Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die 2007er Tagung des VdHK in Iserlohn-Letmathe
vom 17. bis 20. Mai 2007


"In der Beschränkung zeigt sich erst der wahre Meister."


Goethe, unser kluger Dichterfürst, hat damit alle Nägel auf ihre Köpfe getroffen. Wer mehr über Einzelheiten erfahren will, was dort los gewesen ist, der muß sich im Tagungsband 2007 informieren oder war halt, glücklicherweise, selber dabei, hat auch anderen davon erzählt, oder, wie ich hier, ein bißchen was darüber geschrieben. Das ist immer ein Minenfeld. Wer das selber mal gemacht hat, der weiß, wovon ich spreche! Egal.

Absoluter Höhepunkt war sicherlich der Vortrag der SAGA am Samstag abend (alte "Rechtschreibung"- ich bleibe in meinem privaten Bereich dabei) in der großen Turnhalle unter dem Titel "Höhlen, Götter und Gewehre". Der größte Teil davon wurde von Michael Denneborg bestritten, und der war einfach große Klasse. Es war ein Tanz in den höchsten Schaumkronen der Unterwelt dieser Erde, begleitet von einem Kommentar von höchster Sachkompetenz und trockstendstem Humor. Die Entwicklung von der Erforschung eines kleinen Einbruchslochs im Sauerland über die von den Salzburger Höhlenbüchern und den Texten von Herbert W. Franke inspirierten Exkursionen in die Höhlen Salzburgs (Tantal und Kolkbläser), dann nach Frankreich (PSM), Spanien (Cueto-Coventosa), Ekuador (Los Tayos), Mexiko (Cheve, Golondrinas..), Georgien (Snieznaja), Albanien, Kambodscha... Faszinierende Bilder und kurze Filmsequenzen, mitreißende Musik, Live-Kommentar - so ein Ereignis kommt nicht mehr wieder! Herrlich, daß wir dabei sein konnten. Einziger Kritikpunkt: Es hat lange, sehr lange gedauert, fast 3 Stunden, und das auf harten Holzbänken ausharrend. Trotzdem - ich habe keinen aufstehen und gehen sehen. Ein sehr gutes Zeichen.

Voran gegangen war ein weiterer Höhepunkt: die Verleihung des Benno-Wolf-Preises. Verdienterweise hat ihn Jörg Obendorf bekommen, der diesmal, völlig ungewohnt in Anzug und Krawatte, ziemlich gefaßt entgegennahm. In der Laudatio von Bärbel Vogel kam die "Obendorf-Trage" vor, seine Pionierarbeit auf dem Sektor der Höhlenrettung, sein Engagement im Bayerischen Landesverband als 2. Vorsitzender, und vieles andere mehr. Ich sehe z.B. noch Jörgs Pionierleistung auf dem Gebiet des Rucksackbaus, als er ein früheres Plastikbierkisterl in einen Transportbehälter für Speläomaterial hinauf in den Stiergraben im Hagengebirge verwandelte. In Jörgs Ansprache kamen immerhin die Worte "Demokratie" und "Anarchie" vor, was ganz gut wesentliche Charakterzüge von ihm wiedergibt.

Als ich am Ende, am Sonntag früh, am Empfang die jungen freundlichen Höfos von der Speläogruppe Letmathe fragte, wieviel denn nun Besucher dagewesen seien, da bekam ich die Antwort: "Um die 230".

Das ist eigentlich nichts im internationalen Maßstab. Wer mal nach Italien fährt, der hört schon mal von Zahlen zwischen 2 und 3 Tausend Besuchern. Da füllen sich 2 Bierzelte bis zum First, und es kochen 30 und mehr verschiedene Höhlenvereine fast schon um die Wette, um die kulinarischen und anderen Genüsse der Höfos zu stillen.
In der Saarschule, so hieß der Veranstaltungsort, genügte ein kleines quadratisches weißes Zelt. Da gab es zwei Möglichkeiten: Essen - Getränke. Da gab es Biere um 1 €, Bratwurst um 1 €, Steak 1 €, Krautsalat -,50€, später Kartoffelsalat.... Einfach, billig, gut. Warteschlangen gab es schon, aber ohne Geduld kann keinen im Umgang mit Höhlen reüssieren, oder?

