Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
22. Speleo Südwest 2023
vom 7.-9. Juli in Holzelfingen
"Gibt es Möglichkeiten, wie jeder selbständig sein Risiko für eine Alzheimer-Krankheit reduzieren kann? ...Wichtig ist auch das Erhalten sozialer Kontakte. Die Interaktion mit anderen Menschen, die Sprache ist ein wichtiger Bestandteil des Trainings der grauen Zellen. Soziale Isolation kann eine beginnende Demenz dementsprechend fördern." Peters, Alzheimer verstehen
Wenn sich wieder rechtzeitig eine Gruppe findet, die die Verantwortung für die Austragung eines neuen Treffens übernimmt, dann gibt es wieder ein Speläo Südwest. 2023 war das die Höhlenforschungsgruppe Pfullingen in Zusammenarbeit mit der ARGE Bad Cannstatt.
Man hatte alles organisatorisch bestens im Griff. Die Anmeldung hätte bis spätestens 12. Juni passieren sollen, womit sich die Veranstalter genügend Vorlaufszeit schaffen wollten, um z.B. ausreichend für die Verpflegung und einen "reibungslosen Ablauf" zu sorgen. Immer populärer wird es, sich angeben zu lassen, ob man eine "Bergungsversicherung" habe und in welcher Höhe sie bestehe. Hier eine eindeutige Antwort zu geben, das ist gar nicht einfach bis unmöglich, weil ich z.B. schon mehrere derartige Vereinbarungen bei unterschiedlichen Organisationen habe und von dort oft keine eindeutigen Aussagen gemacht werden. Außerdem, wenn man zu keinen Exkursionen gehen will, wozu dann eine "Bergungsversicherung"? 30 Euro Tagungsgebühr waren für die Erwachsenen zu berappen, man konnte sich 2x fürs Abendessen, 2x fürs Frühstück und einmal zum Mittagessen anmelden und mußte entsprechend im voraus bezahlen. Hatte man das getan, dann bekam man mit schwäbischer Präzision beim Eintreffen in der Greifensteinhalle am Rande von Holzelfingen gleich ein Namensschild mit den vorbreiteten Wertmarken überreicht. Für die eventuelle Teilnahme an einer der Exkursionen mußte man sich auch anmelden.
Der Anreisetag war der Freitag, der 7.7.2023. Ab 16 Uhr war das
Tagungsbüro geöffnet, das Abendessen gab es ab 18 Uhr. 2 optische Schmankerl
gab es noch zu sehen, 2 Filme von Uwe Krüger. Einer zeigte Forschungsszenen aus
einer Region im Süden Frankreichs im Departement Herault rund am das
LaSalle-Anwesen bei Olargues. Alte und ganz neue Aufnahmen, die letzten stammten
vom Juni 2023, zeigten den Zauber dieser Landschaft, die Menschen, die sich
leidenschaftlich der Höhlenforschung widmen und die atemberaubende Pracht im
Innern der Felsmassen. Der zweite Film hatte nur indirekt mit Höhlen zu tun. Es
ging um eine bedeutendes Fundstück aus dem Stadel im Lonetal, den
Löwenmenschen. Der war schon einmal zusammengebaut worden, und was fehlte, das
wurde so gut es halt ging, ersetzt und gefüllt. Bei Nachgrabungen hatte man
aber Hunderte weiterer Teile und Teilchen gefunden, die man als zur Figur
gehörig vermutete. Eine Restauratorin des Ulmer Museums wurde beauftragt, die
Figur wieder auseinanderzunehmen und neu zusammenzusetzen. Und Uwe folgte diesem
spannenden Unternehmen 5 Tage lang. Das Riesenpuzzle gelang, so gut es halt noch
ging.
Am Ende des Abends: "Gemütliches Beisammensein".
Samstag früh gemeinsames Frühstück. Ab 10 Uhr eine kurze
Ansprachen von Frank Schüler, der gekonnt auch die weitere Moderation
übernahm, und vom derzeitigen Vorstand der südwestdeutschen
Höhlenforschervereinigung Uwe Krüger. Weiter ging es mit Vorstellungen der
Vereine und ihrer Projekte (Dr. Andreas Hoydem, Arbeitsgemeinschaft
Muschelkalkkarst, Dieter Dohmke, Kahlensteiner Höhlenverein, Mathias Leyk, Höhlenrettung
BaWü. Thomas Boldt, Hannes Hess, Höhlenverein Blaubeuren) und weiteren
Vorträgen (Hannes Köble: Fledermausquartierkontrollen – Baden-Württembergs
Höhlen im Winterschlaf, Harry Scherzer, Holger Class,: Mobiles CO2 im Karst, Höhlenentstehung,
Hannes Hesse: Neues aus dem Farrenwiesschacht, Leonie Grön und Daniel Geil,
Neues aus dem Steebschacht, Dr. Andreas Hoydem: Das Reiselfinger Höhlensystem
– 50 Jahre Forschung, Jens Hornung: Engstellenerweiterung, Stefan Allich:
Rechtlicher Rahmen bei Höhlenrettungseinsätzen, Rafael Grimm, Neue
geophysikalische Methoden zur Fernerkundung von unbekannten Hohlräumen, Dr.
