Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

2024er Tagung - 100 Jahre Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich 
und 75 Jahre VÖH 
in Spital am Pyhrn, Österreich
12.-15. September 2024


Anlauf zu einem Gruppenfoto


Kreidelucke

Teufelskirche


1 und 1 ist 3! In klassisch-mathematischer Denkweise stimmt diese Gleichung natürlich nicht. Setzen. Note 6. 

Und doch ist an dieser Idee etwas dran. Es gibt vieles auf dieser Welt, wo obige Formel eher stimmt. Denken wir nur an unseren eigenen Anfang. Wir sind alle nur da (noch), weil ein Mann und eine Frau einmal zusammengekommen sind und neues Leben gezeugt haben. Nur in der griechischen Sage konnte sich etwa Zeus aus seinem Bein ein neues Wesen schneiden. Ein wenig weiter gedacht, es gibt Dinge auf dieser Welt, die gibt es nur weil mehrere Menschen zusammengetan haben, um sich einer Aufgabe zu widmen, die das Zusammengehen erfordern, damit man sie überhaupt angehen kann. 

Da sind wir schon bei der Höhlenforschung. Nur selten haben es Einzelne zu bedeutenden Leistungen in der Höhlenforschung gebracht, denken wir z.B. an Jochen Hasenmayer. Es ist bestens begründet, sich im Untergrund der Erde zusammen zu tun und vor allem gemeinsam tiefer vorzudringen. Das wußten natürlich auch schon unsere Vorfahren. Daß nun der Landesverein für Höhlenkunde, manchmal heißt es auch "Höhlenforschung", sein 100jähriges Jubiläum feiern konnte, weil er 1924 gegründet worden war, ist ein echter Ausdruck dieser Erfahrung. Dabei hatte er schon einmal einen Vorgänger dort, der allerdings aus allerlei Gründen schon wieder eingegangen war. Auch den VÖH, den Verband österreichischer Höhlenforscher, gibt es seit nun 75 Jahren und auch das wurde in Spital gefeiert. 

Als Zeitraum hatte man den 12. bis zumn 15. September 2024 bestimmt, als Austragungsort das Hotel "Freunde der Natur" in Spital am Pyhrn. Damit hat man einen Glücksgriff getan, denn die Anlage, eine frühere Jugendherberge, die zu einem modernen Hotel umgebaut worden ist, bot für alle Anforderungen genug Raum. 

Für einen entscheidenden Punkt hatten die Veranstalter nichts gekonnt, das Wetter. Tage zuvor hatte die Bildzeitung getitelt: "Droht Jahrtausendhochwasser?" Für ganz Österreich war schlechtes Wetter angesagt, ein früher Wintereinbruch sorgte für Verkehrschaos an den hohen Alpenübergängen, auch Totalsperrungen. Die Schneegrenze war bereits kurz oberhalb von Spital zu sehen, einmal kam sie auch weiter herunter und unsere Fahrzeuge bekamen Schneehauben. Eine Exkursion wurde sogar abgebrochen, weil es den Exkursionisten kurz vor dem Eingang der Odelsteinhöhle zu riskant erschien weiterzugehen, angesichts plötzlich zusammenbrechender Bäume im Wald. Die Wasserhöhlen, die auf dem Besuchsprogramm standen, waren noch nicht aktiv geworden, so daß die Exkursionen noch stattfinden konnten. Wir kamen noch ganz gut durch, andere in Niederösterreich, Tschechien oder Polen gingen in Wasserfluten unter.

Am Samstagmittag fragte ich Harald Zeitlhofer, das Mastermind hinter dem Treffen, wieviele Besucher sich denn nun zusammengefunden hätten. Seine Antwort: Momentan über 130 Personen. Ganz schön viele.

Für Donnerstag und Freitag waren verschiedene Exkursionen vorgesehen, von denen wegen der Wetterverhältnisse einige gleich wieder gestrichen wurden: Eislueg, Mandlwald Eishöhle, die Almentour. Andere fanden tatsächlich statt: in die Kreidelucke, die Rettenbachhöhle, die Pießling-Ursprungshöhle, die Kraushöhle.

Der ganze Samstag war wohl gefüllt mit sehr sehenswerten Vorträgen: Heli Steinmassl: Überblick über Höhlen in der Pyhrn-Priel-Region, Ralf Benischke: Karsthydrogelogische Untersuchungen im Warscheneckgebiet, Christian Roither: Entdeckungen aus zehn Jahren Höhlenforschung im Höllengebirge, Lukas Plan: Gibt es nur ein Höhlenniveau im Toten Gebirge? Thomas Grundacker: Der "Riesensee mit den schwarzen Fischen" und andere kryptospeläologische Abenteuer rund um Leoben, Clemens Tenreiter: Forschung im Ahnenschacht, Doris Döppes/Gernot Rabeder: Die großen Bärenhöhlen der Warscheneck-Gruppe und ihre Bedeutung für die Wissenschaft, Tenreiter und Steinmassl: Ein Update zum Stand der Höhlenrettung, Michael Laumanns: Karst und Höhlen bei Mbanza-Ngungu (Demokratische Republik Kongo) - eine neue afrikanische Riesenhöhle, Ludwig Pürmayr: Die Forschungsgeschichte des Schönberg-Höhlensystems, Josef Weichenberger: Beispiele aus der Erdstall- und Stollenforschung, Markus Lutz, Heli Steinmassl: Klarahöhle, Abdul Hamid Baghdadi, Maximilian Katschthaler: Photogrammetrie in der Speläologie für wissenschaftliche Arbeiten im Kontext der Digitalen Transformation, Katharina Bürger: Aquatische Biodiversität in Österreichs Höhlen.
Vor der Mittagspause fand noch eine Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung statt zur Frage Quo Vadis VÖH? Ein wesentliches Thema ist z.B. die Nachwuchsgewinnung und die ist nicht einfach. Ein krasses Beispiel wurde mit der Abschließung des Eggerlochs in Kärnten erwähnt. Dort sind immer schon die Menschen reingegangen, alte und junge. Heute steht man vor einer Eisenwand und alle bleiben ausgeschlossen - aus angeblichen "Höhlenschutzgründen". So gab es die Forderung, daß sich auch der Verband für das Offenhalten vieler Höhlen einsetzt.
Nachmittags fand im Anschluß an den Vortragsreigen wieder eine Speläoolympiade statt, die wegen des miesen Wetters nicht draußen stattfinden konnte. 5 Stationen waren von den Dreierteams mit Wettbewerb zu meistern, was mit großer Verve betrieben wurde (Biwakabbauen, Hindernisparcours mit verbundenen Augen bewältigen, enge Holzröhren durchkriechen, eine Badewanne voller Plastikbälle "durchschwimmen", mit dem Suunto eine genaue Lagebestimmung durchführen, Wiederaufbau des Biwaks. Ein großer Spaß. 

