Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Das 5. Internationale Höhlenphotographentreffen in Akiyoshi, Japan

17.-24. März 2019


"Wer du auch seist, am Abend tritt hinaus vor deine Stube, drin du alles weißt." Rainer Maria Rilke.

"Wir sehen nur, was wir wissen." Goethe

"Sehen ist größenteils eine Projektion, eine Art Traumzustand - eine obskure Kombination aus Wissen und Nicht-Wissen." Sadie Benning

"Reisen ist die Sehnsucht nach dem Unendlichen." (Schelling 1803)


Akiyoshi-dai Plateau, Japan

https://www.youtube.com/watch?v=7vQxTBvi7uc&list=UUaNExF4naoLkHm11ICCJCWg / Film von einer Nachexkursion 


Hinterher ist man immer gescheiter, heißt es. Auch hier stimmt die Aussage. Die weite Reise nach Japan hat sich sicherlich gelohnt und uns ein einmaliges Erlebnis mit ausgezeichneten Ergebnissen beschert. 33 Personen waren gekündigt, 10 Photographen und 15 Assistenten, plus der sehr zahlreichen japanischen Helfer. Am Ende kamen 15 Photographen, 12 Assistenten/-innen und 18 Organisatoren. (Im Vergleich dazu waren es beim ersten Male in Olargues 31 Photographen, 35 Helfer und 13 mit der Organisation Beschäftigte).

Als Veranstaltungsort hatte Satoshi Goto, Hauptinitiator und Multifunktionär (Präsident der Speleological Society of Japan, Funktionär bei der UIS und der Asian Union of Speleology), unterstützt von einem Organisationsteam (Takashi Murakami, Yukiko Nakagomi, Sota Tabu), einem Executive Commitee und einem Guide Staff, gelungenerweise das Akiyoshidai International Art Village am Fuße des Akiyoshidai-Karstgebietes in der Provinz Yamagucchi ausgewählt. Der Komplex von höchstem architektonischen Standard, schließlich wurde er von dem 2019er Pritzker-Preisträger Arata Isozaki entworfen. Alle bekamen schöne Zimmer mit Tatamimatten am Boden, ein Futonbett, und es war ausreichend Platz, um seine Höhlensachen wieder herzurichten und zu  trocknen. 


"Nicht die Räume sind wichtig, sondern die Zwischenräume. Nicht die Zeit, sondern die Zwischenzeit." Arata Isozaki


Gespeist wurde zum Frühstück in einem Raum im Hauptgebäude, das Abendessen und die zwei Großempfänge zu Anfang und am Ende fanden Raum im kathdralenartigen Hauptraum der Anlage. Die abendlichen Treffen fanden in einem großen Saal im Hauptgebäude statt, dem "Seminar room". Dort stand auch die Versorgungsstation für Getränke, wo es auch zwei verschiedene Sorten von japanischem Bier gab, so manche Flasche Sake und natürlich auch vieles für die Wassertrinker. 

Abends wurde der nächste Tag vorgeplant und die an den angebotenen Höhlen Interessierten den entsprechenden Führern und Helfern zugeteilt. Wir wurden schon vorgewarnt, daß nicht alle Führer, die Höhlen auch kennen würden, wohin sie die "Meute" bringen sollten. Ich konnte mir nicht die Bemerkung verbeißen und fragte: "Should we give them a helping hand?" Englisch war die dominante Sprache, obwohl Philippe einmal frei formulierte, daß, da gerade so viele französisch sprechende Leute beisammen waren, nun das Französische nun zur offiziellen Sprache erklärt würde. "Nach der Logik", so ich, "wäre das doch wohl nicht Französisch, sondern Japanisch, wenn man alles in Betracht ziehen würde." Aber hätten wir Gäste alle sofort verloren, denn unsere Kenntnisse beschränkten sich gerade noch auf "Konichima" und, nach ein paar Tagen, meist auf das viel gebrauchte "Aligato" (Danke). Die Kommuikation mit den Japanern war meist kaum möglich, weil deren Englischkenntnisse nicht sehr umfangreich waren, aber mit Händen und Füßen klappte es dann doch meist. Genial ist die Verwendung des GOOGLE-Translators, der uns über so manchen Sprachabgrund half.

