Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Coves d'Artà, Mallorca


Im Halblicht des Eingangs, Nov. 2004


"Such subtile filigranity and nobless of construccion
Here fraternise in harmony, that respiracion stops.
While all admit their impotence (though autors most formidable)
To sing in words the excellence of Nature's underprops,
Yet stalactite and stalagmite together with dumb language
Make hyms to God wich celebrate the strength of water drops..."
Robert Graves, Wellcome to the Caves of Arta


Die Artahöhle hat eine Traumlage für eine Höhle. Direkt am Meer, etwa 50 m darüber, mitten in einem steilen Felsgelände. Eine schmale Straße von Capdepera her ermöglicht den bequemen Zugang. Im November 2004, als wir, Alfred Schlagbauer und ich, mal da waren, ging es ruhig zu. Nur eine Handvoll Autos parkten unmittelbar unter dem riesigen Höhlendach von bis zu 25 m Höhe und 90 m Breite, das sich abschnittsweise auch noch über die Autos wölbt. Vor der Kassenhäuschen stand ein kleiner Spieltisch, wo sich 4 Männer intensiv einem Brettspiel hingaben, die Frau an der Kasse nahm uns, landestypisch, ein Heidengeld als Eintrittsobulus (9 €) ab, aber immerhin gab es hier nicht den Verbotsschilderwald wie bei der Drac und der Hams. Man durfte dort fotographieren und davon wurde von vielen intensiv getan. Was bloß mal mit all diesen Bildern geschieht?

Durch den großen Eingangsverbruch ist inzwischen ja ein großer Stollen gebrochen worden, so daß man bequem horizontal in das "Vestibül" kommt. Die Ausmaße sind gewaltig: 75 m lang, zwischen 20 und 40 m breit und 15 bis 25 m hoch. Üppigster Tropfsteinschmuck überall. Der nächste Raum ist die "Halle der 1000 Säulen" und wer wäre schon so kleinlich und würde nachzählen, damit er dann exakterweise sagen könne, es seine in Wirklichkeit nur 821? Dominiert ist die Halle von einem 22 m (die Höhe liest und hört man noch heute - dabei hat schon 1869 Martel mit Hilfe einer Montgolfiere, einem Ballon, nur 15 m gemessen und das auch publiziert, aber wer liest schon so etwas?) hohen Tropfstein, der nur noch wenig, aber immerhin, Freiraum bis zur Decke hat. Den wollte im Jahre 1841 mal eine spleenige englische Firma dem Besitzer für 25000 Pfund Sterling abkaufen, aber irgendwie kam das Geschäft dann doch nicht zustande und so ist er heute noch dort.
Danach kommt der Eingang in die "Hölle", dezent angedeutet durch feuerrotes Licht, das hinter einem Tropfsteindurchgang dorthin weist. Eine Ton-Wechsellicht-Schau unterhält den Besucher, das muß schon sein auf Mallorca. Was bei uns im Wald die Bäume sind, das sind da die Tropfsteinsäulen. Unendlich viele davon scheint es da zu geben. Alle sind angeschwärzt. Hat es da einmal gebrannt? Schon Eduard Martel schrieb: "Es ist dort so schwarz wie im Inneren eines Kamins." Ein "Purgatorium" gibts auch dort, danach ein "Paradies". Auf der "Orgel" spielt einem die Führerin erst eine Melodie vor, dann dürfen mutige Besucher auch selber klopfen - eine herrliches Beispiel für die Themen "Tast- und Hörsinn und Höhle".

Spektakulär ist auch das Ende der Führung. Durch ein Gittertor verläßt man den Schauhöhlenteil und beginnt danach die Außenwelt wieder zu ahnen, da es langsam draußen heller wird. Hat man den höchsten Punkt erreicht, so wird der Blick aus dem Portal hinaus aufs Meer frei - formidabel. Von dort geht es eine gewaltige Steintreppe hinunter. Man hätte es wohl auch kleiner und bescheidener bauen können, aber schließlich war der Anlaß für ihren Bau der Besuch einer Königin! 1860 besuchte Isabelle II, die Höhle, und da wurde was "gscheits" hingestellt!

Eine Höhle mit einem solchen Rieseneingangsportal war immer schon bekannt. Einige Inschriften in der Höhle stammen schon aus dem 16. und 17. Jahrhundert (1517 und 1614 lt. Antonio Cabra). Richtige Forschungen fanden zwischen 1806 und 1808 statt. Auch der Höhlenpionier Eduard Martel kam mal 1869 vorbei und gibt in seinen Aufzeichnungen ganz frei zu, daß er nichts Neues gefunden hätte und deshalb nur wenig zu berichten habe. Die These so mancher Leute, daß es eine untere Etage der Höhle geben müsse, die man einfach erreichen könne, wenn man nur im Boden ein Loch grabe, verwirft er begründeterweise. Die Höhle sei aus der Wechselwirkung des Meerwassers und des Niederschlagswassers entstanden, die durch 5 oder Spalten eindringe, die den Berg durchziehen. Die Temperatur in der Höhle mit ihren 16° liege bemerkenswerterweise unter den Jahresdurchschnitt von Mallorca weil die warme und leichte Luft des Sommers weniger leicht hereinkomme als die kalte und schwere des Winters.

Einen Besuch dieser Höhle kann ich nur empfehlen.

Literatur:

Grundmann, Hans-R. Mallorca, Hohenthann 1999
Martel, Eduard Les Cavernes de Majorque, SPELUNCA, Paris 1903
Graves, Robert Wellcome, to the Caves of Arta, in: Williams, Oscar, The Mentor Book of Major British Poets, New York 1963

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