Nach dem großen feinen Abendessen, das im Tagungsbeitrag von 35/40 Euro inkludiert war, gab dann noch die große Ehrungsgala und einen Spitzenhöhlenbildvortrag. Geehrt wurden Max Wimmer mit dem Goldenen Höhlenbären und Eva Kaminsky mit dem Poldi-Fuhrich-Preis. Die Schnellsten der Speläoolympics bekamen ebenso einen Preis wie der Gewinner des Höhlenphotowettbewerbs, Markus Lutz.

Am Vorabend war es Csaba Egri aus Ungarn mit einem 3-D-Vortrag über Höhlen in Brasilien gewesen, der den großen Abendvortrag bestritt, für den Samstag war aus Montpellier/F Philippe Crochet und seine Lebensgefährtin Annie Guiraud angereist um uns in einige der schönsten Höhlen der Welt zu zeigen, die alle 5-Sterne verdienen. Philipps Motto ist dreifach: Keine Höhlentour ohne Fotoapparat, kein Höhlenbild ohne Annie im roten Schlaz, in jedem Bild wird sie von hinten zusätzlich angeleuchtet. Aber: Keine Regel ohne Ausnahme. Wenn man eine 1 cm große Kristallkrone aus der Grotte Trabuc bildfüllend aufnimmt, dann paßt Annie einfach nicht mehr aufs Bild.  Es ging um die ganze Welt: Japan, Kuba, Laos, La Réunion, Mulu, New Mexico, Turkmenistan. Und nicht nur Kalksteinhöhlen, auch solche im Sandstein, in früheren Lavaströmen oder Salzstöcken. Die Show war einfach "breath taking". Eine Steigerung gibt es da nicht mehr. 
Anschließend ging es hinunter an die Speleobar und in die Eingangshalle, in der weiter "genetworked" wurde bis irgendwann auch der letzte das Feld räumte.

Sonntagvormittag war für die Leute reserviert, die sich in der Verbandsarbeit engagieren und der Hauptversammlung des VÖH beiwohnten. Die vorgesehenen Exkursionen wurden abgesagt, weil das Hochwasser die Höhlentouren riskanter machte.

Es bleibt mir nur, den Veranstaltern und dem tollen Team zu danken. Ihr habt einen grandiosen Job gemacht. Ihr könnt stolz sein, daß ihr das so gut hinbekommen habt.

Eine letzte kleine Geschichte: Ich unterhielt mich mit 2 Höhlenforschern vom Sierninger Höhlenverein und erfuhr so unter anderem von einem Vorgang, den man sich dort immer wieder erzählt hatte. Da war einmal ein Höhlenforscher zu Besuch, der kam mit einem Auto, dem das halbe Bodenblech gefehlt hat, weshalb Fahrer und Beifahrer nie gewagt hatten, die Füße auf den Autoboden zu stellen. Verrückt! Das bin ich gewesen, 1975. Da haben wir einmal auf Einladung von Rupert Knoll die Eislueghöhle besucht und da ist das passiert. Und da redet man heute noch davon!


An der Rezeption / Tagungsbüro
Die "Händlermeile"
Die Teilnehmer an der Podiumdiskussion
Die Exkursion in die Kreidelucke
Umziehen im Vorraum der Kläranlage von Hinterstoder
Stand der Technik:

Im Höhleneingang auf dem Laptop einen Film über Höhle auch mit Szenen über die zeitweilige Überflutung der Höhle sehen - unser Höhlenführer Martin Lutz zog alle Register

Hinterher im Trockenraum
Abendessen
Die Speläoolympiade

1. Station

Beim "Sountieren"
Der derzeitige VÖH-Präsident

Christoph Spötl

Zeitlhofer, Crochet, Guiraud

Literatur:

Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich, 
Gestaltung Harald Zeitlhofer
100 Jahre LVHOÖ 75 Jahre VÖH, Speleo Pyhrn-Priel 2024, 2024
Matzig, Gerhard Diese Flut haben wir selbst gemacht, Süddeutsche Zeitung Nr. 215, 17. September 2024, S. 11

Links:

https://www.hoehlenforschung.at/tagung2024/

https://www.hoehlenforschung.at/ Landesverein für Höhlenforschung in Oberösterreich

https://hoehle.org/ Verband österreichischer Höhlenforschung

https://www.naturfreundehotel.at/

https://www.philippe-crochet.com/

Speläologisches in Österreich


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