Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

2013 UIS-Weltkongress in Brünn / Tschechien


Feuerwerk und Tanz - zwei Ausdrucksformen der "Lebenskraft" auf dem Kongreß


Time flies.

Jetzt, wo ich wieder zuhause vor dem Computer sitze und über die letzten Tage nachdenke, nachsinne, da kommt mir das, was da gewesen ist, wirklich, leibhaftig war, schon wieder fast unwahrscheinlich vor. Winke, winke.

Gibt es das wirklich? Da steht ein Mensch vor dir, den ich vor 10 Jahren am anderen Ende der Welt kennengelernt und der uns ein wenig Neuseeland gezeigt hat - Phil Round. In Nordthailand habe ich mich von einem anderen Höhlenforscher verabschiedet und eigentlich nie gedacht, daß sich unsere Wege einmal wieder kreuzen würden. Da war es der Fall: John Dunkley. Und in dem Vortrag über die neuen Forschungen in Burma fiel auf einmal wieder sein Name. Wir hatten uns im Cave Lodge kennengelernt und er nahm uns auf seine "Abschiedstour" in die Tham Nam mit. Terry Boulger war damals auch mit dabei, verabschiedet hatte ich mich von ihm auf einen Busbahnhof in Vientiane - und auch er war hier wieder persönlich da. Die Welt ist so groß und auch wieder zu klein!

Ich bin kein Fan großer "Höhlenforschertreffen", das gebe ich zu. Immer nur "Höhle", "Höhle", Höhle". Die Frauen der "Höhlenforscher" teilen wohl auch oft meine Meinung. Für sie war "Brno", "Brünn", wohl ein guter Ort. Es gibt dort viel zum Anschauen. Altstadt, Burg, Museen, Botanischer Garten....Villa Tugendhat".

Ein paar Bilder aus Brünn:

Ein Gebäude hat es sogar zum Status des UNESCO-Weltkulturerbes geschafft, die Villa Tugendhat. Sie liegt in einem Vorort von Brünn und kann nur nach Voranmeldung besucht werden. Angeblich kann es Wochen dauern, bis man selber einmal an der Reihe ist. Als ich bei dem UIS-Desk im Ausstellungszentrum mich diesbezüglich erkundigte, ob es noch eine Möglichkeit gäbe, dieses ganz besondere Stück Architektur zu besuchen, bekam ich erst einmal eine Absage. Das Kontingent sei bereits erschöpft. Als ich dann sagte, daß mich besonders die Möglichkeit angezogen hatte, die Villa Tugendhat zu besuchen, zum UIS-Kongreß überhaupt zu fahren, da öffnete sich ein kleiner Spalt. Ich sollte abends noch einmal vorbeikommen - und prompt war am Freitagnachmittag bei einer englischsprachigen Führung noch ein Platz frei. Danke. Die Möglichkeit, dieses ganz besondere Haus zu sehen, wird wohl auch marktmäßig gut verwertet. Gleich nachher schlurfte eine Busgruppe Japaner durch das Haus. Wohl "dazwischengeschoben". Alle dürfen ihre Schuhe anbehalten, müssen sie allerdings vorher in eine Maschine stecken, wo den Sohlen eine Plastikschicht verpaßt wird. Eine wohl wohl begründete Maßnahme, um den Verschleiß durch den reichlichen Besuch durch Neugierige aus aller Welt ein wenig aufzuhalten. Mir fiel besonders das "upstairs - downstairs" auf. Während in den Räumen der "Herrschaft" die Stahlträger, die das ganze Haus tragen, edel verchromt sind, reichte für den Dienstbotenbereich ein Ölfarbanstrich.

