Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die VdHK-Tagung 2014 in Waischenfeld


"Aus der Ferne bleibt alles stumm und taub. Doch beim Herangehen öffnet sich die Natur."                    (Achill Moser, Nimm nur mit, was du tragen kannst)


Waischenfeld

Sophienhöhle

Püttlachtal

Steinamwasser


Viele Menschen sind "herangefahren" (das präferierte Verkehrsmittel war sicherlich das Auto, aber ich habe auch eine Radfahrerin ausgemacht - toll!) an die 2014er Tagung des VDHK. "Auto" ist auch nur eine sehr vereinfachte Beschreibung für die vielfältigen Verkehrsmittel, die da verwendet worden sind. Gab es da auch "Protzmarken"? SUVs? - deren Notwendigkeit ist schließlich vorgegeben durch die Terrainprobleme (?), Wohnwägen wurden angeschleppt, manche Fahrzeuge gleichen rollenden Eigenheimen, die sogar über ein eigenes Klo und fließendes Wasser verfügen, gelegentlich sogar  noch verziert weißen Bordüren!

Die Tagungen des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher sind ja auch so eine Art Wanderzirkus. Jahr für Jahr wechselt der Veranstaltungsort, relativ selten waren Tagungen im Gebiet der Fränkischen Alb. Eine ideale Gelegenheit, einmal nicht nur Konsument und Genießer von Leistungen, die andere Höhlenvereine erbringen, zu sein, ist zum Beispiel ein Jubiläum! Wir vom Münchner Höhlenverein haben das etwa so gemacht mit der 50-Jahrfeier in Aschau. Das ist ja eine ideale Gelegenheit für Synergieeffekte: zur Feier andere einzuladen und gleichzeitig auch noch Nützliches damit zu verknüpfen. Damit "lohnt" sich der spezielle Aufwand für bestimmte Projekte einfach noch etwas mehr. Bei uns war das damals zum Beispiel die Organisation einer eigenen Höhlenkunstausstellung!

2014 wäre ja eine ideale Vorlage gewesen etwa für die FHKF, einem der fränkischen Großvereine, die in diesem Jahr ihr Jubiläum feiert. Die Verantwortlichen wollten sich wohl den organisatorischen Aufwand nicht antun, so kamen andere zum Zug. Im Kern waren es zwei Personen, Jutta und Stefan Uhl von der Höhlengruppe des DAV Erlangen, die sich den "Tort" angetan haben, einmal wieder in Franken so etwas zu organisieren. Erst einmal war an Kehlheim gedacht, aber das scheiterte dann an terminlichen Problemen. Schnell mußte ein Ersatz gefunden werden. Mit Waischenfeld ankerte man an einem idealen Ort .Die Liste der Helfer, die im Tagungsband genannt werden und hauptsächlich von den kleinen fränkischen Vereinen stammen, umfaßt 45 Namen! Das zeigt ein wenig vom Aufwand, der notwendig war, um diese Tagung zu einem schönen Erfolg werden zu lassen.

Was braucht man? Ein Gebäude über das man ziemlich frei verfügen kann, möglichst einen oder zwei Vortragssäle und weitere Räume, z.B. für die Händler, für die ja so eine Veranstaltung eine wichtige Gelegenheit ist, um "Geschäfte" zu machen. Im Höhlenbereich ist ohnehin kaum wirklich Geld zu verdienen, vielleicht reicht es zum Überleben. Parkmöglichkeiten und damit Übernachtungsgelegenheiten sind auch ziemlich wichtig. (Wir haben das in der Praxis erlebt, als plötzlich ein wichtiger Teil der Teilflächen für einige Stunden geräumt werden mußte, weil halt am Freitagvormittag noch Schulbetrieb war und die Schulkinder ihren gewohnten Pausenbeschäftigungen nachgehen wollten. Um mögliche Schäden zu vermeiden, wollte die Hausmeisterin, daß wir Schulhofparker uns wenigstens für diese Zeit wo anders hin verziehen sollten.)

