Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Im Ostteil des Dachsteinplateaus, Steiermark, A


Das Sennerinnengrab


Der Ostteil des Dachsteinplateaus unterscheidet sich ganz wesentlich vom Westteil, wo der weißgraue Gipfel des Dachsteins und die angrenzenden hochliegenden kahlen Kalkplateaus das Bild dominieren.
Im Osten ist es graugrün. Die Höhenlage ist weit geringer, zwischen 1500 und 1800 m Seehöhe meistens. Wald prägt die Oberfläche, unterbrochen von einzelnen Grünflächen, die mal natürlichen Ursprungs sind, weil es sich um abflußlose Senken im Gelände handelt, in denen am Grunde oft ein Kältesee die Veränderung der Vegetation bedingte. Immer wieder sind sie auch durch den Menschen geschaffen worden, der den Wald gerodet hat und die frei gewordenen Flächen, genauso wie die natürlich bedingten Freiareale für die Weidewirtschaft genutzt hat und noch nutzt. Und das seit Jahrtausenden! Intensive Untersuchungen in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch ANISA, die auch die wissenschaftlichen Forschungen dort oben anregt und unterstützt hat, haben gezeigt, daß es bereits aus der Bronzezeit dort oben Menschen gegeben hat. Man hat Reste von Hütten aus der Römerzeit ausgegraben, aus den Frühmittelalter, dem Hochmittelalter und aus den Jahrhunderten danach.

Wer von all dem nichts weiß, der sieht auf den ersten Blick, einfach nur eine herrliche Landschaft. Die wenigen Hütten im Gelände sind das Auge angenehm fokussierende Punkte in der Landschaft, die wie hineinkomponiert wirken. Am leichtesten die die Region über die für den allgemeinen Verkehr zu erreichen. Ab dort geht es nur noch zu Fuß weiter.


Für den 1. Juli 2007 hatte die ANISA, der "Verein für alpine Forschung, eine Vereinstour zum Bärenloch angekündigt. Ich fragte an, ob ich mitkommen könne und bekam eine Zusage. Um 9 Uhr sollte der Treffpunkt bei "In der Lend" bei Gröbming sein.

Ich war dort und es wurde eine einmalige Tour. Das ist so ein Geschenk, wenn einem das passiert, das mit Geld nicht aufzuwiegen ist. Es kommt da viel mehr auf Know-how, Beziehungen, guten Willen und ein passendes Wetter an. Schnell waren die Teilnehmer sortiert auf die vier Fahrzeuge, in denen alle Teilnehmer an der Exkursion ihren Platz fanden. Ein Schranke ging auf, wurde hinter uns wieder geschlossen - und los ging es. Für Mountainbiker ist das eine gesuchte Teststrecke, Vollmotorisierte brauchen einen kräftigen Motor, gute Reifen und einige Bodenfreiheit. Es ging hinauf über die "Öfen", die Rahnstube, die Brandalm und am Ende bis zu dem Punkt, wo man von der Notgasse wieder herunterkommt. Dort waren ein paar Parkplätze, dort blieben die Autos zurück.
In den vergangenen Jahren haben die Almbesitzer bei der Schiltenwangalm einen neuen Fahrweg dorthin bauen lassen, unterstützt vom Staat, der 40 % der Kosten getragen hat. Nun kann man mit einem 4W-Fahrzeug leicht hinaufkommen - was heute zu einem Aufschwung der Almwirtschaft dort oben geführt hat. Eine Sennerin ist nun wieder den Sommer dort oben, mehr Bauern bringen ihr Vieh dorthin. Der Ziegenbestand ist neu, aber gewollt.

In drei Fuhren wurden wir von einem der Bauern in seinem Allrader hinaufgebracht, was uns unendliche Muskelbewegungen erspart hat. Wir hatten noch viel genug vor uns. Vorgesehen war eine Wanderung über die Almen bis zum Bärenloch und wieder zurück zu den Autos. Irgendwie wirkte alles so urtümlich, so unberührt, so wunderbar. Eine wunderbare Stille herrschte meist, wenn sie nicht gerade durch die Gespräche der Teilnehmer an der Exkursion zeitweilig unterbrochen wurde. Franz Mandl, der einmal ein ganzes Jahr hier gelebt hat als "Almerer", war unser kundiger Führer. Ein Erlebnis. Wo wir Alltagsmenschen halt eine Doline, also einen Vertiefung ohne oberflächlichen Abfluß allenfalls gesehen haben, da machte er uns auf die kleinen Verebnungen mit Steinumkränzungen aufmerksam. Da war mal ein Gebäude aus der Römerzeit, das eines aus dem frühen Mittelalter, 9tes Jahrhundert, so ungefähr. Alles noch nicht ausgegraben, die Murmeltiere bringen alles durcheinander, die wühlen das Unterste zu Oberst....
Wir kamen am vermutlich ältesten Baum des Dachsteingebirges vorbei (in dem ein Zwerg inzwischen sein Domizil hat...), an einem Sennerinnengrab, durchquerten Senke um Senke und standen am Ende vor einem großen Höhlenportal. Vor der Seite aus, von der wir gekommen waren, sah man es erst, als wir fast unmittelbar davor standen, das Bärenloch.