Donnerstag abend "Geselliges Beisammensein" im höhlenartigen Parterregeschoß der Schule. Wer sich was anschauen wollte, der konnte zum Beispiel Simon Brooks Ausführungen über Höhlenforschungen in Pakistan folgen. Der Abend war zwar kühl, aber intensives sprachliches Kommunizieren produziert auch Wärme und so haben es viele Höfos lange ausgehalten. Die "Händler" hatten sich inzwischen auch schon in den Tiefen der Grundschule niedergelassen und so konnte sich jeder, der konnte und wollte, seine Euros gegen Lampen, Bücher, zu Schlazen geformten Kunststoff oder sonst noch was tauschen.

Zum Schlafen kam man zusammen oder ging auseinander. Es gab so einen "Spezialschlafraum" für die Delegierten der FSUE (Fédération Spéléologique de l'Union Européene") in der Hauptschule, zahlreiche Eigenschläfer in ihren Wohnmobilen, VW-Bussen, Safarijeeps, Kombiautos, manche hatten sich kostengünstige Privatquartiere übers Internet im Ort reserviert, besonders Mutige verteilten sich in der großen Turnhalle oberhalb der Grundschule und verbrachten dort kostenlos die dunklen Stundes des Tages. Wo ich geschlafen habe, das sage ich lieber nicht (im Vorraum der Dusche und am nächsten Tag im Stiegenhaus des Notausgangs - wegen Schn..., zugegeben in Klammern).

Der Samstag war großer Exkursionstag und da sortierte sich die Spreu vom Weizen oder halt auch nicht. Da gab es die Sortierung nach Schwierigkeitsgraden: "schwer, mittelschwer, leicht", dann gab es den Zeit- , aber auch den Lustfaktor.
Ich gesellte mit zur "Grünen" Gruppe, ein bißchen genauer, zur Exkursion A: "Karstkundliche Oberflächenwanderung durch das Grüner Tal". Als Leiter wies das Programm "Grebe W./Marks S. (SGL)" aus. Unsere beiden Führer haben das wunderbar gemacht, hatten allerdings auch himmlische Hilfskräfte. Das Wetter war nämlich prachtvoll - und wer mag schon bei einem strahlenden Maiwetter tagsüber in eine kalte, glitschige, hautenge Felshöhle kriechen? Wir jedenfalls nicht! Der Weg führte allermeistens durch Naturschutz- und Wohngebiete, auf Teerstraßen und Wiesenpfaden, zu einem Spielplatz und einem Großkreuz, jedenfalls kaum zu einem richtigen Höhleneingang. Einer war offen, einer in der Ferne zu sehen, zwei verdeckelt, auf viele wurde nur hingewiesen, weil wir darüber, daneben, dahinter oder davor waren.
Mir hat es trotzdem sehr gut gefallen, weil sie wirklich einen "Überblick" übers "Grüner Tal" geboten hat. Den haben die, die in die verschiedenen oft sehr großen Löcher unter der Oberfläche gekrochen sind, nicht gekriegt! Wie auch'? Die waren unten, wir oben.

Abends haben wir uns dann alle wieder getroffen und uns ausgetauscht. Was hast du gemacht? Wie wars? Glücklicherweise ist ja nichts passiert, wie meistens. Aber es lohnt sich, zuzuhören. Da stand wohl mancher vor der Frage, wie er das durch die Höhle und sein Vordringen in dieselbige erfolgreich "meistern" sollte. Alles ist gut gegangen und das ist die Hauptsache.

Abends gab es in der Dechenhöhle ein richtiges Höhlenkonzert, das aber von den Teilnehmern der Tagung kaum wahrgenommen worden ist. Nur zwei waren tatsächlich da, Renate Illman und ich. Ich bin sicher, daß wenn es ein bißchen mehr bekannt gewesen wäre, mehr gekommen wären. Aber all diese Konditionale. Es war schön - ein richig guter Kontrast zu all den administrativen, scientivistischen und total banalen Tönen, die mir an so vielen Orten der Tagung entgegenkamen.

