Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Toten Gebirge

Rundwanderung Grundlsee-Appelhaus-Pühringer Hütte-Grundlsee


Am Lahngangsee


Windlocheingang / Elmhöhlensystem


A neiche Hoin

Elmhöhlensystem

Hüttstatt

Salzofenhöhle


Das Tote Gebirge ist ein faszinierendes Stück Alpen. Nicht alle werden diesem Satz zustimmen. Es sticht nicht dadurch hervor, daß es sehr hohe Berge hat. Kein 4000er ist da, ja nicht mal ein 3003er. Es ist nicht "gut" erschlossen, wenn man mal von der Loserstraße absieht (fast hätte ich schon geschrieben, dem "Sündenfall", aber solche Kritik lesen manche Leute überhaupt nicht gerne - die stellen die Menschen gerne vor vollendete Tatsachen, und die habe die dann einfach zu akzeptieren und basta!).

Es ist aber ein herrliches Stück Natur, in dem wir auch heute noch erleben können, wie wohl diese Welt mal eigentlich gemeint gewesen ist. Bevor der Mensch, diese Planetenplagameise, sich immer mehr vorwärts gefressen hat. Wir, das waren Harald Kipke aus Nürnberg und ich, Franz Lindenmayr aus Gröbenzell, wollten vom 16. bis 18. August 2004 unsere Reihe von Durchwanderungen des Toten Gebirges, die wir letztes Jahr begonnen hatten, heuer fortsetzen. Der Anknüpfungspunkt sollte das Appelhaus sein, das wir diesmal nicht vom Loser her erreichen wollten, sondern klassischerweise vom Grundlsee.

Wir waren nicht die einzigen, die genau diesem Weg gefolgt sind, aber es waren wenige, die ihn zu diesem Zeitpunkt unternommen haben. Alle Führer für das Tote Gebirge beschreiben den Weg.

Das Wetter war günstig für unser Vorhaben vom 16. bis zum 18. August 2004. Wir hatten meist Sonnenschein, die Wolken waren eher Zierde des blauen Himmels, nur ganz wenige Regentropfen befeuchteten für Minuten die Natur. Ich holte Harald vom Bahnhof in München-Pasing ab, wohin er mit der Bahn gereist war. Glücklicherweise war nur geringer Verkehr auf der Autobahn, so daß wir schon gegen Mittag am Grundlsee eintrafen. Als erstes wurde eine Wirtschaft gesucht, wo wir was zum Essen bekämen. Am Grundlsee gibt es schon solche Schmuckstücke mit einem Prachtblick über See und Berge.

Auf die Frage, wo man denn sein Auto lassen könne, wenn man eine Rundtour übers Tote Gebirge vorhabe, bekamen wir fachkundige Auskunft, so daß wir diesen doch nicht jedem auf Anhieb klaren Parkplatz und Weg leicht fanden.

Anstrengende Stunden lagen vor uns. Immerhin geht es vom See in etwa 700 m Meereshöhe hinauf auf 1638 m beim Appelhaus. Erst gehts auf ausgebauten Forststraßen auf dem Almbergweg steil hinauf bis unter die Felswände unter dem Hundskogel. Dann passiert man ins Almbergkar und kommt bei der Schlüssellucke und dem Riesenportal des Almberglochs vorbei.


In luftraubenden Serpentinen geht es beständig auf Schotterreißn und zwischen den Latschen hindurch hinauf schließlich bis zum Lärchengraben. Dort hat man das Gröbste hinter sich und kann mehr oben weniger horizontal in einer reizvollen Latschen-, Wiesenlandschaft bis zum Appelhaus schlendern.

 

In dieser Gegend hatten wir, ein paar Münchner und Nürnberger Höhlenforscher, am 1. Juli 1978 vollkommen unabsichtlich eine bis dahin noch unbekannt gebliebene Höhle entdeckt, die Schneekegelhöhle. Ursprünglich hatten wir nur durchs Plateau zum Almberghöhle gewollt.
Bei der wollten wir diesmal kurz vorbeischauen, weil ich gehört hatte, daß gerade junge Nürnberger Höhlenforscher dort unterwegs seien. Wilfried Lorenz, der beste Höhlenfreund von damals, war mir schon mit seiner Frau Gisela und einer jungen Nürnbergerin Stunden vorher vollkommen zufällig über den Weg gelaufen. Ich hatte keine Ahnung mehr, wo wir den Hauptweg verlassen mußten, und als ich in der Ferne auf einmal eine menschliche Gestalt in der Ferne wahrnahm, da war irgendwie klar, da mußte es wohl sein. Tatsächlich war es Günther Schneider, ganz alleine, mit großen Rucksack und voller Ausrüstung, der selber umherirrte und die Höhle suchte. Einen Schacht mit Schnee, an dem wir gerade vorbei gekommen waren, bezeichnete er als Schneekegelschacht, so mußte wohl der gesuchte große Eingang links davon liegen. Unsere Weg trennten sich wieder, wir begannen im dem Latschendschungel herumzuirren. Irgendwann gaben wir es auf und strebten weiter Richtung Appelhaus. Vorher kamen wir vollkommen zufällig an einem Loch vorbei, das sich dann später als Eingang zur "Karrenhöhle" herausgestellt hat.

