Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle



Die Forschungstage der FHKF auf der Hersbrucker Hütte, Fränkische Alb

vom 26.-29. Mai 2022


"cave searching" - Freizeitbeschäftigung mit ungewissem Ergebnis; eventuelles Einfangen von Katarrhen, Erkältungen, Zeckenbissen oder Pilzvergiftungen nicht ausgeschlossen." Das Zitat stammt aus "Der grosse Polt" von Gerhard Polt. Bei ihm steht allerdings bei "cave" "mushroom", Hoffentlich verzeiht er mir, die Falschzitierung, aber im "Nachwort" des Buches heißt es ja auch: "Das vorliegende Buch will eher als Mach- denn als Werk verstanden werden."


 

Endlich. Nach einer langen Pause wegen der allgemeinen Coronakontaktbeschränkungen war es wieder möglich, die schon Tradition geworden "Forschungstage" durch die Forschungsgruppe Höhle und Karst fortzusetzen. Sie dauerten vom 26.-29. Mai 2022.

Am Donnerstag war für die Ankunft "bis 10.30 Uhr" angegeben, was nur wenige Teilnehmer auch wirklich taten. Um die Mittagszeit füllte sich das Gelände und gegen 14 Uhr begann tatsächlich das Programm. Den Nachmittag bestritt Dieter Preu unter dem Motto "Dem Wasser auf der Spur". Wir saßen alle in dem kleinen Nebengebäude auf mehreren Bänken, dem "Saal", und lauschten den kundigen Ausführungen zum Thema "Wasser und Höhle". Oben rein und unten raus. Ganz so einfach ist es eigentlich doch nicht, "Wo das Nichts ist, ist immer noch etwas anderes, das sich nicht zu erkennen gibt" (Chargaff), aber eine Diskussion darüber hätte den reibungslosen Ablauf durcheinander gebracht. Nach der Theorie die Praxis. Wir stiegen in die Autos und fuhren zum nächsten großen Karstwasservorkommen. In Simmelsdorf beim Spielplatz bzw. bei der Diepoldsdorfer Mühle wurde die Schnaittach von uns untersucht. Zwei Methoden wurden verglichent. Die Instrumentengruppe verwendete einen Propeller an einer langen Stange, der ins Wasser eingetaucht wurde, die Messung mit Hilfe eines "Hydrometrischen Flügels". Ein elektronisches Meßgerät hielt die Zahl der Umdrehungen fest und mit Hilfe einer Formel, in die auch der Bachquerschnitt einging, wurde dann ein Zahlenwert ermittelt. Die anderen vermaßen erst einmal die Länge der Schnaittach zwischen zwei Brücken mittels eines Maßbands und schauten dann auf ihren Uhren, wie lange das Meßobjekt, ein Sektkorken, brauchte, um von Brücke A bis zur Brücke B zu kommen, die "Schwimmermethode. Einmal kam der Korken einem tief in den Bach hängenden Zweig gefährlich nahe und drohte den Versuch zu verhindern. Dann tauchte er aber am anderen Ende tatsächlich wieder auf und verdarb das ernste Spiel glücklicherweise nicht. Am Ende verwendete man dann die Rechenkunst und kam dann wiederum zu einer Zahl. Die Werte sollten sich mindestens ähneln. Die Flügelmessung ergab 274 l/s, die Schwimmermessung 306 l/s. Die Abschätzung der Wassermenge gelang also ziemlich gut. (Quelle: FHKF-Blitzlicht 68, Autor D. Preu).

Dann ging es zurück zur gemütlichen Hersbrucker Hütte, wo man leicht das Getümmel auf unserem Planeten verdrängen konnte. Der Grill wurde aktiviert, Bernd Nerreter, 1. Vereinsvorstand, spielte den großen Grillmaster, das Küchenteam sorgte für die köstlichen Beilagen, das Bier kam aus gesponserten Bierfässern oder aus dem Getränkelager im Hüttenkeller - die materielle Basis für einen gelungenen Abend im Lichte der untergehenden Sonne war gesichert. Einige hielt es noch lange draußen auf der Terrasse, viele verzogen sich in den geheizten Aufenthaltsraum. Zum Schlafen konnte man ins Matratzenlager, ins Zelt oder in die automobile Schlafbasis. Keiner blieb übrig.