Da saßen wir dann in einer echten Höhle auf Plastikstühlen, 12 € waren wir losgeworden, hatten uns die Eintrittskarten abreissen lassen, waren der Bahnstrecke eintlang gegangen, hatten abgewickelt, hatten all das Inventar der Unterwelt gesehen, das gerade da war - und lauschten dann. Didgeridoos, eigentlich Musikinstrumente, die von den Ureinwohnern auf der anderen Seite unserer Weltkugel gespielt wurden, Flöten, einem Saxophon.... "Dreamtime" war das Motto, Günther Müller, Hauptakteur, sagte es: "Sie können auch die Augen schließen". Viele Klangwellen später....

Unter dem Vordach der Saarschule dauerte es. Ich habe von Leuten gehört, die bis 4.30 Uhr oder auch noch später sich den Verlockungen des Schlafes widersetzt haben.

Morgengrauen? Mit einem guten Frühstück, das uns unsere Sauerländischen Höfokollegen erstklassig boten, war das zu managen. Ein bißchen "strange" war es schon. Schließlich saßen viele von uns auf den Stülchen der 1. Klasse. Sehr niedrig. Die Füße waren kaum unter die Tischplatte zu bringen. Jedenfalls ein Zurücktauchen in die eigene Vorgeschichte.

Dann Jahreshauptversammlung. Wer Ämter hat, muß da vortreten. "to sit on a committee" (für uns Germans: warum heißt das nicht "in"?) Das ist die Stunde dieser Fuzzis, über deren Bereitschaft, da jeweils mitzumachen, wir meistens nur froh sein können (da war aber einer z.B. gar nicht da - der wurde dann trotzdem, auch in Abwesenheit, "weiterverpflichtet).

Nachmittags Vorträge. Kein einheitliches Bild ist da zu geben. 3 Vorträge war da teilweise gleichzeitig in 3 Räumen. Jeder mußte sich entscheiden. Meine Wahl: "Wind Cave - Blätterhöhle - Grüner Tal - Attahöhle - Veledahöhle - Vetterhöhle. Wer wollte schon mit der "Vetterhöhle" mit seinem Vortrag mithalten? Das war Luststoff vom Feinsten. Das Entdecken neuer unbekannter Räume - daraus besteht natürlich das "ultimate highlight" der geglückten Höhlenforschung - aber wann hat man das schon? Selten, meistens. Aber da war es. Die Frage, was hinter dem Blautopf bei Blaubeuren kommt, die ist schon teilweise beantwort. Antwort: Riesige Hohlräume und winzige, sehr winzige. Die Luft geht zwar durch, aber dieser Mensch, den manche schon als Krone der Schöpfung fälschlicherweise bezeichnet hatten, halt noch nicht. Man/frau ist noch dran - sie schlupfen, schieben, zerren - was alles in einem beamerdominierten Vortrag zu sehen war.

Damit bin ich zurück am Ende des Kreises. Beim Vortrag der SAGA....

Streiflichter
Hauptversammlung
Bilder von der Verbandsexkursion ins Tal des Grüner Baches

Typisch Fotograf - sucht das Extreme, in diesem Fall
das kahle Haupt des Führungsleiters Witold Grebe

Klassiker unterwegs

Nicht weit von der Saatschule
Entlang der Kalk-, Schiefergrenze
Entlang des Grüner Bachs

- auf dem Plakat bettelt eine Domina um Mitleid für Raucher!

Blick ins Tal des Grüner Baches - vom Eisernen Kreuz aus
Zwischen B7 und Hüttenbläser - eine banale Straße an der
Oberfläche
Bei der Dechenhöhle

Literatur:

Speläogruppe Lethmathe Speläologisches Jahrbuch Tagungsband 2007, Iserlohn 2007

Links:

 


[ Index ] [ Englisch version ] [ Höhlen und Höhlengebiete ] [ Kunst ]
[ HöRePsy ] [ Höhlenschutz ] [ VHM ] [ Veranstaltungen ] [ Links ]