Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen um Streitberg, Fränkische Schweiz
1905 passierte ein Jahrhundertereignis in diesem heute noch als "Luftkurort" bezeichneten Teil der heute "Markt Wiesenthal" heißenden Gemeinde. Der Eingang in die Binghöhle wurde entdeckt und bereits im nächsten Jahr eröffnete die Schauhöhle.
Touristen kamen schon früher hierher. Der Pfarrer Engelhardt aus Königsfeld beschrieb die Situation 1868 so: "Die romantischen Thäler bis zum Ursprunge der Wiesent und Aufsees sollten die Reisenden bis an die Quellen locken, so aber bleiben sie gewöhnlich in den Gasthäusern von Muggendorf und Streitberg sitzen und begnügen sich von Felsen, Forellen und etwas Epheu auf der Rückkehr zu schwärmen." Die Wirte dort hat es sicherlich gefreut.
1828 beschrieb Engelhart den Ort so: "Streitberg selbst zeigt isch zur Linken, in Fruchtbaumgärten bald versteckt, und über dem Dorfe auf steilen Felsenrücken das alte Schloß, dessen Glanz in die Zeit der Ritterfehden und Turniere fällt, und das mit diesen bis zu kaum bewohnbaren Trümmern herab gesunken ist." (S. 217)
Den besten Überblick über den Ort gewinnt man von der Burg, deren Besteigung auf jeden Fall sich lohnt. Hoch über Streitberg ruhen auf einem Kalksteinfelsen noch die Mauerreste, von denen aus atemberaubende Fern- und Draufblicke möglich sind.
Ein sehr beliebter Spaziergang führt vom Ort aus auf einem breiten Spazierweg zur Muschelquelle. Gleich daneben öffnet sich das Portal des Schneiderlochs, dessen Eingangsteile leicht mit einer Taschenlampe erkundbar sind. Etwas oberhalb in der Felswand sieht man schon den Eingang in die Brunnholzhöhle und irgendwo in der Nähe soll auch noch der Eingang in die Zeugengrotte sein. Ein ausgetretener Pfad führt höher und oberhalb der lotrechten Felswand über der Muschelquelle zurück Richtung Burgruine - sehr empfehlenswert.
Auf der anderen Talseite ist die Ruine der Burg Neideck gut zu sehen. Die Neideckgrotte steckt dort in den Felsen.
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An der Wiesent bei Streitberg | |
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Auf dem Höhenweg Binghöhle - Pavillion | |
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Im Ort: lauter Höhlenbezüge | |
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Auf dem Weg zur Burg | |
Dekoration an einem Haus direkt neben der Burg | ||
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Im Garten des Hauses direkt neben der Burg - hierhin sind die Tropfsteine aus den Höhlen gebracht worden! | |
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Blicke von der Burg | |
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Bei der Muschelquelle Eingang Schneiderloch |
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Im Schneiderloch 2012 |
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Brunnholzhöhle | |
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Karstquellen im "Langen Tal", die temporär aktiv werden | |
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Wechselt man auf die Südseite des Wiesenttals, dann dominiert
dort die Neideckburg. Sie ist in 20 Minuten Fußmarsch einfach vom Freibad aus zu
erreichen. Vom allzeit zugänglichen, restaurierten Burgturm hat man einen
***-Blick auf das tief unterhalb von einem liegende Flußtal hinauf bis
Muggendorf und hinab bis in Richtung Forchheim.
Kaum mehr nachvollziehbar ist heute, was einmal Moritz Arndt über die Neideck
geschrieben hat: "Die Ruinen von Neideck sind die schönsten Trümmer, die
ich bis jetzt auf deutschem Boden sah; die größten und romantischten, die ich
je gesehen habe. Tausend Schlösser mögen höher und lieblicher, und weit
aussehender gelegen haben, wenige aber so stattlich und sicher als dieses, bis
das Pulver die Schlösser und Ritter nieder warf." (zitiert nach Engelhart
218).
