Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle


Das Delegiertentreffen der SSS/SGH 2022
in Näfels, Glarus, Schweiz

21.-22. Mai 2022


Bergwerk Lochenzenhoehlen


Vom 21.-22. Mai 2022 fand wieder einmal ein "Delegiertentreffen" des Schweizerischen Höhlenforscherverbandes statt, was bei uns in Deutschland einer Jahreshauptversammlung in etwa entspricht. Der Veranstaltungsort wechselt, der Ablauf ist immer ähnlich. Am Samstag findet die Versammlung statt, wo die Agenda abgehandelt wird, ein "Apero" wird gereicht, mal gesponsert von der Gemeinde, diesmal vom organisierenden Klub, abends dann ein "Galadiner", und am Ende die "Speläobar", die open end geöffnet hat. Am Sonntag werden dann Exkursionen zu Zielen in der Umgebung angeboten.

So lief es auch diesmal. Die OGH, die Ostschweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, beging ihr 70jähriges Jubiläumfest. Man lud nach Näfels im Glarner Land ein, ein kleines Städtchen mit Vergangenheit. Eine berühmte Schacht hat dort einmal stattgefunden und ein großes Denkmal auf der grünen Wiese erinnert noch daran. Überall gibt es Fabrikbetriebe mit großen Namen. Als Münchner fiel mir da besonders Kraus-Maffei und MAN auf. Der Vertreter des Fremdenverkehrsamtes brachte uns auch die Industriegeschichte der Gegend nahe, als er eine kurze Rede beim Apero für uns hielt. In der Gegend war mal ein industrielles Zentrum der ganzen Schweiz, insbesondere durch Stoffdruckverfahren. Heute gibt es noch immer bedeutende Firmen, nur produzieren die heute halt andere Produkte.

Als Veranstaltungsort hat man die Turnhalle mitten im Ort in Beschlag genommen. Das Massenschlafquartier war in einer nahe gelegenen Schule. Offizieller Beginn sollte um 10.30 Uhr vormittags sein, aber da waren erst ein paar Funktionäre, die Händler und das Empfangstresenpersonal da. Dort bekam man die Gutscheine fürs Galadiner (35 Franken) und konnte für all die anderen Leistungen, die man auch noch in Anspruch nehmen wollte (Schlafplatz, Frühstück, Exkursionen) bezahlen. Ein kleiner Imbissstand wurde betrieben, wo es auch das OGH-Bier zu kaufen gab. Vor dem Haus auf der Freifläche davor wurde ein mit Holz zu heizender Badezuber aufgestellt, der später vor allem von den Kindern benutzt wurde. 

Am frühen Nachmittag begann dann wirklich das Programm. Die Delegierten der verschiedenen Vereine bekamen rote und grüne Stimmkarten ausgehändigt, auf denen Ja/oui und Nein/no stand. Die waren dann jeweils bei den diversen Abstimmungen hochzuhalten und wurden dann von einer eifrigen Freiwilligen jeweils gezählt. 

Details des Programms seien hier weggelassen, nur zwei Punkte seien hier erwähnt. Einmal ist das Schweizerische Museum für Speläologie, in Chamoson im Wallis seit vielen Jahren betrieben, in großer Gefahr aufgelöst zu werden. Die Gemeinde stellte ihr Förderung ein, weil man das Geld an anderer Stelle nun ausgegeben will. Man muß sich um einen anderen Ort umsehen. Bei der Schauhöhle von Vallorbe gibt es vielleicht eine Möglichkeit der Weiterführung der Sammlung, aber das ist noch unsicher. So kam es zu einem Beschluß, daß sich die SSS/SGH mit der Angelegenheit befassen will. Eine zentrale Sammlung zu haben, oder auch nicht, wo das immer weiter anwachsende speläologische Erbe sicher und zugänglich aufbewahrt wird - das ist auch hier in Deutschland ein Thema. Wenigstens für die, die sich bewußt sind, daß die Beschäftigung mit den "Höhlen" mehr sein kann, als immer nur geil auf "Neuland" zu sein!
Bislang gibt es noch keine deutschsprachige Fassung des Klassikers der Höhlenbefahrungstechnik, dem Buch "Techniques de la spéléologie alpine" von Marbach und Tourte, das schon in der dritten Auflage erschienen ist. Eine neue Version ist geplant. Nun gibt es eine Gruppe Schweizer Höhlenforscher, die an einer deutschen Version arbeitet. Ergänzt soll das Buch um einen Teil werden, der Schweizer Spezialiäten ergänzt.
Eine junge Dame im schwarzen Kleid stellte das für Juni geplante SPELAION-Treffen in La Chaux-de-Fonds vor, das von der Issca, einer "gemeinnützigen Stiftung zur Förderung der Kenntnis des Karstmilieus", organisiert wird. Auf der ersten Folie erschien auf einmal ein Bild, das mir sehr bekannt vorkam. Da ist einfach ein Bild von mir verwendet worden, das ich noch Urs Widmer zur Verwendung in "Karst und Höhlen der Schweiz" von Wildberger und Preiswerk 1997 überlassen hatte. Es entstand 1986 anläßlich einer Tour mit Andi Aigner, der auf dem Bild zu sehen ist, und Remy Wenger, der uns geführt hat. Und hier war es auf einmal wieder. Es gibt so viele Höhlenphotos heute - und dann fällt ausgerechnet die Wahl auf dieses. Eigentlich muß ich danke dafür sagen, sonst hätte man es ja nicht vewendet. Außer mir war wohl keiner im Raum, der über dieses Bild soviel gewußt hat.