Bei früheren ICPMs gab es abends regelmäßig Vorträge zu sehen. Das war diesmal anders. Nur ganz wenige Leute hatten etwas vorbereitet und mitgebracht. Chris Howes aus Wales zeigte Schaustücke der Höhlenphotographie aus aller Welt und einen der ältesten Höhlenfilme, die jemals gemacht wurden, gedreht in den Lambs Leer Cavern in England. Philippe Crochet und Annnie Guiraud präsentierten ihr neuestes Werk über eine Reise ins "coeur du monde", angeregt durch eine einmalige Sinterfigur aus der grotte de Clamouse im Süden Frankreichs, kontrastiert mit schier unglaublichen Vulkanbildern. Norm Thompson aus der USA zeigte Photos vom ICPM-Treffen in der Türkei. Zuerst viel Sightseeing in Istanbul, dann Pinarbasi und am Ende Kappadokien. Am letzten Tag zeigte ich "Beyond normal cave photography", um dem allmählich immer kanonischer werdenden Trend in der Höhlenphotographie mit voll ausgeleuchteten und mit möglich großen Brennweiten aufgenommenen Photos wieder etwas entgegen zu setzen.

Tagsüber zog der Tross los ins Gelände. Wir trafen uns meist um 9 Uhr am großen Parkplatz, wo die verschiedenen Fahrzeuge schon warteten, um uns zu den Höhlen zu bringen. Die öffentliche Hand hatte sich nicht lumpen lassen, und zwei Kleinbusse mit Fahrer zur Verfügung gestellt, die uns zu den Zielen hinbrachten und Stunden später wieder abholten. Es war für alles genug dabei. Wer 100-m-Schächte befahren wollte, der konnte das tun, wer im Schlamm wühlte wollte, auch für den war etwas dabei, und wer viele Stunden im Auto unterwegs sein konnte, um zu einer kleinen schönen Höhle bei Hiroshima zu kommen, auch dem wurde geholfen. Bevorzugt waren die leichten einfachen horizontalen Höhlen, in denen wir unser ganzes Vermögen ausleben konnten. Wir waren ja eine sehr gemischte Truppe: von alten Hasen, die schon 50 Jahre und länger dieser Passion folgen, bis zu Anfängern, die gerade erste Schritte auf diesem nur auf den ersten Blick einfachen Feld machten. Bei manchem geht das Photographieren schnell und unkompliziert, bei anderen ist eine Stunde vorbei, ehe auch nur ein Bild aufgenommen war. Den Vogel schoß einer ab, der 2 1/2 Stunden für ein Bild brauchte, wobei die meiste Zeit für die Instruktion der drei Photomodelle draufging, die in drei verschiedene Wasserbecken so zu schauen hatten, daß der Photograph ihre drei Spiegelbilder gleichzeitig aufnehmen konnte. "The proof of the pudding lies in the eating." Nun, als wir alle das Ergebnis auf der großen Galavorstellung am Samstag in der Mine city Civic Hall, wozu auch das Publikum eingeladen war, und 200 Gäste tatsächlich da waren, sehen konnten, war ich nicht begeistert davon - aber den Versuch war es sicherlich wert.

Inzwischen gibt es ja so eine richtige Folklore um die ICPMs und dazu gehört diese große öffentliche Gala am Ende des Treffens. Satoshi Goto begrüßte das Publikum, dann moderierte Takashi Muramkami das weitere Geschehen. Eine Meisterleistung vollbrachte der Simultanübersetzer, der jedesmal, nachdem einer der Photographen, dessen Bilder gerade zeigt wurden und der erzählte, warum er gerade diese drei Bilder ausgewählt hatte, den englisch gesprochenen Text fließend ins Japanische übertrug. Anschließend ging es einen Stock höher in einen großen Raum, wo eine große Photoausstellung mit Höhlenphotos aus der ganzen Welt gezeigt wurde, meistens von Teilnehmern am ICPM. Die Photos waren Wochen vorher bereits an mehreren Stellen in Yamagucchi in den Bahnhöfen gezeigt worden, um die Öffenltichkeit auf das einmalige Ereignis des Höhlenphotographentreffens in ihren Umgebung aufmerksam zu machen.