Jetzt aber endlich zum Kongreß und zu den Bildern von ihm. Sie sind einfach bunt gewürfelt, so wie es halt das ganze Ereignis war. Plan, Struktur, Klarheit - gab es das? Die Organisatoren hat das sicherlich beschäftigt und sie sind nach besten, wirklich besten, Kräften mit der komplexen Situation, die so etwas mit sich bringt, umgegangen. Vieles hat geklappt, das meiste hoffentlich, aber es hat sicherlich auch Enttäuschungen gegeben. Ich habe einiges "Gemosere" und "Gemeckere" gehört, die Preise seien zu hoch gewesen, da sei ein "falsches Wort" gefallen bei einer Preispräsentation - Marginalien am Ende. Ob es der "beste UIS-Kongreß" aller Zeiten geworden ist, wie es Andy Eavis, der damalige Präsident der UIS noch im Muotatal in der Schweiz angekündigt hatte,  geworden ist? Ich kann es nicht beurteilen, weil es mein erster war. So habe ich es leicht, mich von so einer schweren Entscheidungsaufgabe fern zu halten.

Wo fand der Kongreß statt?

 
Zeitgenössische tschechische Kunst am Eingang zum Kongreßzentrum - ein Hinweis, den vor allem der versteht, den es schon betrifft, die Vergänglichkeit, unvermeidlich kommend durch das Älterwerden

Die Räumlichkeiten des Kongresses: große Architektur!

In den Ausstellungshallen

In der Rotunde

Was passierte in Brünn auf dem Kongreß?  

 
Vorträge
Präsentation von Höhlenkunst
Präsentation von Höhlenplänen - dieses Poster lief außerhalb der "Konkurrenz", aber enthält eine ganz wichtige Botschaft, nämlich immer skeptisch zu bleiben gegenüber aller angeblichen "Objektivität", die Vermessungen ausstrahlen
Zeigen von Höhlenphotos - dieses Bild lief außerhalb der "Konkurrenz", aber es war mein Favorit (Geist und Können trafen paßgenau aufeinander)

 


Signierstunde für das Buch über das Internationale Höhlenphotographentreffen 2011 in Olargues

Zwischendrin stärkten sich die Akteure in der "Speleobar"

 
Abends ging es in die Gastlokale der Umgebung
 
Der große  Showdown: das Gruppenphoto


Mittwoch: Exkursionstag, u.a. in die Slouper Höhle

 
Der "overhead" der momentanen italienischen Höhlenforschung - getroffen beim Mittagessen in der Nähe der Slouper Höhle
Abends: Musikshow
 
Zwischendrin: der Raum im zweiten Stock des Kongresszentrums, wo nach allen Seiten in die Vortragsräume ging
Ein Unterhaltungsbeitrag und eine Wettkampfstätte: eine verstellbare Schlupfpforte

Eine Geburtstagsfeier: Werner Janz als Geburtstags"kind"
Evening talks in der Speleobar

Ein italienischer Unterhaltungsbeitrag: der Tanz um eine Stange
Das Galadinner
Das Büffett
Der Galaabend
Andy Eavis und Julia James
 Das Dinner von oben
Ein paar Portaits von Teilnehmern  

Ein paar Fakten und Eindrücke vom Kongreß:

Auf meine Nachfrage am Ende der Veranstaltung, wie viele Teilnehmer sie jetzt wirklich gehabt hat und aus wie vielen Ländern sie gekommen sind, bin ich auf die Internetseite verwiesen worden. Dort würden endgültige Zahlen einmal verfügbar sein. Es hieß, es seien 1.100 angemeldet gewesen und sie seien aus 60 verschiedenen Ländern gekommen. Nachprüfen lassen sich für einen Außenstehenden solche Zahlen nicht. Aus der Teilnehmerstatistik ließ sich entnehmen, daß die meisten Angemeldeten aus Tschechien, dann den USA und Deutschland kamen. Öfters war viel Platz in den Vortragssälen, dann quollen sie aber auch über, z.B. bei dem Vortrag über die Lechuguillahöhle. Die Speleobar war nie überfüllt, da war immer Platz für Neuhinzugekommene. Die bestbesuchte Veranstaltung war das Galadinner, wo für 1.000 Personen gedeckt worden war, aber noch einige Tische leer blieben. So manche Dame erschien da in ihrer Abendgarderobe, bei den Männern gab es viel größere Spannweite: vom Anzug mit rosa Krawatte bis zur legeren Freizeitkleidung.