Gut ist es, wenn es eine Zone gibt, wo man sitzen, essen, trinken, andere Leute treffen kann. Das war hier in sehr guter Weise der Fall. Zwei Öffnungen in der Hallenwand waren immer "bespielt". Da gab es Frühstück, Mittagessen, Abendessen und jede Menge Getränke - zu sehr verträglichen Preisen. Dies ist ein immer wieder sehr kritischer Punkt. Wir leben in einer kapitalischen Gesellschaft. Viel Geld zu haben und zu machen, das gilt als akzeptabel. Herunter gebrochen auf unsere Ebene heißt das, daß so mancher Verein bei der Ausrichtung einer Tagung nicht zuletzt auf die Aufbesserung der Vereinskasse schaut. Kostendeckung ist aus einer solchen Sicht schon ein Versagen. Ich denke, daß die Veranstalter froh sind, wenn sie ihre Unkosten hereinbekommen haben. Ausgenützt habe ich mich nie gefühlt. Das Bier, ich hatte die Wahl zwischen drei guten Sorten, kostete 2 Euros. Bei dem Preis kann man das Gefühl haben, daß man einen Beitrag zum Erfolg der Tagung leistet, wenn man noch einen fränkischen Edelstoff bestellt. Die ganze Arbeit hat ein kleines Team gestemmt, wobei Markus Zistl eine wirklich herkulische Leistung erbracht hat. Von 6 Uhr 30 in der Frühe bis teilweise 3 Uhr in der Frühe hielt er durch, organisierte auch noch den Nachschub, immer mit einem freundlichen Gesicht. Mit solchen Leuten kann man eine Tagung stemmen!

Es gibt einen 108seitigen "Tagungsband zur 54. Jahrestagung des VdHk in Waischenfeld 29.5.2014-1.6.2014", da stehen die inhaltlichen Details dieser reichen Veranstaltung drinnen, weshalb ich mir die Zitierung der Einzelheiten weitestgehend spare. Ein Riesenangebot an Exkursionen gab es, wetterunfreundlicherweise am Donnerstag ziemlich mit Regen verschüttet und später, teilweise, wieder nachgeholt, Arbeitskreise und Workshops gab es, z.B. für Höhlentaucher, für die "Ausbildung zum Höhlenführer", FFH, "Clean Climbing in der Tiefe" usw., und 22 Vorträge an vier verschiedenen Orten, oft parallel stattfindend und zu schmerzlichen Entscheidungen zwingend. "Geh ich jetzt zum ... oder..?" Das typische Problem von Kongreßbesuchern. Besonders viele Teilnehmer hat Stefan Glasers Vortrag über "Hypogene Höhlengenese: Aufsteigendes Grundwasser und Erdwärme als Antrieb der Entstehung labyrinthischer Höhlen in der Nördlichen Frankenalb" bewegt. Wir sind wohl alle noch zu sehr vom Modell des von Oben nach Unten durch Spalten und Klüfte fließenden Regenwassers bewegt, , als daß da mehr ins Bewußtsein rückt, daß da etwas von Unten nach Oben drängt und auch massive Wirkung hat - an solche Denkmodelle sich anzuschließen ist wohl höchste Zeit.

