Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Laneittutal, Sardinien, I


Su Gologone - Blick in die Tiefe der größten Karstquelle Sardiniens mit den aufsteigenden Wasserblasen der Taucher


Badde Pentumas

Su Ventu-Sa Oche

Tiscali


 

Das Laneittutal liegt an der Ostflanke des Monte Corasi, dessen Gipfel 1463 m hoch ist. Er gehört zum Gennargentumassiv im Herzen Sardiniens, wo nach Norden zu auf dem Granitsockel eine dicke Schicht aus Jurakalken aufliegt, das Supramonte heißt. Das Tal selbst nicht auffallend, eher nur eine kilometerlange Einsenkung zwischen zwei Bergzügen, ganz anders als etwa die Cala di Goroppu, wo die Felswände sehr eng aneinander treten und spektakuläre Felsformen zu bewundern sind.

Der Talgrund wird heute hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt für den Weinbau. Ein paar Ziegenherden gibt es vielleicht heute auch noch. Ob es heute auch noch Hirten dafür gibt? Am Eingang des Tales existiert seit vielen Jahren ein gut gehendes Hotel, das Su Gologone mit einen großen Angebot für Touristen und einem ausgezeichneten Restaurant. Ansonsten für in das Tal ein 5 km langer Schottersweg von der Hauptverbindungsstraße Oliena - Dorgali hinein, der am Ende bei kleinen Hirtenhütten endet. Von da geht es nur noch zu Fuß auf schmalen Pfaden durch die Schluchten und Steinfelder.

Im Tal des Rio Cedrino

Blick Richtung Eingang Laneittutal

Im Laneittutal
Blick auf die westliche Talflanke
des Laneittutals
Karren

Es mutet deshalb schon ein bißchen seltsam an, daß da in der Landschaft immer wieder große gelbe Tafeln zu sehen sind, die auf unterirdische Schönheiten hinweisen, von denen meistens überhaupt nichts zu sehen ist, deren Name aber das schon mal angeschrieben steht: "Villagio prehistorico di Tiscali, Su Ventu, Helie s'Artas.." Wer diese Orte wirklich selber gefunden hat, der hat einen ausgezeichneten Spürsinn bzw. viel Glück gehabt. Darum steht in allen Führern, daß, wer z.B. Tiscali selber besuchen will, sich einen Führer nehmen sollte, weil der Ort wirklich schwer zu finden ist. Ansonsten riskiert er, daß er stundenlang vollkommen nutzlos in dem felsigen Gelände herumirrt und sich am Ende noch verletzt, was jederzeit bei den messerscharfen Felsen möglich ist.

Zwei Höhlenkomplexe sind am leichtesten erreichbar und für jeden geeignet. Der Weg zurgroßen Su Gologone-Quelle in einer Höhe von 112 m über dem Meere ist bestens ausgeschildert. Vom Parkplatz am Ufer des Rio Cedrino sind es nur ein paar Meter bis zur kleinen Kirche St. Giovani. Gleich daneben öffnet sich der meist bläulich schimmernde längliche Quelltopf, aus dem ständig glasklares Wasser emporsteigt, unterhalb einer Kalkfelswand. Im Gelände oberhalb gibt es einige weitere Schächte, die wieder bis hinab auf den Wasserspiegel führen. Eine zweite Quelle, 50 m westlich davon, hängt mit der Hauptquelle zusammen und wird für Bewässerungszwecke genutzt. Die mittlere Quellschüttung beträgt 400 l pro Sekunde im Sommer.