Wie ich später gehört habe, ging Günther später vollkommen verloren und mußte mit der Bergrettung gesucht werden, was allerhand Wirbel verursacht hat. Harald und ich bekamen davon auf der Hütte überhaupt nichts mit.

1982 Appelhaus im Abendlicht

Das Appelhaus ist wirklich ein Refugium, wie es leider so selten geworden ist in unserer hektischen und übervollen Welt (Vielleicht ist das völlig leichtsinnig, daß ich das hier schreibe! Beginnen jetzt alle, diese Tour zu machen? Als ich den Artikel ins Internet gestellt habe, da war er sofort die Nummer 1 unter dem Stichwort "Pühringer Hütte"? Wie überall auf dieser Erde bewegen wir uns, glaube ich, sehr oft auf dünnem Eis. Große Reichtümer häuft da keiner auf, der sich dazu entschließt, den "Hüttenwirt" zu machen. Zu wenig dürfen es auch nicht wegen, sondern zahlt er gleich drauf. Zu viele? Dann schläft vielleicht auch "Du" auf dem Bergstiefel, weil alle Plätze längst schon belegt sind! So etwas hat sich in mich eingeprägt, weil wir das vor vielen Jahren mal in der Pühringer Hütte schon erlebt haben!).

Es ist einfach ein Genuß, sich dort auf den hölzernen Holzbänken niederzulassen, gleich ein kühles Bier hingestellt zu bekommen, später gabs dann noch ein geschmackvolle Kartoffelsuppe, noch ein Bier und noch eins. Die Sonne verschwand allmählich hinterm Schwarzmooskogel. Wenig andere Leute waren noch da, so daß man nicht, so wie in vielen anderen Alpengebieten, vom Rummel überrannt wird. Der Wirt gab uns einen Zettel, auf dem wir unsere Speisen und Getränke selber aufschreiben sollten, damit er am nächsten Morgen dann insgesamt abrechnen konnte. So gemütlich gehts da noch zu! In der Nacht muß es ziemlich zugegangen sein, sprich ein paar starke Schnarcher sorgten für späte Unterhaltung.

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Am nächsten Morgen: strahlender Sonnenschein. Ideale Bedingungen für eine Wanderung hinüber zur Pühringer Hütte. "4 Stunden" stand auf der Markierung. Da konnten wir uns viel Zeit nehmen. Anstrengend ist das eigentlich auch nicht, weil man nur ein paar Male ein bißchen rauf und runter muß, aber im Kern auf gleicher Höhe bleibt. Schließlich liegte die Pühringer Hütte auf 1637 m. Es geht zuerst durch eine Waldlandschaft zu Füßen des Redenden Steins, dann etwas höher durch eine Latschenzone mit weiten Blick bis zum Woising auf der Nordseite.

Später wirds felsiger. Wir kamen durch Karrenzonen mit kleinen Schächten links und rechts vom Weg und schließlich zur Hüttstatt. Durch die fleißigen schwäbischen Höhlenforscher ist ja inzwischen hier ein großer Höhlenpark schon erkundet worden und wir wollten einfach ein bißchen in die Eingänge blinzeln. Weit wären wir mit Taschenlampe und 10-m-Reepschnur, unsere einzigen Ausrüstungsgegenstände, ja sowieso nicht gekommen. Wir suchten ein bißchen herum, aber nirgends zeigte sich, bis auf einen kleinen Felskessel, nichts außer großartigen Karrenplatten.

Wir zogen weiter. Beim Sattel unterhalb des Salzofens gehts ja dann wieder kräftig bergab bis in die Elmgrube und von dort wieder hinauf zur Pühringer Hütte. Natürlich machten wir den kurzen Abstecher zum Windloch, aus dem es natürlich kräftig herausblies. Schon eine verrückte Stelle.


Die Nebelschwaden im Gegenlicht

Auf der Pühringer Hütte war auch nicht so viel los, wie ich das schon mal erlebt hatte (nightmares!). Wieder floß das kühle Bier mühelos die offene Kehle hinunter.