Keiner hat hier alles mitbekommen. Jeder, der dort war, hat seinen kleinen Ausschnitt erlebt. Ein "objektives" Gesamtbild? Unmöglich. Früher haben sich die Menschen die Figur eines "allwissenden, allmächtigen, alles... "Gottes" ausgedacht. Wie könnte am Beispiel unseres Treffens so etwa aussehen? Jeder hat seine Erlebnisse, seine Begegnungen oder auch Nichtbegegnungen (auch sehr wichtig!). Letztlich berichte ich halt nur von meinem kleinen Kosmos - und schränke mich auch noch ein. Aus einer Höhle, die ich besuchen haben können, was normalerweise nicht möglich ist, soll ich keine Bilder ins Internet stellen. (Tue ich auch nicht. Es dort nämlich schon welche, von einer anderen Tour.) Mein Erstkontakt mit "Waischenfeld" war am Donnerstagmorgen. An vielen Stellen in Waischenfeld hingen Blätter mit "VdHK 2014". So war es kein Kunststück, das Empfangszentrum zu finden.
Gleich bekam die Situation eine kleine dramatische Note, denn ich hatte mich für die Exkursion in die "Kappshöhle" angemeldet. Das war, zugegebenermaßen, ein Außenseiterprogramm. In 25 Minuten sollte ich am Treffpunkt sein, in Windischgaillenreuth. Ich hatte ein wenig Ahnung, wo das lag. Unterwegs traf ich auf die "Truppe", die in die Espershöhle wollte. Ich eilte weiter, war am Ende der einzige Teilnehmer an der Führung. Vielen Dank an meiner Begleiter, die trotz der fehlenden Resonanz durchgehalten haben. Ich hatte ein Schlüsselerlebnis im Endteil der Höhle, wo einfach das Teil, das seit 40 Jahren mich immer wieder in die Höhe gebracht hat, versagt hat. Die Klemme im "Grauen Jümar" versagte einfach vollständig am schwierig verlehmten Seil. Jeder Versuch, ihn hoch zu schieben, war vergeblich. Achim half mir mit einem Ersatzstück. Später habe ich sofort bei Fritzi das modernste Teil gekauft, das es heute gibt, um SRT zu überleben.

Am Freitag war Vortragstag. Da ich selber zweimal gefordert war, habe ich mich erst einmal geschont. Sehr gut besucht war mein Vortrag über "Höhlen vulkanischen Ursprungs rund um den Globus". Das ist ein faszinierendes Thema, das weit hinausführt aus dem Kessel der "Karsthöhle". Höhlen sind viel vielfältigere Erscheinungsformen als nur die Kalkerscheinungen. Stefan Kempe hat da gefehlt. Der kennt sich unendlich viel besser diesbezüglich aus. Ich bin da nur ein Newcomer, aber das Thema hat "Pfeffer"! Zwischendrin hab ich mir den Vortrag von Michael Wasmund gegönnt: "Da geht noch was ! Neues von Fulab und Schandtauber". Da hat einer frisch von der Leber gesprochen und von dem, was die "Begeisterung" ausmacht, wenn Höhlen wirklich zu einem Teil seines Lebensinhalts macht. Enthüllend war die Frage am Ende: "Wer möchte mitmachen?" Keiner, zumindest habe ich keinen wahrgenommen, hat sich öffentlich gemeldet. Mein zweiter Vortrag war in einem anderen Haus, in einem anderen Saal. Eine Million Euros hat die Gemeinde für die Sanierung dieses alten Gebäudes ausgegeben, jeder kann es lesen, weil es stolz an Anschlägen zu lesen ist, gut angelegtes Geld. Ein knackigen Titel für meinen zweiten Vortrag zu finden, das war nicht einfach. Am Ende steht da: "50 Jahr unterwegs mit dem Photoapparat in den Höhlen der Frankenalb". Es war ein Experiment. Und es ist wohl geglückt. Drei Generationen von Höhlenphotographie habe ich vorgestellt, von Kleinbild über 6x6 bis zur Digitalphotographie - alles im Raum der Fränkischen Alb. Jedes Photo kann, so, nie mehr wieder gemacht werden. Bei manchen Bildern spürt man diesen Grundsatz mehr, meist weniger. Mein Punkt ist es, an die Ränder zu gehen, dorthin, wo viele Menschen beginnen, "Nein" zu sagen, "Das ist ja unscharf" zum Beispiel. Aber gerade dort beginnt die spannende Zone. Die geht nach Innen und nach Außen.

Am Samstagmorgen fand die Jahreshauptversammlung statt. Es ist gut, daß es viele Menschen gibt, die da mitmachen. Sie tragen die Organisation. Sie halten es aus, was da einfach notwendig ist. All diese Rituale. Ich habe mir Bärbels und Andreas Vortrag angehört. Dann bin ich hinausgegangen. Jeder hat seine eigene Grenze für das Aushalten dieser ja sehr notwendigen Rituale, aber es gibt halt Grenzen (ich habe davon gehört, daß einer der "Funktionäre" aufgestanden ist und den Saal verlassen hat, als bei der Verbandssitzung 25 Minuten darüber diskutiert worden ist, ob ein bestimmter Kassenbeleg akzeptiert werden sollte oder nicht).