Natürlich ist die Quelle auch von Tauchern schon besucht worden. 30 m weit geht es in einem Schacht hinunter, dann würde der Gang zu eng, um ihn noch mit aufgeschnallten Luftzylindern befahren zu können. Englische Höhlentaucher kamen 1981 ein wenig tiefer, bekamen aber Bedenken wegen der narkotischen Effekte des Nitrogengases. Eine ihrer Unternehmungen war mal ein "picking trip". Sie sammelten all das Geld wieder ein, das die Besucher der Quelle in den Topf geworfen hatten, wohl in dem Glauben, daß ihnen das Glück bringen würde. Es ist schon seltsam. In der berühmten Vauclusequelle im Süden Frankreichs haben die Taucher auch Münzen gefunden. Die ältestesten stammten noch aus Römerzeit! An ganz verschiedenen Orten in ganz verschiedenen Zeitperioden - ganz ähnliche Handlungen und Bräuche. B.C.T. Hague, der englische Taucher, jedenfalls kam mit einem Berg Liremünzen jedenfalls wieder hoch, die den Gegenwert von 4 englischen Pfund hatten. 1989 kam der Schweizer Höhlentaucher Oliver Isler noch tiefer und weiter. Mit einem Heliumgemisch in den Flaschen konnte eine Engstelle auf - 74 m überwunden werden. Man kam noch 50 m weiter, aber bei -82 m Tiefe, da erschien es niemand mehr für vertretbar, weiterzumachen. Dabei muß da noch eine riesige Höhle sein!

Bemerkenswerterweise gibt es Kilometer von dieser Stelle entfernt auch einen Wasserspiegel in einem Höhlensee, der genau diese Höhe hat - 112 m über dem Meere in der größten Höhle des ganzen Gebiets - dem Su Ventu-System, was sicherlich kein Zufall ist. Zumindest im Moment ist zu diesen unterirdischen Strecken noch kein Zugang gefunden worden. Und ein Färbeversuch im Jahre 1999 hat noch viel Überraschenderes zu Tage gebracht. In der 25 km Luftlinie entfernten Höhle Su Rutte e s'Edera im Supromonte de Urzulei-Gebiet gelegen hatte man10 kg Farbe in einen Höhlenbach eingegeben. 70 Tage mußten die Beobachter warten, sie hatten wirklich schon alle Hoffnung aufgegeben, eh die grüne Farbe im Wasser der Su Gologone-Quelle einfach nicht mehr zu übersehen war. Das Wasser durchquert also praktisch das gesamte Kalkgebiet des Supramonte von Süd nach Nord und überwindet einen Höhenunterschied von 700 Metern! Was für ein riesiges Höhlensystem sich hier befindet.

Edu Koch am Rand des Quelltopfs  

Eine Schotterstraße führt ins Tal hinein, vorbei an einigen Steinbrüchen. Wer genau hinschaut, der sieht auch hier schon kleine Höhlen in den Felswänden. Staubig gehts dahin bis von rechts ein bewaldeter Hang sichtbar wird, in dem deutlich sichtbar ein Höhleneingang klafft - der Eingang zur Sa Oche.

In der Nähe steht ein Häuschen, das heute als eine Art Höhlenforscherunterkunft und Stützpunkt für Touren in die Umgebung betrieben wird. Naturschönheiten, verborgene und offen daliegende gibt es genug  in der Umgebung.

 


 

Literatur:

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Paschino, Antonello Lanaitto 1981 e 1982, Bollettino Sassarese 7-1983
Columbu, Michele Nota Speleologica e Archeologica sulla Dolina di Tiscali, Atti VIII Congresso, Como 1958 p 204ff.
Brasey, J. (Tom Pouce) Sorgente "Su Gologone", Stalactite 39, 1, 1989
Fercia, Stefano, Pappacoda, Mario In Attesa del Colpo Grosso, Speleologia 27, 1992 p 22ff
Occhipini, P. Carrus, F. La Voragine di Tiscali, Speleologia 13-1985 p 22ff
Wright, Kym and Buster It's Better than Sex, Caves & Caving Winter 1996, p 29ff.
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G.C. La speleologia al servizio dell'agricoltura, Gruttas e nurras 2-1974 p 11ff
Cordingley, John Sardinia 1981, caves & caving pp14-15
Gobetti, Andrea L'Italia In Grotta, Gremese Editore, Roma 1991
Murgia, F. Il sistema carsico facente capo alle sorgenti di su Gologone: stato attu delle conoscenze, Gruttas e Nurras, maggio 1999

Links:

 


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