Am Sonntagmorgen hieß es Abschied zu nehmen. Einzig wegen des Höhlenphotographentreffens nach Japan zu fliegen, das wäre sehr schade gewesen. Diese Variante gab es auch, aber die meisten von uns blieben noch ein wenig länger. Jede Gruppe hatte einen Pläne entwickelt. Viele fuhren weiter in den Norden der japanischen Hauptinsel Honshu, auch um in Vulkanhöhlen am Fujijama noch ein paar weitere Höhlen von ganz anderem Typ zu besuchen. Ich, meine "Assistentin" Verena Grüneis, Philippe und Annie fuhren nach Süden auf die Insel Kyushu. Dort zeigte uns Takashi Someya vom Höhlenverein "Kamneko Explorers" und einige Höhlenfreunde von den Kamendo Explorers (Kensaku Urata, Kojio Nanaka, Tetsuya Simomura) und vom "Japan Exploration Team" (Mahito Fujnimori, Akiko Oka, Naomi Maeda, Kayo Ogawa, Akiko Hidaka, Kensaku Urata, Koji Nonaka, Tetsuya Simura) noch zwei Höhlen im großartigen Karst von Hirondai, Seiryu-Kutsu und die Mejiro Cave. Die gezeigte Gastfreundschaft waren überwältigend. An einem Abend waren wir im Yakitori Restaurnat "Sankyu" (Thank you), am anderen im einem anderen in der Altstadt von Kokura, wo uns der Miniatur Shikansen die exotischen Speisen vorbei brachte. Nicht alles habe ich akzeptiert. Den Kugelfisch von einem wahren Meister gekocht, den habe ich mir zugeführt, bei der noch lebendigen Meeresschnecke habe ich gestreikt.

Wir können alle einfach nur "Danke" sagen. Mehr braucht es wohl auch nicht. Ich hatte oft das Gefühl, daß die Japaner umgekehrt "Danke" sagen, daß wir sie besucht haben. Immer wieder haben wir von Menschen, auf die wir gestoßen sind, beim Abschied auch noch ein Geschenk bekommen, seien es verpackte kleine Kuchen gewesen, eine traumhaft schmeckende Orange, frisch vom Baum zuholt, oder der tönerne braune Sakebecher mit der Aufschrift  "ICPM 2019 Japan", uns allen geschenkt von Satoshi. 

Gleich am ersten Abend

...ein Besuch im Restaurant

 

 

Schuhe aus!

Erste Begegnungen in Yamagucchi und im Akiyoshidai-Zentrum
Am Morgen:

 

Briefing der Guides

 

Sammeln am Abfahrplatz

Umzugsroutinen bei den Höhlen
Nachspiel am Abend




Sakebecher, speziell hergestellt für das 2019er ICPM


Auf der Nachtour auf die Insel Kyushu - abends im Sushi-Restaurant, Photo Takashi Someya


Text vor der Veranstaltung:

Satoshi Goto hat sich in Carlsbad stark gemacht dafür, daß das übernächste Höhlenphotographentreffen in Japan stattfinden soll. Das ist sicherlich sehr spannend, denn wer war von uns schon einmal in Japan? Eine fremde Kultur, eine fremde Natur? oder ist die nicht doch sehr ähnlich zu unseren Karstgebieten? Und was für Höhlen gibt es dort? 

Es stehen jetzt folgende Grunddaten fest:

Wann:

Beginn: Sonntag, 17. März, Ende: Sonntag, 24. März

Wo: Akiyosi-dai, Präfektur Yamaguchi
Akiyoshidai Internationales Kunstdorf
https://www.transartists.org/air/akiyoshidai-international-art-village
Kosten: Anmeldegebühr 420-500 $
Enthält Unterkunft, Verpflegung, Transporte zu den Höhlen, welcome und final party
Nicht enthalten im Preis sind die Getränke, Eintrittsgebühren zu touristischen Zielen und heißen Quellen
Detailprogramm: Sonntag 17. März: Empfang der Teilnehmer, Begrüßungsbankett
Montag 18. März - Freitag 22. März Höhlentouren
Samstag 23. März - ICPM-Versammlung, öffentliche Präsentation der Ergebnisse, Abschlußbankett
Kontaktadresse: naka@tokyospeleo.jp

Die Sache entwickelt sich und verspricht spannend zu werden. 