Warum das so heißt, auf diese Frage kann wer weiß Antwort geben. Bärenknochen hat man jedenfalls, soweit ich weiß, noch nicht drin gefunden. Aber der Gang ist groß genug, um solchen Tieren einen Lebensraum zu gewähren. An dem großen Felsblock im Eingang ist ein Höhlenbuch, wo sich jeder Besucher dieser wohl nur selten besuchten Höhle eintragen kann (Wer von Gröbming her versucht, dorthin zu Fuß zu gelangen, der ist bald 7 Stunden unterwegs! Einfach!) Es gibt ein paar eingeebnete Flächen im Höhlenportal. Vermutlich haben da Menschen versucht, zu bleiben, ob nur für eine Nacht oder für länger - egal, die flache Fläche war dann eben da. Ein herrliches Panorama zeigt sich vom Höhleneingang aus - sofern man gutes Wetter hat. Das Ganze in einer Nebelsuppe - das mag ich mir nicht auszumalen. Verlaufen garantiert.
Im Hintergrund der Eingangshalle geht es nach links weiter - hinter einer von Menschen errichteten Mauer. Wer waren die "Erbauer" dieser Mauer. Wilderer vielleicht. Ein bißchen Bücken und schon steht man wieder in einem großen Gang, ein Tunnel tut sich auf. Aber nicht für lange. Wir sind schon sehr obenflächennah. Es gibt noch einen weiteren Ausgang nach oben. Gut hundert Meter ist die Gesamtganglänge der Höhle.

Die Tour sollte ein definiertes Ende haben. 30 Minuten hatte unsere Gruppe, danach wurden wir weitergelotst, erst den bereits bekannten Weg hinunter, dann durch das "Gehackerts". Wer dann noch Lust hatte, durch die Notgasse zu gehen. Auch das war möglich. Aber fast keine Zeit war, für das, was ihre Besonderheit ausmacht. Auf der Fahrstraße war schließlich auch ein Teil unserer Exkursionstruppe unterwegs.

Einen herrlichen Abschluß fand unsere Exkursion bei den Viehberghütten. Mit dem Auto sind sie ja wirklich schon sehr bequem erreichbar. Wir ließen dort den Tag ausklingen bei Sonnenschein, Flötenklängen und "Käsepfannkuchen"...

Bei den Schiltenwangalmen
Auf dem Weg zur Plankenalm
  Kleine Schachthöhle am Weg

Der älteste Baum im Dachsteingebiet
  Das einsame Grab einer Sennerin
Das Bärenloch
  Unterwegs - die abgestreifte Haut einer Kreuzotter
In der Notgasse
Bei den Viehberghütten

Noch mehr zu Karst und Küche

Ein besonders schöner Ort im östlichen Dachsteingebiet ist der Ödensee. Er ist gut erschlossen und ein Weg führt drumherum. Im Sommer kann man ihn als "überlaufen" ansehen, weil er auch gut erschlossen ist, aber irgendwohin müssen wir 8-Millarden-Menschheitsbewohner dieses kleinen Planeten Erde ja auch hin!
Im Sommer 2013 war im Museum in Bad Aussee eine kleine Ausstellung über das Ende des 2. Weltkriegs und das Ende des Dritten Reiches zu sehen. Auch hier spielte sich eine der letzten, heute ziemlich bizarr aussehenden Akte ab, hatten sich ehemalige "Nazigrößen" in eine Hütte hierher verzogen, einst zur "Herrenrasse" (Hitler) sich zurechnend und entsprechend viele umgebracht habend, wenn sie nicht das taten, was sie gewollt hatten.
Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Auch von dem Mut, den einige Menschen besessen hatten, schon vor deren Ende dagegen zu opponieren. Und die ihre Abneigung gegen die "Arier" mit ihrem Leben bezahlt hatten. Und hinterher haben Leute sich zum Widerstand gerechnet.....Die Ausstellung zeigte da so ein paar Spuren...

 
 
 
     

 


Literatur:

Gleirscher, Paul Zum Nachweis römischer Almhütten am Dachsteinplateau und den Steiner Alpen, in: ALPEN, hsg. von ANISA Doppelband 2004 und 2005, S. 23
Leutner, Norbert Aus unserem Kataster Teil 5 1545 Kammergebirge, Höhlenkundliche Vereinsinformation Jahrgang 3, 2-1976, S. 14ff.
Bock, Lahner Höhlen im Dachstein, 1913, S. 89-91
Simony, Fr. Das Dachsteingebiet, 1895, S. 42
  Mitteilungen der Sekt. Ausseerland 11. Jahrgang, Okt. 1972, S. 4-10

Links:

 

 


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