Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Eine Stippvisite beim 6. Internationalen Labyrinth-Kongress in Hofkirchen i.M., Österreich


Einen ganzen "Kongress" zum Thema abhalten, und das nicht zum ersten Male, sondern schon zum 6., ist das nicht eine kleine Nebenerscheinung der menschlichen Kultur sehr hoch gehängt, zu hoch vielleicht? Wer würde das schon hingehen und was könnte dann dort alles passieren? Ein wenig neugierig war ich schon, welchen Menschen ich da begegnen würde. Das Ganze würde wohl auch sehr frauenlastig sein, denk ich da nur an den "Frauenlabyrinthplatz" in Zürich, und kostengünstig war es auch nicht. Für die Teilnahme an der kompletten Veranstaltung sollten immerhin 300 Euros gezahlt werden.

Mit der Wahl von Hofkirchen hatte man den derzeitigen "in-Platz" für Labyrinthe auf unserer Erdkugel gewählt. Es gibt heute keinen anderen Ort, wo so viele unterschiedliche Labyrinthe von höchstem Niveau auf engstem Raum beisammen sind. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der sehr engagierten Arbeit von Claudia und Michael Woldan, die unterstützt von vielen freiwilligen Helfern Gewaltiges geschaffen haben. Und EU- Geldmittel zur Förderung des ländlichen Raums haben sicherlich auch bei der Realisierung der Ideen geholfen.

 

Bei der Eröffnung des Kongresses am Donnerstagabend in großen Saal des Gasthofs Froschauer waren wohl um die 100 Personen schon da. Etliche Persönlichkeiten aus der Labyrinthszene wurden besonders begrüßt und revanchierten sich mit mitgebrachten Geschenken: einem Nistkasten, Steinen, Postkarten oder einfach Grüßen aus ihrer Region. Auf etlichen Tischen waren kleine Bierflaschen zu sehen mit einem speziellen Labyrinthaufkleber - da zeigt sich die erfolgreiche wechselseitige Werbepartizipation. Als es langsam dunkel wurde, da bekamen die Teilnehmer Fackeln, die sie hinaus zum Dorf hinauf zum Pflanzenlabyrinth trugen. Dort wurden sie in die Feuerstelle geworfen, wo ein fettes Feuer auf diese Weise entstand. Perfekt war die Abstimmung mit den himmlischen Kräften, da im Osten gerade der leicht rötliche Vollmond über dem Horizont hochkam. Ein kleines Kammermusiktrio untermalte die ganze Szene mit dezenten Klängen. Im Labyrinth hatte man kleine Papiertüten aufgestellt mit jeweils zwei Teelichtern drinnen, so daß für Orientierung in der aufziehenden Dunkelheit gesorgt war. In der Abendluft war der Duft verschiedener Pflanzen und Kräuter direkt berauschend, mindestens die Sinne schärfend. Hatte man den zentralen Platz erreicht, dann konnte man sich auf den Steinbänkchen niederlassen oder halt einfach herumstehen. Lieder wurden angestimmt, Heißluftballons sollten entzündet werden und in den klaren Nachthimmel hochsteigen. Es wurde aber nichts daraus, eher ging einer davon schon in Flammen auf und diese Aktion war wieder schnell beendet. In typischer Labyrinthmanier ging es denselben Weg wieder zurück, vorbei am geschrumpften Feuer, zurück in den Ort.

Ab 10 Uhr hatte die schöne kleine Ausstellung im Gemeindehaus von Marianne Ewaldt und Diana Reichenbach zum Thema "Labyrinth" geöffnet. Natürlich hätte man auch gerne was verkauft, genug Objekte mit dem Labyrinthmotiv war da. Höhepunkt war aber das Oktogon von Marianne Ewaldt, außen mit goldenen Wänden, innen verspiegelt. Man mußte die Schuhe schon ausziehen, dann konnte man hinein und der Boden mit dem klassischen Labyrinthmotiv betreten. Durch die Spiegelung vervielfachte sich natürlich alles ins schier Unendliche. Ein berauschendes Erlebnis, besonders wenn man sich dazu auch noch um die eigene Achse schnell drehte. Wäre da nicht die Lampe der nüchternen Deckenbeleuchtung gewesen, die eine leichte Orientierung wieder möglich machte, es wäre praktisch nicht mehr möglich gewesen, zu sagen, wo man denn der tatsächliche Ausgang aus diesem Spiegelraum war. Für den Fotographen ist diese Installation eine besondere Herausforderung. Diana Reichenbach stellte sich mit ihrem farbigen Gewand freundlicherweise als Modell zur Verfügung und so wurden ein paar Bilder möglich, die alle Alltäglichkeit hinter sich lassen. Danke.