Inzwischen gibt es schon eine Teilnehmerliste, die nun immerhin 34 Personen umfaßt. Sie kommen aus folgenden Ländern:

- Deutschland 2

- Frankreich 2

- Schweiz 2

- Belgien 4

- Indonesien 1

- Iran 6

- Libanon 4

- USA 5

- Russland 2

- Türkei 2

- Großbritannien 2

- Kaukasus? 1

- Nationalität unbekannt 1

Dazu kommen natürlich auch die Japaner, die uns betreuen.

Bemerkenswert ist schon, daß niemand aus Italien oder Spanien mit dabei ist. Bei den ersten Treffen war besonders viele von dort dabei, aber jetzt scheint das Interesse stark nachgelassen zu haben.

 

Eine große Fotoaussstellung an verschiedenen Orten im Veranstaltungsgebiet ist geplant. So will man im Bahnhof von Shin-Yamaguchi station und dem Postamt von Mine Stadt Höhlenbilder zeigen. Alle Teilnehmer wurde angefragt, ob sie Photos, die auf A2-Größe gebracht werden, zur Verfügung stellen. Ziel ist es, den Menschen das Thema "Höhle" nahe zu bringen und wohl auch die Besuchszahlen der Schauhöhlen zu steigern.

Die Stadt Mine fördert die ganze Veranstaltung mit einem Zuschuß von 400.000 Yen (ungefähr 3.200 Euro), womit die Unterkünfte und die Miete für den Veranstaltungsraum leichter bezahlt werden können.

Von den Teilnehmern wird eine Teilnehmergebühr von 420-450 USD verlangt (umgerechnet ca. 400 Euro).

Im Anschluß an die Veranstaltung sind nun verschiedene Nachexkursionen geplant. Einige davon gehen zu den Lavahöhlen am Fuji, eine andere auf die Insel Kyushu mit dem Höhlengebiet Hiraodai. Weitere Ziele sind vorgesehen.


"Das Wort Foto auf Japanisch heißt shashin, eine Kombination aus den Zeichen für "schreiben" und "echt". (Hauser, Japan für die Hosentasche 188)


Was tun wir beim Höhlenphotographieren? Auch wir bringen "eine komplexe Wirklichkeit in ein handhabbares Format" (Müller, Mit den Augen des Adlers 18). 


 

Literatur:

Hauser, Francoise Japan für die Hosentasche, Fischer-Taschenbuch, Frankfurt a.M. 2016
Matzig, Gerhard Von Nagasaki lernen - Der japanische Architekt Arata Isozaki ist tot. Er gehörte zu den Visionären einer Moderne, die das Leben besser machen sollte, SZ Nr. 302, 31.12./1.1.2023, S. 16
Müller, Burkhard Mit den Augen des Adlers, Süddeutsche Zeitung Nr. 246, HF3, Seite 19
The Speological Society of Japan International Cave Photographers 2019 Meeting Akiyoshi-dai, Yamaguchi, Japan 17-23, March 2019
xxxxxxx International Cave Photographers 2019 Meeting in Akiyoshi-dai Photo Book, 2020

Links:

Offizielle Webseite: http://gotospeleo.jp/icpm5/home.html

https://www.youtube.com/watch?v=QGYS-GISlos Die Veranstaltung mit Musik untermalte Diashow von Guido Keyzer

https://www.youtube.com/watch?v=7vQxTBvi7uc&list=UUaNExF4naoLkHm11ICCJCWg  Film über unsere Höhlentour im Hirondai-Plateau 2019 mit Höhlenszenen und Bildern von einem gemeinsamen Essen mit den japanischen Höhlenfreunden in einem japanischen Restaurant

https://cloud.mail.ru/public/3pfT/4omkJeghe Die Photos von Daniel Lee

https://www.philippe-crochet.com/nouveautes/details/319/speleo-japon-mars-2019 

Akiyoshi-dai Plateau, Japan

Speläologisches in Japan

Die Internationalen Höhlenphotographentreffen / International Meeting of Cave Photographers / Rencontres Internationales des Photographes Du Monde Souterrain / Incontro Internazionale dei Fotografi del Mondo Sotteraneo


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