Um 17.40 Uhr wurde man gerade noch rechtzeitig fertig, um für den Apero um 18 Uhr bereit zu sein. Er wurde gespendet von der OGH, auch um das Jubiläum angemessen zu feiern. Es gab ein kleines Buffet und ausreichend Getränke. Das Wetter war gnädig und so war es möglich, im Sonnenschein draußen, rundum eingeschlossen von Felsen, Bergen, kurz einer Bilderbuchlandschaft, Gespräche zu führen. Ich traf unter anderem einen gereiften Schweizer Höhlenforscher, der war schon mal da, wo ich mal noch hinwill: auf der Osterinsel. Das war die seltene Gelegenheit, mit jemandem zu reden, der noch immer ganz fasziniert von diesem Erlebnis erzählen konnte.

Das Galadiner wurde in der Turnhalle gereicht, die man mit großen Holztischen und Bierbänken gefüllt hatte. Auf den Tischen hatte man eine originelle Tischdekoration ausgebreitet, die aus Hackschnitzeln, kurzen Holzstücken und daran angebrachten Tonfledermäusen bestand. Das Menü bestand aus einer Tomatensuppe, der Hauptspeise aus leckerem Kartoffelbrei, fein gedünsteten Karotten und entweder einem Netzbraten oder einem vegetarischen Schnitzel bestand, und einem kleinen Kuchen von der Bäckerei nebenan. Noch zwei Programmpunkte galt es abzuarbeiten: die Verleihung der Quizpreise für die Leistungen im Höhlenwissenstest und einer Präsentation aus Anlaß des 70jährigen Vereinsbestehens. Langsam übernahm dann die Barmusik die Lauthoheit.... 

Am nächsten Morgen gab es ein gemeinsames Frühstück in der Turnhalle, die Händler hatten schon abgebaut, in kleinen Grüppchen sammelten sich die Exkursionsteilnehmer. Zu speläologischen Highlights führten kompetente Führer, Windloch im Klöntal, Lachenstockhöhle, Höhle unter der Lufthütte..... Ich hatte mich für die Familientour in das große Kalkbergwerk am Walensee angemeldet und habe das überhaupt nicht bereut. Einfach Klasse! Danke auch für die sehr fachkundige Führung.

Einer fehlte, der immer dabei gewesen war, wo sich Höhlenforscher versammelt haben, René Scherrer. Mit dem Älterwerden nutzen wir uns alle ab, der eine schneller, der andere langsamer. René lebt nun in einem Pflegeheim bei Zürich und leidet, leider, auch an Demenz. Die Lehre ist wohl, daß wir lebhaft leben sollten, solange es geht - und nichts aufschieben brauchen auf später, auf die besseren Zeiten, die dann oft doch nicht mehr kommen.

Auf dem Rückweg besuchte ich wieder einmal die Kristallhöhle Kobelwald und war selber erstaunt, wie sich mein inneres Bild der Höhle von den tatsächlichen Verhältnissen unterschieden hatte. Ich war angenehmst überrascht und kann einen Besuch nur empfehlen. 


Die Turnhalle - der Veranstaltungsort
< Demokratie!

Am Sonntagmorgen am Walensee - ein Teil der Gruppe, die das Bergwerk Lochezen besuchte

 

Eine Überraschung für mich ...plötzlich war da Bild auf der Leinwand zu sehen, das ja von mir stammte...

 


Literatur:

Wildberger, Andres, Preiswerk, Christian (1997): Karst und Höhlen der Schweiz, Speleo Projects, Basel

Links 

https://speleo.ch/joomla/index.php/de/9-uncategorised/299-21-22-mai-sgh-dv-in-naefels

https://www.glarus-nord.ch/portraet/ortschaften/naefels.html/2082

https://www.alltrails.com/de/switzerland/glarus/nafels

https://ogh.ch/

Speläologisches in der Schweiz


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