Geboten war während der Woche vieles, insbesondere für die, die ein größeres Interesse am Weltverband der Höhlenkundler, der UIS, haben. Da gab es die Generalversammlung, die am letzten Tag stattfand, und bei der auch gleich ein neues Weltpräsident gewählt wurde. Andy Eavis, bisheriger Amtsinhaber, wurde Ehrenpräsident. das UIS-Büro traf sich und die einzelnen Abteilungen, Kommissionen und Arbeitsgruppen. Es gab einen Art Salon, einen Cartography Salon, einen Photo Salon, SpeleOlympics wurden abgehalten, ein Juniorprogramm hat man angeboten, SpeleMedia war wieder aktiv, 3D Shows wurden gezeigt, eine große Eröffnungszeremonie fand statt am Tschechischen Nationalfeiertag, ein "Donor's Evening" gab es, ein Konzert der Gruppe "Robert Krestan und Druha Trava Band" fand statt und dann, als Schluß- und Höhepunkt, das ICS Banquett. Eine ganze Woche, zusammengefaßt in einem kurzen Abschnitt. Außerdem fand noch das "Scientific Program" und die Exkursionen statt. Vielleicht erscheint das viel, aber es war trotz allem viel Freiraum, Freizeit drinnen, die noch gut durch "offizielles Programm" gefüllt werden hätte können.
Statt dessen fanden ein paar spontane Aktionen statt: Das Buch, erschienen anläßlich des 1. Welthöhlenphotographentreffens 2011 in Olargues/Frankreich wurde eigens abends vorgestellt und es setzte ein richtiger Run darauf ein, wohl auch angeheizt durch die Möglichkeit, Autogramme der anwesenden Photographen im Buch zu bekommen. Free wine gab es auch dazu, so entstand wieder einmal eine herrlich leichte Atmosphäre. Die Italiener offerierten zu nächtlicher Stunde einen "Stangentanz" unterhalb der UIS-Flagge, ein gewagtes Unternehmen, das erotische Konnotationen bewirken sollte, aber am Ende irgendwo im Dunkel verdampfte.

Jeder, der dort war, hat seinen ganz eigenen Eindruck davon. Keiner konnte alles sehen, Entscheidungen waren oft gefordert. Während der Vorträge liefen 4 verschiedene gleichzeitig und man mußte sich schon festlegen, was man sehen wollte. Da lief z.B. gleichzeitig am Donnerstag, den 25. Juli, um 14 Uhr: Simon Brooks "CAVING IN THE ABODE OF THE CLOUDS - MEGHALAYA; NORTH EAST INDIA", Manuela Scheuerer, Johannes E.K. Lundberg, Rabbe Sjöberg "COBHOLO CAVE: A LONG GRANITE CAVE IN SWAZILAND" und Fernando Cázquez, José-Maria Calaforra, David Hodell, Laura Sanna, Paolo Forti "ISOTOPES OF GYPSUM HYDRATION WATER IN SELENITE CRYSTALS FROM THE CAVES OF THE NAICA MINE (CHIHUAHA; MEXICO). Ich habe mich für Meghalaya entschieden und alle Erwartungen wurden voll erfüllt, aber es bleibt halt immer so ein Beigeschmack, daß man sich durch die Entscheidung für eine Richtung von der gleichzeitigen Erreichung anderer entfernt hat. Zum Glück gibt es die Kongreßakten, in denen eine kurz gefaßte Zusammenfassung des wichtigsten Inhalts steht, so daß man Versäumtes wenigstens ein wenig nachschlagen kann.

Meine persönliches Präferenzprogramm ließ mich in den verschiedensten Abteilungen auftauchen, wobei die Entscheidungen sehr schwierig waren:

 "Archeology and Paleontology": MARESHA- A SUBTERRENEAN CITY FROM THE HELLENISTIC PERIOD IN THE JUDEAN FOOTHILLS; ISRAEL von Amos Kloner, THE CULTURE OF ANTHROPOGENIC CAVES WITH STONE DOORS IN ANCIENT ARMENIA von Samvel M. Shahinyan,

"Speleological Research und Activities in Artificial Underground": CLASSIFICATION OF ARTIFICIAL CAVITIES: A FIRST CONTRIBUTION BY THE UIS COMMISSION von Mario Parise, ARTÍFICIAL CAVITIES OF GAZIANTEP (SOUTHEASTERN TURKEY von Ali Yamac, THE AUGUSTEAN AQUEDUCT IN THE PHLEGRAEAN FIELDS (NAPLES; SOUTHERN ITALY),