Der Freitag begann mit einem lukullischen Frühstück, das sehr gefördert wurde durch den Extraeinsatz eines Freiwilligen, der sich früh aufgemacht hatte, um in einer nahen Landbäckerei frische Semmeln und Brezn zu besorgen. Käse, Wurst, Marmelade, feinen Kuchen....frischen Kaffee. Nichts fehlte, um gut in den Tag zu kommen. 
Dann kam ein Schmankerl für das Programm: eine Busreise unter dem Motto ""Schluchten, Vulkane und ein seltsamer Pfarreer", ein geologischer und historischer Streifzug entlang der Fränkischen Linie". Der Joker: Hardy Schabdach. Seine detailreichen Kenntnisse der Geschichte, der Geologie und der Region teilte er ungeteilt mit uns. Das sog. "Teufelsloch" bei Oberweiz, das Ulmersgrab bei Nemmersdorf und der Waldecker Schloßberg und der Galgenberg bei Kemnath waren die nächsten Stationen. Auch hier konnten wir die Erfahrung machen, daß man es einen Unterschied macht, ob man einfach etwas nur eine Oberfläche anschaut oder auch noch, gewissermaßen, durch die Erläuterungen auch noch, bildlich gesprochen, einen Blick hinein oder darunter werfen kann. Ein "Serpentinit", den wir in der Hand hielten, ein kleines Steinchen aus der Umgebung, heißt eben so, weil darin schlangenähnliche Strukturen zu sehen sind. Hier eine lange Beschreibung zu liefern, was wir alles gesehen haben, wäre nicht angebracht. Entweder fährt man mit und bekommt etwas mit - oder man bleibt halt zuhause und .... Am Ende begann es zu regnen und wir waren müde. Zurück zur kuscheligen Hütte, dem schmackhaften Abendessen, der ruhigen Unterhaltung am Holztisch oder der Beteiligung an einem "Wizzardkartenspiel".... 

