Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Grabung im Erdstall von Aumbach, Bayerischer Wald, im Mai 2016
 


"Excavation was seen as a modern version of the mythological quest to find truth in the hidden regions of the underworld. As a result, excavation became the central metaphor for intellectual inquiry in the modern age." Williams 23


Im Mai 2016 fanden zwei jeweils zweitägige Grabungskampagnen in einem seit langem schon bekannten Erdstall statt. Diee neue dynamische Vorsitzende Birgit Symader des Arbeitskreises für Erdstallforschung hat sich sehr engagiert und eine offiziell genehmigte Grabung beim Landesamt für Denkmalpflege organisiert und durchgeführt. Der Arbeitskreis war daran beteiligt, aber auch "etliche unabhängige Fachleute". Sie leitet daraus eine Verantwortlicheit dafür ab, "wenn jemand darüber im Internet berichtet". 

Grundgesetz Artikel 5:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Können wir noch lesen oder schon nicht mehr?

Die freundlichen Grundbesitzer in Aumbach spielten geduldig mit und ließen uns unter ihrem Gartenhäuschen werkeln. 

Viele Jahre vorher hatten sich die damals dort gelebt habenden Menschen bemüht, mit ihrer Welt zurechtzukommen und einen Zustand zu schaffen, der ihren Lebensumständen angemessen war. In Bezug auf den Erdstall hieß das, sie füllten ihn mit allem, was ihnen zur Verfügung stand auf, um unter ihren Füßen wieder "sicheres Gelände" zu haben. Und nun kommen im Jahre 2016 bis zu 20 Begeisterte und holen als diese Relikte wieder heraus aus dem Untergrund, sieben sie, sortieren sie, machen sich ihre "Pfoten" sterbensvolldreckt, karren den braunen Erddreck im Schubkarren erst ins Hochbeet, dann auf die immer mehr ins Gelände gewachsenen brauenen Haufen, die Steine häufen sich, schmutzbraunes Wasser versickert in der Wiese, in kleinen beschrifteten Plastiksäckchen werden die Fundstücke, die oft kaum zu sehen sind, registriert, systematisch erfaßt, geordnet. 

Am Ende ist der Erdstall unter der Betonplatte im Kellerraum um ein paar Meter gewachsen, aber noch immer nicht vollkommen ausgegraben. Das ist wohl niemandem zuzumuten. Hinter einer Trockenmauer direkt unter dem Einstieg liegt wohl noch ein verfüllter Hohlraum, aber warum sollte man den leerräumen. Und am Ende der neu ergrabenen Fortsetzung des Erdstallganges geht es steil in die Höhe, verfüllt mit großen Felsblöcken. Weit ist es nicht mehr bis zur Erdoberfläche. Da war wohl der alte Zugang aus dem Keller des Bauernhauses, das früher einmal dort gestanden hat und das irgendwann einmal abgebrochen wurde, weil der Bauer sich ein neues, viel mehr in die Zeit passendes nebenan gebaut hatte. Nicht weit davon gab es einmal einen Brunnen, längst verschüttet, er einfach Anlaß zu Spekulationen gibt, daß es von dort vielleicht einmal eine Verbindung mit dem Erdstall gegeben hat. Anderswo war das ja auch so. Aber momentan sieht es nicht danach aus.

Als "archäologische Basisarbeit" wurde das ganze Unternehmen von Birgit bezeichnet. Die Aussage, daß man in Erdställen eigentlich nichts findet, lehnt sie schon ab. Man braucht sich ja bloß all die Sachen anschauen, die wir aus der Erde und dem fürchtenlichen Schlamm herausgeholt haben, dann sieht man, daß da tatsächlich was drinnen ist. Aber auch nach dieser Grabung sind wir keinen Schritt weiter bei der eigentlichen Fragestellung um die Erdställe: Warum hat man sie so gebaut, wie sie sich uns noch heute zeigen. Wir wissen noch heute noch keine Antwort darauf und wir kennen jetzt zwar ein paar Meter "Erdstall" mehr, "klarer" ist dadurch nichts geworden. Vollkommen rätselhaft sind für mich die beiden kleinen Nebenräume, die in die Gänge gehackt wurden. "Wächternischen" wurde sie schon genannt, doch habe sich jemand aufgehalten, der jedem Eindringling "eine über seine Rübe gegeben hätte". Blablabla. 

