Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Covadonga

Picos de Europa


"Im Prinzip kann man sagen, dass Asturien, ja ganz Spanien, aus einer Höhle heraus entstanden sind." Eine kühn-knappe Formulierung eines Journalisten, der für die Süddeutsche Zeitung schreibt, aber halt das berühmte Körnchen Wahrheit wohl getroffen hat. Vielleicht war es ja auch anders, aber heute wird die Geschichte so erzählt:

Die ganze iberische Halbinsel sei von den Mauren besetzt gewesen, die ganze? Wie in den Asterixheften klingt es - ganz versteckt in den Bergen der Picos de Europa bei der Höhle von Covadonga, versteckt in einer tiefen, fast nicht zugänglichen Felsschlucht befand sich noch das "Herz" eines Haufens christlicher Westgoten, die nicht aufhörte Widerstand zu leisten. Ihr Anführer war der "Fürst" Pelayo, der eine große Verbündete gehabt habe, eine "Marienstatue in der Höhle von Covadonga". Sie habe den ausgehungerten Kämpfern geholfen, dem anrückenden Maurenheer "Steine von den Bergen" zu werfen, die sich daraufhin zurückgezogen hätten. Manche Historiker schreiben, die Mauren hätten diese Leute einfach nicht genug ernst genommen.

Die gewonnene Schlacht hatte Folgen, tragische für die "Mauren". Europa wurde wieder weitgehend maurenfrei und die spanischen Thronfolger dürfen sich auch "Prinz von Asturien" nennen.

Ein besonderer Ort. Ich liebe es, an so einen Platz mit wenig Vorwissen zu gehen. wenn es möglich ist. Es gibt da immer mindestens zwei Wege: Der heute hochgepuschte ist der, sich einer fachkundigen Führung anzuschließen. Das ist hoch effektiv, man spart sich alle Umwege und Wartezeiten, bekommt in kürzester Zeit ein hochaktuelles Vademecum verabreicht. Und kostet auch noch etwas, manchmal richtig viel. Aber das schafft Arbeitsplätze, ernährt Menschen, Familien. Der andere ist der ruhige, stille, alleinige. Nichts oder nur wenig wissen, vielleicht die Richtung, dann losgehen. schauen, hören, riechen. Einschätzen, vergleichen, überrascht sein.

Als wir dorthin von der Küste bei Ribasedella fuhren, da war es schon spät. Hoffnung darauf, an diesem Abend diese ganze besondere Kultstätte zu sehen, die hatten wir nicht mehr. Zu spät? waren wir schon dran. Die hatten bestimmt schon alle Toren geschlossen. So ein "wichtiger" Ort! Tatsächlich war alles wunderbar ruhig und still. Kaum mehr Autos auf der Straße. Auch keine Busse und Lkws. Ein Schild "Covadonga" zu einem Parkplatz. Kein Auto da. Wir setzten unseren gemieteten VW dorthin. Zu Fuß ging es weiter. Nur wohin? Ein paar erste Orientierungsprobleme. Wasser. Ein Bach. Schilder. Ein Kirchturm von unten. Eine Felswand. Geräusche. Auf einmal war vor uns das bekannte Muster - da war auf einmal "in situ" das Höhlenportal mit der Kapelle. Es galt noch die Teerstraße zu überqueren, was angesichts des nicht vorhandenen Straßenverkehrs kein Problem darstellte.

Covadonga - jetzt war ich tatsächlich da. Aber was ist hier wirklich los? Verschiedenen Ebenen kreuzen sich hier. Das, was ich wirklich sehe, höre, spüre und so weiter und das, was ich gelesen habe. Der Ort, wo die "mythologische Hauptfigur Asturiens", La Xara, ihren Platz hat, hatte. La Xara ist eine Frauengestalt, die "zumeist im Zusammenhang mit örtlichen Legenden erwähnt wird, bei denen Höhlen und Quellen eine wichtige Rolle spielen". Frauen und Erde, Frauen und Boden, Frauen und Berge.

Wurde das nicht alles vom Christentum nur instrumentalisiert? Lourdes ist ein klassisches Beispiel dafür, was für verständliche "Verdauungsschwierigkeiten" die etablierte katholische Kirche damit hatte und hat.

Ein Einsiedler habe dort gelebt, habe einem Mann Zuflucht geboten, der vor dem künftigen Retter Spaniens geflohen sei, weil er "ein Verbrechen begangen haben solle". Genaueres sagen meine Quellen nicht. Pelayo sei diesem Mann "mit offenem Herzen begegnet" und habe ihm "vergeben" (Seine Gebeine liegen dort). So begründete sich Covadonga als Ort der Zuflucht. "Alles Leid, alle Angst, alle Bedrängnis würden von den Menschen genommen." Man stelle sich so etwas auf Erden vor! Kein Wunder, etwas los ist, etwas böse gesagt, daß das Geschäft wohl blüht.

Nicht ganz. Als wir im Juni 2011 dort waren, da waren wohl viele Etablissements wohl leer. Ein paar Leute saßen noch mit uns im Restaurant, aber der große Raum dahinter war leer. Riesige Parkplätze gibt es auch. Aber auch die waren leer.

In den 80er Jahren gab es einmal für 2 Wochen eine kleine, große Seltsamkeit an dieser Stelle: das floß nicht klares Wasser aus dem Berg, sondern dunkelrote Flüssigkeit, manchen vielleicht gar an "Blut" denken lassend, eine Art "Blutwunder". Ein "rhodaminsüchtiger Hydrologe hatte genau zum Zeitpunkt des großen Sommer-Volksfestes 4,5 kg dieses Markierungsstoffes eingesetzt, was dann diesen Effekt zur Folge gehabt hatte. Oxforder Höhlenforscher, die sich gerade in der Region aufhielten, warten schon darauf, daß sie vielleicht ein Polizeihubschrauber abholen würde - zum Verhör. Sie kamen aber nicht, was der Vermutung Raum ließ, daß "irgendwem diese Erscheinung nicht völlig ungelegen gekommen sei".

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   

Literatur:

Doenitz, Paul Covadonga, die Wiege der spanischen Monarchie. Buchdruckerei von August Schneider, Sangershausen 1902
Cabal, Constantino Covadonga - ensayo historico-critico, Editrice Gomez-Tabanera, Oviedo 1990
Ménéndez Pidal y Alvarez, Luis La Cueva de Covadonga, Santuario de Nuestra Senora La Virgen Maria. Espasa - Calpe, S.A. Madrid 1956
Schoepp, Sebastian Kein Wetter für Mauren - Die Höhlen Spaniens sind eine Keimzelle Spaniens, Süddeutsche Zeitung 3. September 2009, Nr. 202, S. 50
Niklasch, Gerhard Cross Channel News, DER SCHLAZ 50 - 1986, S. 12

Links:

http://www.santuariodecovadonga.com/

Real Sitio de Covadonga, Cangas de Onís, Asturias

https://www.euroweeklynews.com/2021/12/20/the-stunning-christian-shrine-inside-a-holy-cave-in-spain/

Picos de Europa

Landschaft und Höhlen in Asturien


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