Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Das Haus ohne Dach - ein Höhlenwohnung in Kallmünz



Links die Höhlenwohnung, in Bildmitte die Werkstatt von "Wigg" Baeuml, rechts daneben der vogelhausähnliche Kinderhaus auf Stelzen, ebenfalls von ihm erbaut

Die Selch

In Kallmünz, einem kleinen, noch recht idyllischen Ort auf der Südlichen Frankenalb, liegt in einer 50 m hohen Kalkfelswand ein besonderes Schmuckstück, eine richtige Höhlenwohnung - das Haus ohne Dach. Die Erbauer hatten es ziemlich einfach. Man brauchte im Kern nur die Wand vorne heruntermauern, den Rest stellte die Natur schon zur Verfügung. Das "Haus" besteht aus einem Hausgang, einem Wohnraum, zwei Lagerräumen, die die vorhandenen Felsnischen ausnützen, und einer "Selch", einem Raum, in dem früher das Fleisch geräuchert worden ist. Heute stehen nur noch die nicht mehr benötigten Möbel der Hausbesitzerin drinnen, es ist alles sauber gepflegt drinnen, und Blumenkästen schmücken das Äußere.

Sie werden täglich gepflegt und gegossen. "Ich komme jeden Tag hier herauf, weil es mir so gefällt hier", sagte die Hausbesitzern. Ich hatte Anfang Juli 2000 selbst einmal die Gelegenheit, die Höhlenwohnung zu besuchen, zusammen mit dem Nachbarn, "Wigg" Bäuml, einem profilierter Kallmünzer Künstler. Vor einiger Zeit seien einmal zwei Nürnberger Lehrer und Höhlenforscher dagewesen und hätten die Höhle vermessen und einen Plan gezeichnet. Gesehen hat die Eigentümern ihn allerdings bis heute noch nicht. Sie hat auch einige Recherchen im Amberger Grundbuch angestellt, die bezeugen, daß sich die Geschichte des Hauses mindestens 200 Jahre zurückverfolgen läßt. Wann hier zum ersten Male gesiedelt worden ist, ist bislang nicht bekannt.

Bis 1937 war das Haus ohne Dach richtig bewohnt. Der letzte Bewohner, der "Simmerl", mußte es dann verlassen. Starkes Rheuma plagte ihn, und der Doktor hatte wohl die klamme Luft aus der Höhle als Ursache angenommen. Der Beruf des Simmerl sei Steinklopfer gewesen, die Frau sei "in d'Beern" gegangen, und, so ein alter Kallmünzer, "g'schlafn hams in am französisch'n Bett".

Vom Tourismusbüro des Markts Kallmünz erreichte mich 2024 bezüglich eines eventuellen Besuchswunsches von Besuchsinteressierten folgende Mitteilung: "Das Haus ohne Dach ist und war nicht einmal im Jahr frei zugänglich ( es gab vor Jahren eine einzige Ausnahme).  Es befindet sich in Privatbesitz." 
Schade, dabei gibt es tatsächlich in Deutschland z.B. die Einrichtung eines "Tags des offenen Denkmals", der inzwischen größten Kulturveranstaltung Deutschlands! Jeweils am zweiten Sonntag im September können die Menschen Orte erleben, die normalerweise der Öffentlichkeit vorenthalten werden, oft aus sehr angebrachten Gründen. 
Aus der Internetseite der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die die Koordination des Großereignisses übernimmt: "
Denkmale uns allen etwas bedeuten, denn Denkmale prägen den Alltag jedes Menschen wie keine andere Kunstform. Sie machen unsere Dörfer und Städte zu etwas ganz Besonderem und Einzigartigem. Sie sind für viele Menschen gleichbedeutend mit Heimat. Darum kommen zum Tag des offenen Denkmals® auch Jung und Alt, weit angereiste Kultur- und Heimatliebhaber, ebenso wie Nachbarn und Familien. Sie alle besuchen Orte, an denen wichtige Meilensteine unserer Entwicklungsgeschichte greifbar und Generationen miteinander verbunden werden.

Vielleicht tut sich da ja einmal etwas. Kultur gibt es schließlich auch bei uns, nicht nur in Angkor Wat oder Mesaverde!


September 2016

 


 

Literatur:

Links:

Wohnen im Fels - Höhlenwohnungen

Landschaft und Höhlen der Südlichen Frankenalb


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