Unterwegs ist man an einem großen Wegweiser zur "Neideckgrotte" vorbeigekommen.
In wenigen Minuten ist diese besonders in der Winterszeit besucheswerte kleine
Höhle zu erreichen. Kommt man im richtigen Augenblick, dann sieht man in den
tagnahen Teilen viele der reizvollen Eisfiguren.
Joseph Heller bezeichnete 1829 die damals noch "Felsengrotte bei Neideck"
heißende Höhle so: "sie gehört unter die schönsten Gegenstände der Muggendorfer
Umgebung und liegt hinter Neideck gegen den Hang zu. ...der Weg "ist aber sehr
beschwerlich und nicht leicht zu finden. Dort wird man am Ziele reichlich
entschädigt, indem man hier ein halbzirkelförmiges, 20 Sch. breites, 24 Sch.
hohen Felsenthor findet. Rechts und links öffnen sich großartige Gänge, deren
ersterer zu einem geräumigen, mit Tropfsteinen überzogenen Gewölbe führt. Die
Wölbung links ist von der einen Seite offen, und gewährt dadurch eine schöne
Aussicht in das Thal. Auch bemerkt man beira ersten Eingang einen geborstenen
Felsen, welcher gleichfalls einen mit Tropfsteinen verzierten Gang hat." Was
fast 200 Jahre Wahrnehmungsgeschichte doch verändern! Wer würde sich heute noch
trauen, bei dieser kleinen Höhle von "großartigen Gängen" zu sprechen? Unser
Wahrnehmungsspektrum von den Naturschönheiten der Erde hat sich so erweitert,
daß das allenfalls, global gesehen, nur noch unter "ferner liefen" aufgeführt
werden könnte. Lokal betrachtet, da ist auch diese Höhle einen oder zwei Besuche
wert. Erst zuhause habe ich dann gelesen, daß es da noch eine weitere kleine
Nebengrotte gibt, erreichbar über ein Felsband und mittels eines Stahlseils, die
ich bei meinem Besuch im Januar 2013 vollkommen übersehen hatte. Irgendwann
setze ich auch noch diesen Stein zu meinem persönlichen Welthöhlenpuzzle dazu!
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Literatur:
Baier, A. | Das Karstgebiet von Streitberg (Nördliche Frankenalb). Eine Untersuchung der Karsttektonik und der Grundwasserverhältnisse im seichten Karst.- Geol. Bl. NO-Bayern 63, 1-4: 13-53, Erlangen 2013. |
Bing, Ignaz | Tales from my Life - Memoirs of a merchant und cave explorer in Germany 1840-1918, 2014 |
Engelhardt, Joh. | Urwohnungen und Funde aus der Steinzeit, Bericht
der naturforschenden Gesellschaft Bamberg – 8: 55 - 91 https://www.zobodat.at/pdf/Bericht-Naturforsch-Ges-Bamberg_8_0055-0091.pdf |
Engelhart, Andreas | Prachtwerke der Unterwelt, Verlag Franz Ludwig 1828 |
Heller, Josef | Muggendorf und seine Umgebungen oder die Fränkische Schweiz, Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1829, Palm & Enke, Erlangen 1979 |
Kellermann, Chr. | Die Geschichte der Binghöhle, eines Meisterwerkes der Natur, F. Rosenfelds Druckerei Nürnberg |
Lang, Stephan | Höhlen in Franken - Ein Wanderführer in die Unterwelt der Fränkischen Schweiz, Verlag Hans Carl, Nürnberg 2000 |
Linder, Dr. Hugo | Die Höhlen der Fränkischen Schweiz, in: Die Höhle in Sport Wissenschaft und Kunst, München 1922 |
Neideck, Heinrich von | Heinrich Von Neideck - Titel - Drucke des 18. Jahrhunderts (VD18) |
Schabdach, Hardy | Unterirdische Welten - Höhlen der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz, Verlag Reinhold Lippert, Ebermannstadt 2000 |
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