Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Erdstall in Aying, Oberbayern


Wo gibt es "Erdställe"? Ganz genau läßt sich diese Frage nicht beantworten. Immer wieder wird ein neuer gefunden - meist nicht absichtlich. Das war auch so bei der Anlage in Aying. Bei Bauarbeiten für das neue Pfarrheim der Kirche St. Andreas tat sich auf einmal im September 2016 ein Loch im Boden auf, mit dem niemand gerechnet hatte....

Die, einige, Details kann man noch heute im Internet anhand verschiedener Zeitungsberichte darüber nachlesen. Bei einem Vortrag über die Entdeckung des Erdstalls hieß es allerdings, daß der tatsächliche Ablauf, wie er eigentlich nach den offiziellen Regelungen des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes hätte sein sollen, ein ganz anderer gewesen sei. Die Medien stürzten sich geradezu auf die "Sensation", alle berichteten davon - und was anfangs wenig wahrscheinlich war, passierte tatsächlich. Auf einmal waren genug Geldmittel da, man beauftragte ein "bergmännisches" Unternehmen aus Sachsen damit, den Erdstall zu sichern, baute verzinkte Stahlprofile hinein in den "teilweise nur 90 Zentimeter hohen und 80 Zentimeter breiten Schlupf", benutzte "Geotuch" und was weiß ich noch alles. Jedenfalls blieb die "circa zehn Quadratmeter große und mannshohe Schlusskammer original" erhalten. Sie sei, so die in "Verzückung geratenen Erdstallforscher", "einmalig in Oberbayern und eine vergleichbare sei bislang nur in der Oberpfalz und in Österreich gefunden worden". 

Wer heute dorthin kommt, wird nichts von einem Erdstall bemerken. Nirgends ist ein Schild, ein Hinweis. Nichts. Nun wissen einige interessierte Personen davon, es gibt ein paar Zeitungsberichte, gefilmt und gesendet wurde auch schon darüber im Fernsehen, der Erdstall ist in die Denkmalliste aufgenommen und "gesichert". Hat sich da jetzt irgend etwas verändert am Bewußtsein der "Menschheit"? Und ist das wirklich ein "Denkmal"? Weil keiner daran denkt, weil der davon nichts weiß? 

Tun die Denkmalschützer wirklich ihre "Arbeit", wenn sie sich zwar bemühen, den Bestand der Objekte zu sichern, aber ansonsten eigentlich nichts? Gut, wer nichts tut, kantn, normalerweise auch nichts falsch machen. Außer im Falle unterlassener Hilfeleistung. Zum Denken gehört oft Anregung, ansonsten ist ja alles andere wohl weitestgehend Selbstzeugung oder auch Selbsterregung, meist Onanie genannt, die keinen guten Ruf in dieser Gesellschaft hat. Oder Kreativität! Die steht gerade besonders hoch im Kurs. 

Ich denke mir, daß die Denkmäler auch zugänglich sein müssen, nicht dauernd und überall, 24 Stunden und 365 Tage Tage lang. Eine wichtige Idee  gibt es ja schon lange, den Denkmaltag einmal im Jahr. Das ist ein erster Ansatz. Aber er gehört ausgeweitet. 

     
     

Literatur:

Ahlborn, Dieter Der Erdstall in Aying, Landkreis München, in: Die künstliche Höhle, Mitteilungsblatt der Interessengemeinschaft Erdstallforschung (IGEF), Jahrgang 2017, Ausgabe 1
Kaiser, René, Lenhard, Gunnar, Straßburger, Martin Sicherung eines Erdstalls unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange, Der Erdstall 44-2018, S. 9-21
Morosow, Michael Wo Jungfrauen singen und Kobolde wohnen, Süddeutsche Zeitung Nr. 213, 14. September 2016, München-Fürstenfeldbruch-Bayern, S. 1

Links:

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/aying-zutritt-in-die-unterwelt-1.3769600
Erdställe / Schrazellöcher / "künstliche Höhlen" / souterrains aménagés


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