Am Samstag wurden etliche der eigentlich für Donnerstag vorgesehen gewesenen Excursionen nachgeholt. So kam ich in den Genuß einer Führung zu den Höhlen des Oberen Püttlachtales. Eigentlich war die ja ganztägig geplant gewesen, uns standen aber nur wenige Stunden zur Verfügung. Trotzdem, vielen vielen Dank. Die Begeisterung war einfach spürbar. Und solche Touren haben einfach unvorhersehbare Konsequenzen. Wer findet sich zusammen? Bei der Hinfahrt ging es auch einmal um die aktuellen Probleme des Erdstallvereins, später erfuhr ich, daß ich mit Menschen unterwegs war, die auch schon einmal im Frauenofen waren. Zufall?

Ich gestehe, daß ich vom Hauptteil der Abendveranstaltung wenig mitbekommen habe. Heimatklänge drangen aus der Mehrzweckhalle, dann war es wieder still, weil wohl ein Vortrag gehalten wurde. Ich mußte mich leider mit Laptopproblemen herumschlagen, die schier unlösbar waren. Vor allem ging es um Steckerprobleme. Wie bekommt man eine NIKON-Kamera dazu, ihren Inhalt an ein anderes Gerät weiterzugeben. Das mag alles sehr banal klingen, ist es ja auch, aber wenn man dieser verdammten Stecker nicht hat, dann hilft alles nicht. Auch die Klänge aus der Heimat nicht, die wir gehört haben. Georg holte eigens aus seinem Wohnwagen einen Set mit 10 Steckern - und alle waren "nicht passend". Unser kurzes Leben - und wir vertun es mit solchen Nichtigkeiten!

Es muß eine lange Nacht geworden sein - zumindest für den "Harten Kern", den es auch bei den VdHK-Veranstaltungen meistens gibt.

Wir sind alle wetterabhängig. Am Sonntagmorgen gegen 5 Uhr erschallten durch das enge Tal der Wiesent in Waischenfeld schon christliche Gesänge. Sie waren auch auf dem Schulgelände gut hörbar. Blauer Himmel, von Wolken unverstellter Sonnenschein, da machte es viel mehr Freude, sich auf Höhlenexcursion zu begeben.

Auch am Sonntag gab es entsprechende Angebote. Ich entschied mich für Steinamwasser. Da wollte ich ja eigentlich schon lange hin. 10.30 Uhr war als Treffpunkt genannt. Ursprünglich standen auf der Liste der gemeldeten Teilnehmer  nur 2 Namen, aber das hat sich schnell verändert. Wien, Tirol, Landshut, München - um die Ortsangaben zu verkürzen. Wir hatten eine ausgezeichnete Tour, ich habe mich separiert, um ein wenig zu photographieren. Das ist ja überhaupt nicht selbstverständlich. Zwei Stunden später war das klar. Neue Gruppen, neue Gruppen, neue Gruppen. Das ist ein hot spot.


Bei Steinamwasser, im roten Schlaz unser Führer G. Oßwald

Das nächste Treffen wird in Berchtesgaden sein. Bärbel Vogel hat ihr Eisen in den Ring geworfen. Was daraus wird, das hängt von den Menschen ab, die sich da engagieren wollen. Das Gebiet verdient es. +++++ Sterne-Karst ist da.

Das Tagungsgebäude

- die Schule in Waischenfeld

 

Am Empfang: Jutta Uhl

     
Während der Hauptversammlung

 

Der momentande "overhead" des Verbands:

Bärbel Vogel und Andreas Wolf

     
 
     
Abendlicher Treffpunkt: die Mehrzweckhalle
     
 
     
In der Schlufbox
     
Das T-shirt zur Tagung
     
 

Literatur:

Uhl, Jutta und Stefan Tagungsband zur 54. Jahrestagung des VdHK in Waischenfeld, 2014
Moser, Achill Nimm nur mit, was du tragen kannst - Auf den Spuren Heinrich Heines durch den Harz, Hoffmann und Campe, Hamburg 2008

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