Bis zum Abend war noch etwas Zeit und wir machten in Richtung Rotkogelsattel-Rotgschirr. Um eine Rundtour zusammenzubekommen verließen wir irgendwann den Weg und liefen querfeldein weiter. Auf einmal war da ein Schacht mit Markierung "P2", der unten mit Schnee gefüllt war, dann fanden wir in der Nähe auch die mit "P1" markierte Höhle. In gebückter Haltung gings in ein kleines Loch, das dann in einen schräg abwärts führenden Gang mündete. Das war nichts für kurzbehoste Männer mit einer Taschenlampe. So drehten wir gleich wieder um. Oberhalb stießen wir auf einen weiteren Felstrichter, diesmal ohne Markierung. Über eine Schneerampe ging es in kleine Höhlengänge. Gleich beim Weg zum Röllsattel verbarg sich hinter einem Steinwall eine Spalte mit Schnee aus der es richtig kräftig herauszog. Aber ohne gescheite Ausrüstung war auch da nichts los. Weiter ging es querfeldein durch die grandiose Karrenwildnis dort oben. Messerscharfe Kanten überall, wenn man sich irgendwo einhalten wollte, da hatte man schnell blutige Fingerspitzen. Am Ende ging es durch ein chaotisches Blockchaos, ehe wir wieder auf dem bequemen Wanderweg zurück zur Hütte mit ihren vielen frischen Bieren kamen.

Eine wohlgekochte Abendspeise - die üblichen Kasspatzn

Wir wurden in den Damenschlafraum verfrachtet und durfen mit Zustimmung der Wirtin dort eine genußvolle schlafreiche Nacht verbringen.

Auch am nächsten Morgen schien zuerst die Sonne, die aber zunehmend hinter Wolkenbergen verschwand. Das machte uns nicht mehr viel. Wir wollten ja nur noch absteigen. 4 Stunden Wanderzeit stand wiederum auf dem Wegschild. Ein kleiner Abstecher führte uns noch zum Eingang des Großen Windlochs. Wenn man es weiß, dann sieht man die Nebelschwaden daraus schon vom Weg aus, aber es kann schon leicht sein, daß man erst noch eine Weile nach der 35 m tiefen Felsspalte suchen muß. Nach der Elmgrube kommen die Landschaftskleinodien der Lahngangseen,

ein langer Abstieg durch steile Grasmatten auf gutem Weg und am Ende noch ein langer Hatscher über Forstwege hinunter bis zum Grundlsee wieder. Da ist wieder unsere normale Welt mit Parkuhren und Parkverboten, mit Gummibooten und Sonnenöl und was sonst noch alles dazugehört. Erschöpft und glücklich erreichten wir gegen Mittag das Auto am Waldparkplatz wieder. Wie ich später feststellen konnte, war das für mich ein ideales Mittel gewesen, meinen andauernd viel zu hohen Blutdruck auf natürliche Weise herunterzuholen. Zum Nachmachen geeignet, kostet nicht viel und ist einen Höllenspaß für den, ders mag.

Literatur:

Krenmayr, Ludwig, Rabeder, Gernot und Gisbert

Totes Gebirge , Rother-Verlag, 3. Auflage, München 1982
Fritsch, Erhard Die Höhlen des Toten Gebirges, in: Totes Gebirge, Krenmayr, Ludwig, Rabeder, Gernot und Gisbert, Rother-Verlag, 3. Auflage, München 1982
Pfarr, Theo, Stummer, Günter Die längsten und tiefsten Höhlen Österreichs, Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift "Die Höhle" 35, Wien 1988
Lindenmayr, Franz Von Loser zum Almberg, Der Schlaz 38-1982, S. 18ff.
Bäumler, Georg Neues vom Illegalen Harem, Abseiler 14 1995, S. 17ff
Bäumler, Georg Das Forschungsjahr 1987 in der Dellerklapfhöhle, Abseiler 8, S. 23ff
Stummer, Günter Bericht über die Teilnahme am Forschungslager 1979 im Bereich der Hüttstatthöhle, S. 6ff.
Abele, André,
Gebauer, H. Daniel
Ergebnisse der Forschungen 1982 auf der Hüttstatt (Totes Gebirge), Die Höhle S. 127ff.
Quapil, Günther Beschreibung der Zwiebischächte, hag, S. 12ff.
Gebauer, H.D. Alltag im Toten Gebirge, Reflektor 3-1984, S. 8ff.
Bock, H. Das Große und das Kleine Windloch im Toten Gebirge bei Grundlsee, Protokoll der 6. ordentlichen Vollversammlung der Höhlenkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft am 5., 6. und 7. September 1951 in Salzburg, Wien 1951, S. 55-59
Repis, Willi Das Elmhöhlensystem im Toten Gebirge, Die Höhle, Wien 1963, S. 53-59
Auer, Alfred Über die Höhlen im Steirischen Teil des Woisinggebietes, VM Obersteier 1-1985, S. 5ff.
Auer, Alfred Die bedeutensten Höhlen der Grundlseer Berge (Totes Gebirge), VM Obersteier 1/1983, 1. Teil, S. 6ff.
Auer, Alfred Die bedeutensten Höhlen der Grundlseer Berge (Totes Gebirge), VM Obersteier, 2. Teil, S. 29ff.
Frank, Richard 25 Jahre Höhlenforschung beim Albert-Appel-Haus, Höhlenkundliche Berichte, Verein für Höhlenkunde in Obersteier 2003, S. 114ff.
Frank, Richard, Abele, Andre Schwäbische Höhlenforscher in den Grundlseer Bergen (Teil 1), Der Abseiler 17, 2004, S. 2ff.

Links:

 


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