Samstagmorgen...Der ähnelte dem Vortrag. Heute stand der "Hohle Berg" bei Burggailenreuth im Fokus. Verschiedene Aktivitäten waren möglich. Dominant waren Arbeiten in der Zoolithenhöhle. Mehrere Teilnehmer stellten sich zur Verfügung und widmeten sich stundenlang dem "Schlämmen". Das aus der Tiefe der Höhle geholte Material wurde aus den Kübeln auf ein Sieb ausgeschüttet und mit Wasser vorgereinigt. Anschließend wurde das Zwischenergebnis sehr gründlich von 2 Leuten genau untersucht und geputzt. Die "Guten" kamen ins "Töpfchen", das andere in Plastikeimer, die später mit einem Aufzug außerhalb des Eingangs in die Höhe gezogen und oberhalb der Höhle abgelagert. Michel Conrad, der "supervisor" des Projekts, war am Ende sehr zufrieden. Eine zweite Gruppe vermaß verschiedene Partien der Eingangshalle gründlich mit dem Disto-X und erstellte einen genauen Plan. Der wurde dann später mit dem verglichen, was eine Gruppe, die sich oberhalb der Höhle im Gelände mit der Wünschelrute bewegte und versuchte, die Halle unterhalb mit ihren speziellen Methoden an der Oberfläche zu erkunden. Noch eine Gruppe gab es: die Fotogruppe. Matze Conrad hatte sich bereit erklärt, sich dem Thema "Fotographie in Höhlen - Motie und Ausleuchtung" zu widmen. Das sollte nicht im Stile "guru-disciple" geschehen, sondern eher als "Learning by doing" oder "Wir lernen gemeinsam". Erst ging man in die Schwaigelshöhle und probierte verschiedene Belichtungsvarianten aus, dann in die Zoolithenhöhle, wo insbesondere versucht wurde, 3 Stalagmiten vor einen möglichst schwarzen Hintergrund aufzunehmen. 
Ich war mal hier, mal dort dabei. Vorher hatte ich noch die 10-Uhr-Führung in die Teufelshöhle mitgemacht. Das wirklich sehr lohnend, da der letzte Besuch schon viele Jahre her gewesen war. Was man nicht alles wieder vergißt! Daß gleich nach dem Eingang eine große hohe Halle kommt, keinen Schimmer hatte ich mehr davon. Die Beleuchtung hat man inzwischen längst schon moderniert und eine manchmal kräftige farbige Beleuchtung eingeführt. Manchem mag das nicht gefallen, aber ohne ein gewisses "enhancement" gehts halt heute oft nicht mehr. Auffallend war auch das sehr freundliche Personal, der Mann an der Kasse, die Führerin, was sehr angenehm für uns Besucher war.
Da versuchte ich alleine die Zoolithenhöhle zu finden, was nicht ganz einfach für mich war. Es wurde zum Zickzackkurs, aber schließlich leiteten mich dann doch die Stimmen der anderen zum hochgelegenen Eingang. Drinnen war eifriges Werkeln angesagt, überall tat sich was. Sogar für Dieter war eine Aufgabe da. Er gab den zufällig vorbeikommenden Touristen gründliche Einführungen in die Höhlenforschung. Ich strebte weiter und stieß schließlich auch auf die Fotogruppe. Da leuchteten noch in den zwei Endräumen die raffiniert drapierten Lampen, die ein stimmungsvolles Ambiente erzeugten. Unsere Wege trennten sich wieder und ich traf auf den Rest der Forschungstagegruppe abends auf der Hütte.

Sonntagmorgen. Diesmal ohne frische Semmeln und Brezn, weil der Bäckerladen geschlossen hatte. Keiner verhungerte, weil immer noch genug an Speis und Trank vorhanden war. Das Programm bestand noch aus dem Aufräumen und Putzen der Hütte. Dann zogen viele noch zur Breitersteiner Bäuerin, um sich dort in SRT-Technik fortzubilden. Alles im allem - eine gelungene Veranstaltung. Was ich vermißt habe, das ein wenig die Katasterarbeit, die bislang ein wesentlicher Teil der Forschungstage gewesen war, aber vielleicht gehen ja langsam die Objekte aus, die noch nicht vollständig katastermäßig erfaßt sind.

Am Schluß soll hier einfach allen gedankt sein, die sich hier engagiert haben, vom Semmelholen bis zum Geschirrspülen, vom Geldeinkassieren bis zum Fachvortraghalten.

"Nicht stören sollen die Nachkommen meine Gebeine." Aufschrift auf der Ulmers-Grabplatte Mit dem "Pickel"-Bus unterwegs in Nordbayern
Zoolithenhöhle

Literatur:

Chargaff, Erwin (1981): Unbegreifliches Geheimnis - Wissenschaft als Kampf für und gegen die Natur, Klett-Cotta, Stuttgart

Plan, Lukas, Spötl, Christoph (2016): Epigene Karsthöhlen, S. 35-48, in: Spötl, C., Plan, L., Christian, E., hrsg. von, 2016, Höhlen und Karst in Österreich, Oberösterreichisches Landesmuseum

Polt, Gerhard (2017): Der grosse Polt, Kein & Aber, Berlin - Zürich

Links 

https://www.dav-hersbruck.de/index.php/huette/die-hersbrucker-huette

https://kemnath.de/zielgruppen/schlossberg-waldeck mit virtuellem Rundgang durch die Felsenkeller

https://www.fhkf.de/


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