Für den Nachmittag waren verschiedene Workshops vorgesehen. Erst schwankte ich, ob ich überhaupt, und wenn dann ja, welchen ich besuchen sollte. Ich schloß alle Augen, als ich den Preis dafür hinlegte, aber egal. "Labyrinth der Stille" habe ich mir dann ausgesucht - ein ausgesprochenes Außenseiterthema, wie dann auch der Besuch zeigte. Wir waren dann 3/4 Personen, mit Kursleiterin. Drei Stunden dauerte dann praktisch die "Stille", wo ja auch wirklich nichts geredet wurde, außer in der Kaffeepause, wozu wir kurz in Pfarrheim wanderten. In der großen Turnhalle bedeckte eine große Labyrinthmatte die Fläche, am Zugang eine Klangschale, außen herum Blätter mit themenbezogenen Texten, ein paar Farbblätter mit Text wie "Stille - ein Weg zu Gott?" lagen auch auf dem Boden. Wer Lust hatte stand auf und ging durch das Labyrinth, setzte sich vielleicht in der Mitte auf den Boden, erhob sich dann wieder und ging den langen Weg auch wieder zurück, ließ sich Zeit, es war genug davon ja vorhanden. Immer wieder beschlich mit der Gedanke, was denn das Labyrinth mit der Stille zu tun habe - gab es da wirklich eine einleuchtende Verbindung zwischen beiden "Erscheinungsformen des Seins"? Am Ende gingen wir dann zu dritt gemeinsam im Kranichschritt wieder den Weg in die Mitte und wieder zurück. Es reichte, wirklich. Eine Anmerkung dazu ist noch zu machen: Selbst wenn man selber mal seine Klappe hält, dann ist das keinerlei Garantie dafür, daß um einen herum auch wirklich "Stille" herrscht. Welcher verrückte oder halt geschickte "Weltgeist" oder halt der Zufall waren da am Werk gewesen? Ausgerechnet die Stillegruppe und die Trommelgruppe in unmittelbare Nähe zueinander zu bringen! Immer wenn die anderen mal "Luft holten", dann wurde es wirklich still und ließ erst die Qualität zum Vorschein kommen, weshalb wir eigentlich hierher gekommen waren. Egal, so spielt halt das Leben immer wieder.

Markierter Weg zur Ariadnegruppe

Abends gab es in den zeithaltigen Räumen eines alten Stadels mitten im Dorf, geschickt in Bodenhöhe verkleidet mit Stoffbahnen, und bestuhlt mit Holzstühlen wohl aus dem Wirtshaus, bzw. mit Bierbänken versehen auf schottrigem Boden, ein "Barockkonzert mit Lesung". Dazwischen gestreut waren die Vorträge von Texten, die im weiteren Sinne einen Bezug zu Labyrinthen hatten. Ein Wort ist mir noch besonders hängengeblieben. Die im Labyrinth verbrachte Zeit sei in Wirklichkeit "Himmelszeit". Stimmt das wirklich? Poeten dürfen natürlich so ziemlich alles mit der Sprache machen, um auch unsere Wahrnehmungen zu schärfen und in ungewohnte Richtungen zu lenken, aber ich empfinde das ganz anders: Für mich das besonders intensive "Erderfahrung" und hat nur ganz wenig mit mit der Luftigkeit des Oben zu tun.

Im Anschluß an das Konzert waren die Besucher noch in das Pfarrheim eingeladen, wo es noch einen Umtrunk gab. Wem es noch immer nicht reichte, der konnte noch mitkommen und im baltischen Labyrinth, das wieder mit Papiertütenlichtern weich erleuchtet war, einen gemeinsamen Labyrinthtanz mitmachen. Ein feiner Abschuß des Tages.

Am nächsten Morgen verließ ich wieder das schon ganz vertraut gewordene Hofkirchen und strebte wieder Richtung München. Noch eine kleine Begebenheit sei erzählt: Morgens ging ich in eine kleine Bäckerei, eine von der Art, die heutzutage meist schon an Unrentabilität eingegangen sind, die sich aber offenbar hier noch halten konnte. Zwei kleine Tischchen luden ein, sich hinzusetzen und einen Kaffee zu trinken. Am Tisch nebenan saßen zwei ältere Damen und unterhielten sich. Gleich wurde ich angesprochen, ob ich an der Labyrinthtagung teilnehmen würde. Offenbar wurde ich gleich damit in Verbindung gebracht. Eine Dame am Nebentisch outete sich gleich, daß sie auch zuhause im Garten ein Labyrinth haben würde. Gleich hakte ich nach, fragte, ob ich es nicht besuchen könne. Sie wolle erst ihren Mann fragen, der sei gerade in der Bibliothek. Ein paar Minuten später waren wir schon unterwegs und auf dem Weg zum Privatlabyrinth. Vor 5 Jahren hatte der Herr begonnen, eine ansonsten nur schwer nutzbare Grundstücksfläche mit einem Heckenlabyrinth zu bepflanzen, und jetzt kann man das botanische Rankenwerk durchschreiten. Eine Birke unterwegs schießt in die Höhe und dominiert jetzt den Luftraum, was nicht den Urabsichten des Labyrinthschöpfers entspricht. Auf die Frage nach dem Warum für die Schaffung des Labyrinths bekam ich als Antwort: Das ist ein gutes Symbol für den Verlauf meines Lebenswegs, der keineswegs immer geradeaus verlaufen ist. Müßten wir da nicht alle mehr Labyrinthe zuhause aufhängen (vielleicht statt der Kreuze), wenn wir sie schon nicht in den Garten pflanzen?


Das KunstLabyrinth im Abendlicht

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