"Karst and Cave Survey, Mapping and Data Processing": HUMPLEU CAVE (ROMANIA): WHAT'S UP? von Philipp Häuselmann,

"Karst and Caves in Carbonate Rocks, Salt and Gypsum": RECENT SURVEY AND EXPLORATION IN LECHUGUILLA CAVE; NEW MEXICO, USA von Peter Bosted, CAVES OF EL PENON; CORDILLERA ORIENTAL; COLOMBIA von Martin Bochud u.a., CAVE AND KARST AT THE CINEMA: CULTURAL SPELEOLOGY AND THE GEOGRAPHICITY OF SYMBOLIC LANDSCAPES von Luiz Afonso V. Figueiredo

"Exploration and Cave Techniques": CAVING IN THE ABODE OF THE CLOUDS - MEGHALAYA; NORTH EAST INDIA von Simon Brooks, SPELEOLOGICAL EXPEDITIONS TO THE SHAN PLATEAU IN MYANMAR (BURMA) von Joerg Dreybrodtl, TEN YEARS OF EXPLORATION AND OVER 100 KM OF CAVES SURVEYED IN NORTHERN LAOS von Joerg Dreydrodt und Michael Laumanns, RECENT INVESTIGATIONS IN THE GALAPAGOS ISLANDS; ECUADOR von Aaron Addison, QUARTZ CAVES ON THE TABLE MOUNTAINS OF VENEZUELA von Marek Audy, EXPLORATIONS AND DOCUMENTATION ON THE ATEPETACO KARST SYSTEM (HUEYTAMALCO; PUEBLA, MEXICO) von Alberto Buzio u.a.,

"Other Topics": NATURAL AND CULTURAL HERITAGE VALUES OF THE YONGCHEON LAVE TUBE CAVE ON JEJU ISLAND; REPUBLIC OF KOREA von Kyung Sik Woo u.a.

Mein persönlicher Favorit ist der Beitrag über die Sandsteinhöhlen in den Tepuys in Venezuela, die mit hervorragenden Bildern vorgestellt wurden.

So ein Programm zusammenzustellen, das ist eine große Leistung. Hut ab!

Parallel zum UIS-Kongress läuft auch noch SPELEMEDIA. Seit La-Chaux-de-Fond gibt es diese Veranstaltung, die den Bereichen Photo und Film schwerpunktmäßig gewidmet ist. Gleichzeitig zu all den anderen Veranstaltungen und Ereignissen liefen in der großen Rotunde auch noch Diaschauen und Filme, was die Vielfalt noch vergrößerte, aber auch die Qualen der Wahlen. Besonders die LaSalle-Gruppe engagierte sich da, aber nicht ausschließlich.

Das Wichtigste an so einer Veranstaltung scheint aber dann doch, die Möglichkeit zu persönlichen Begegnungen auf internationaler Ebene. Da habe ich in der Warteschlange an der Speleobar gewartet und auf einmal ging es um Höhlen in Puerto Rico, da stand gerade einer, der von da kam. Dann drehst du dich um, dann steht da vielleicht ein Russe, noch einmal, dann eine Frau, die aus Brasilien hierher kam. Natürlich gab es auch eine große Gruppe aus Deutschland - und endlich war viel Zeit, sich auch über einheimische Dinge zu unterhalten.

Das war ein richtiges "Geschenk", auch wenn es nicht ganz kostenfrei war. "Die Gelegenheit am Geschenk ist, dankbar zu sein." David Steindl-Rast


 

Nun nur noch Überbleibsel vom Kongreß:

 

Der nächste Kongreß soll in Sydney/Australien stattfinden. Das ist nun, entfernungsmäßig gesehen, der krasse Gegenpol für uns Deutsche. Lohnen wird sich der Besuch sicherlich.

Auszug aus dem großen Gruppenphoto

Literatur:

Motycka, Zdenek, Motyckova, Katerina 16th International Congress of Speleology Program, 2013

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