Michael Blaschke: Low cost Messtechnik und Datenaufzeichnung – Bewetterung,
Temperatur, Luftfeuchte, Wasserstand.). Sie waren von einer Mittagspause
zwischen 12 Uhr und 13.30 Uhr und einer Kaffeepause unterbrochen.
Den großen öffentlichen Abendvortrag ab 20 Uhr bestritten zwei Urgesteine der
Höhlenforschung auf der Schwäbischen Alb: Andreas Kücha und Herbert
Jantschke. mit einer Präsentation der Höhlen der Schwäbischen Alb. Hier
konnten wir nur noch staunen. Herbert erwähnte es: Was zur Zeit dort los ist,
das gleicht einem Golden Zeitalter der Höhlenforschung, die so nicht mehr
wiederkommen wird. Die konsequente Anwendung modernster Technik, z.B. beim
Höhlentauchen, beim Erweitern von Engstellen, beim elektronischen Prospektieren
unbekannter Hohlräume, intensivste Grabungsaktionen und mutigste Forscher haben
zu einer bis dahin nie gekannten Neuerschließung von Hohlräumen im Innern
unserer dünnen Erdkruste geführt. 3 Riesenhöhlen kennt man inzwischen auf der
Alb, die tiefste Höhle reicht 165 m unter die Oberfläche der Alb. In drei
Abschnitten wurden wir zu den unterirdischen Highlights geführt, von West über
die Mitte bis in den Osten der Alb. Hervorragende Photos auch von anderen
Spitzenfotographen wurden gezeigt und die fachkundige und humorvolle Moderation
von Beiden gleichzeitig ließ die Zeit im Flug vergehen. So etwas wird nie
wieder so passieren und wir können nur dankbar dafür sein, hier dabei gewesen
zu sein. Kräftiger Applaus am Ende.
"Anschließend gemütliches Beisammensein und Erfahrungsaustauch".
Praktisch hieß das zum Beispiel für mich, daß ich dem mir gegenüber am Tisch
sitzenden Johann Westhauser die Frage stellen konnte, wie er denn den zweiten Riesendingfilm,
der ja wegen seiner Darstellung einiger Akteure von der Bayerischen Bergwacht
und einem Teil der Höhlenforscher recht kritisiert worden ist, sehen würde. So
etwas war einfach eine einmalige Gelegenheit.
Auch am Sonntag gab es das üppige Frühstücksbüffet. Anschließend konnte man zu Exkursionen aufbrechen: Mordloch, Falkensteiner Höhle, Schickhardtstollen Seeburg, Eichbergschacht, Brunnensteighöhle, Olgahöhle, Farrenwiesschacht, Geoworkshop zur Fernerkundung von unbekannten Hohlräumen. Jeder konnte hier etwas für sich finden.
Es bleibt nur zu danken. Es war eine prima Tagung bei bestem Wetter (es war fast schon zuviel Sonnenschein) an einem sehr gut geeigneten Ort mit sehr vielen sehr netten und zugänglichen Leuten. Die Treffen wurden ja einst ins Leben gerufen, daß die Menschen besser zusammenkommen als nur alleine oder zu wenigen vor sich hinzu"wurschteln". Gerade Corona, an das wir uns ja schon fast gar nicht mehr erinnern, hat doch gezeigt, wie wichtig es ist, sich zu treffen und miteinander zu "wachsen".
Auf die Frage an (die) "Fee" am Empfang, wieviele es denn geworden sind, die teilnahmen, bekam ich "102" als Zahl genannt. Vermutlich sind es noch ein paar mehr geworden. Die Zahl zeigt, daß es ein solides Interesse gibt an solchen Veranstaltungen. Wo es nächstes Mal sein wird? Keiner scheint das noch zu wissen, aber es wird schon jemand wieder finden
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Literatur:
Peters, Oliver (2023): Alzheimer verstehen, Süddeutsche Zeitung Nr.160, 14. Juli 2023, S. 12
Links:
https://hfgp.de/?page_id=73 Programm
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