Für den Arbeitskreis ist so ein Unternehmen ein Segen. Eine gemeinsame Aktivität, die einige der Aktiven zusammenführt. Was gibt es auf dieser Welt Besseres, um sich kennenzulernen, als ein gemeinsames Projekt durchzuziehen? Schnell erkennt man Stärken und Schwächen der Leute, Neigungen und Abneigungen, erträgt einiges oder auch nicht. Und überlegt sich, ob man noch einmal kommt.

Birgit hat sich sehr ins Zeug gelegt und einiges angeschoben. Menschenführung ist ein heikles Geschäft, überhaupt nicht einfach, weil was beim einen gut ankommt oder er/sie zumindest erträgt, vergrätzt andere für immer. Ihren öfters rauen "Baustellenton" vertragen manche nicht gut, und so mancher braucht wirklich nicht wie ein kleines Kind behandelt zu werden, braucht keine Supernanny, weil er selbst schon längst große Verantwortung getragen hat und trägt. Mir teilte sie mit, daß ich photographieren könne, aber nur für den "privaten Gebrauch". Die mir von ihr genannte "Begründung" konnte mich überhaupt nicht zufrieden stellen, und ist auch nicht veröffentlichungsfähig, weil sie Leute mit ins Spiel bringt, die davon wohl noch gar nichts wissen. Ich verwende dann einfach momentan Bilder aus anderen Erdställen zur Illustration, die sehen ohnehin ziemlich alle gleich aus. Schade, denn das bekommt schon das Gerücherl eines kleinen Machtspielchens, und ist nicht wirklich sachdienlich. Den Eigentümern des Grundstücks, unter dem der Erdstall liegt, habe ich schon ein paar von meinen Bildern geschickt, eine tief empfundene Verpflichtung für mich, weil sie so großartig uns entgegen gekommen sind. Auch damit habe ich natürlich schon den "privaten Gebrauch" überschritten! Als Rückmeldung habe ich schon gelesen, das seien "wunderbare Bilder".

Jedenfalls war es insgesamt ein sehr schönes Erlebnis, auch einmal abends zusammen zu sein. Das war diesmal in der Höllmühle, einem wirklich verwunschenen Ort voller triefender Romantik, in der bis tief in die Nacht miteinander geredet wurde. Da erfuhr man auf einmal Dinge, von denen man noch nie gehört hatte, kein Wunder. Höchste Diskretion ist da angesagt, was da ausgetauscht wurde. Wird die Gruppe damit langsam zum Geheimbund, weil man sich gar nicht mehr traut, das, was man gefunden bzw. halt nicht hat, auch zu veröffentlichen? Für Archäologen ist das ein ziemlich enttäuschendes Ergebnis, da die anscheinend primär auf Funde aus sind, die sie dann herzeigen, publizieren können - und das am besten als Erste/r! Was es da nicht alles für Neid, Eifersucht und Mißgunst gibt! Und wenn da nichts gefunden wird außer ein paar abgebrannten Kienspänen, da wendet sich wohl so mancher lieber wieder den Orten zu, wo ER oder SIE vielleichet den großen Schatzfund macht. Statt nur auf einen leeren Hohlraum zu treffen, in dem es letztlich nur still und dunkel ist. Da gibt es nicht viel zum Publizieren. 

 

Literatur:

Laube, Alexander Das Rätsel im Untergrund, Chamer Zeitung, 28. Mai 2016, S. 29
Laube, Alexander Den Schrazeln auf der Spur, Chamer Zeitung 28. Mai 2016, S. 1
Williams, Rosalind Notes on the Underground - An Essay on Technology, Society and the Imagition, Cambridge (Mass.)/London: MIT Press, 1990

 

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