswang, die nach einem kurzen Aufstieg von 15 Minuten den Berg
hinan unschwierig erreichbar war. Wie aus einem riesigen Fenster schauten wir
aus dem 60 m breiten, 20 m hohen und bis zu 12 m tiefen Portal hinaus auf die
Tiroler Landschaft. Ließ es sich gut hier leben? Wohl kaum, vielleicht etwas
sicherer als unten im Tal, aber wovon wollte man hier oben leben? Jeder Schluck
Wasser mußte herauftransportiert werden. Wie vertrieb man sich die Zeit? Eine
große Informationstafel am Beginn des Weges zur Höhle zeigt, wie gut man heute
schon Bescheid weiß. Die Zeit der Höhlenburgen war vorbei, als Maximilian I
starke Kanonen gießen ließ, mit deren Hilfe man jede Mauer aus der Ferne
zerschmettern konnte - der technologische "Fortschritt" walzte auch
hier alte Strukturen bis auf die Grundmauern nieder.
Anschließend fuhren wir zum viel besuchten Alatsee und hatten großes Glück
bei der Parkplatzfindung. Gleich waren die Rucksäcke gepackt, das Höhlengraffl
verstaut und wir konnten dem Seeweg nordwärts folgen. Willi, mein Co-Führer
kannte die Lage der gesuchten Lohrerhöhle noch besser als ich und so fanden wir
sie auch ziemlich schnell. Diese vor bald 100 Jahren von einem Holzfäller
entdeckte Klufthöhle war einmal ein bedeutsames Fledermausquartier. Ihre
anthrospeläologische Bedeutung erhielt sie durch einen teuren Zwist zwischen
der früheren Vereinsleitung des Vereins für Höhlenkunde in München und dem
ehemaligen Katasterführer für dieses Gebiet. Worum es genau gegangen ist, das
wissen nur die unmittelbar Beteiligten, es heißt, es sei so eine Art
"Hahnenkampf" zwischen zwei "Gockeln" gewesen, aber er hat,
nach meinen Informationen, die nicht unbedingt richtig sein müssen, dem VHM
z.B. 3.000 Euro Rechtsanwaltsgebühren gekostet und mit einem Schweigegebot für
alle Seiten geendet. Wir haben die Höhle bis in ihre letzten Winkel aufgesucht
und es ist nicht ausgemacht, daß es da nicht auch weitergehen könnte.
Eine weitere Höhle stand noch auf dem Programm, das Drachenloch bei Eisenberg.
Das Wetter wendete sich, es regnete stark. Wir flüchteten unter die
Sonnenschirme der Schloßbergalm und gönnten uns ein Mittagessen. Eine
Regenpause nützten wir, um in 10 Minuten den Gipfel des Drachenköpfls zu
erklimmen, uns umzuziehen und dann in dem engen Eingangsloch zu verschwinden.
Offenbar gehen da einige Leute hinein. Jedenfalls hingen gleich zwei Stricke
hinunter. Ein dünneres und ein richtiges Turnhallenkletterseil. Je nach
Bauchumfang war es mehr oder weniger leicht möglich, da hinunter zu gelangen.
Ich jedenfalls mußte zwei Anläufe leider schon nehmen. Dann geht es ja in
niedrigen, schlammigen, gewundenen Höhlenstrecken immer weiter - bis
schließlich sich wieder Tageslicht zeigt und man auf relativ trockenem Boden
wieder kriechenderweise am zweiten Eingang wieder herauskommt. Die Erde hatte
uns wieder. Das war schon so eine Art "Durchschlupfbrauch" und ich
erzählte ein wenig von dieser skurilen Seite des Verhältnisses von Mensch und
Höhle. Wir eilten zurück zur Schloßalm und suchten unter dem
Sonnen-/Regenschirm nach einem einigermaßen trockenen Plätzchen, um uns
umziehen zu können.
Dann galt es nur noch zurückzukehren nach Nesselwang und zu schauen, wo man
etwas zum Essen bekam. Ich habe viele zufriedene Gesichter gesehen. Indem man
gemeinsam sich auf einer solchen Tour bewegt, lernt man sich gut kennen - ein
Schnellkurs auch in Menschenkenntnis. Auch nicht schlecht.
Bei der Abzweigung zum "Höhlenschloß" Pinswang | ||
Am Alatsee | ||
Lohrerhöhle | ||
Am Drachenköpfl | ||
Literatur:
Links:
Höhlen rund um Füssen, Bayern,
Höhle-Religion-Psyche / ein kurzer historischer Abriß
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