Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Das 4. Internationale Höhlenphotographentreffen

diesmal im Carlsbad Caverns National Park, USA

21.-29. April 2018


Washington Ranch / Carlsbad Caverns


Carlsbad Caverns National Park

Bobcat Cavern

Cottonwood Cave

Slaughter Canyon Cave

https://www.youtube.com/watch?time_continue=7&v=QInl6ZBrnuw Bernd Kliebhans Film über das ICPM-Meeting in Carlsbad

https://www.youtube.com/watch?v=E25-2Oi3iBc Bernds Gedanken über die ICPMs


"Tripod ladies are rare." Der Satz wurde tatsächlich auf der Washington Ranch, anläßlich des 4. internationalen Treffens der Höhlenphotographen, gesprochen. Was, um alles in der Welt, ist eine "tridpod lady"? Die Wörterbücher versagen. Soll das eine Frau sein, die angesichts ihrer "obesity" sich kaum mehr aufrecht halten kann und die nun mit einem dritten Standbein daher kommt? Das wäre natürlich ein vollkommen uncharmanter Gedanke - und trifft ja auch überhaupt nicht das, worum es geht. Gemeint ist eine Frau, die das Stativ (vielleicht auch mehrere) trägt, das der Höhlenphotograph braucht, um seine Kamera am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt darauf zu montieren, um Photos zu machen. Solche "Verbandelungen" gibt einige wenige, zumindest in Bezug auf die Photoausbeute sind sie öfters sehr erfolgreich. Wieder zeigte sich die Wahrheit in dem Spruch, daß hinter erfolgreichen Männern gar nicht so selten eine tüchtige Frau steht!

Einen repräsentativen Querschnitt der Fotoausbeute bekamen wir und das eingeladene Publikum, das in feiner Kleidung erschienen war, im NCKRI am Samstagabend, dem 28. April 2018, zu sehen. Das National Cave And Karst Institute in seinem edlen Gebäude in Carlsbad hatte seinen Vortragssaal zur Verfügung gestellt, damit dort die große Schau stattfinden konnte. Ein besonderes Extra war die Höhlenphotoausstellung im Hauptraum des Gebäudes, wozu jeder Photograph im voraus ein Bild eingeschickt hatte, zusammen mit seiner persönlichen Vorstellung. Von den Bildern hatte man großformatige Abzüge gemacht, die dann zusammen mit der Präsentation der Photographen zu sehen waren. Da waren schon so Schmankerl dabei! (Für mich gab es auch Stoff zum Nachdenken. Chris Howes wunderbares Bild vom Eingang in die Deer Cave auf Borneo/Mulu mit einem Riesenschwarm Fledermäusen, ist ein Meisterwerk. Leider können das andere Photographen, "Normalsterbliche", leider nie selber aufnehmen. Denn das Betreten dieses Teils der Höhle ist den Besuchern verboten, weil es jenseits des Führungsbetriebs liegt. Nur Mitglieder von Höhlenexpeditionen dürfen dorthin, und da mußte man schon Engländer sein, um in den letzten Jahren dorthin zu können. Ich war ja selber 1 Jahr vorher dort und erlebte hautnah diese Diskriminierung!) Es gab die Gelegenheit, das Photo mit dem Photographen abzulichten, eine Chance, die sich viele nicht entgehen ließen! Erwähnt muß natürlich werden, daß es da auch ein richtiges Büffet gab für die Gäste, kostenfrei!

Philippe Crochet hatte, bewährtermaßen, die große Abendshow zusammengestellt, so daß alles perfekt ablaufen konnte. Jeder Photograph hatte drei Bilder ausgewählt und erzählte, wenn er an der alphabetischen Reihe war, warum er die Bilder gewählt hatte. Was vielleicht ziemlich trocken klingt, war dann doch oft recht komisch und humorvoll. Bei der Auswahl war manchmal ein wenig Protest zu spüren,. So manchem war aufgefallen, daß wir an so mancher unterirdischen Schönheit eher "vorbeigeführt" worden waren, ohne daß man darauf wirklich hingewiesen hätte. Auffallend war schon, daß besonders aus zwei Höhlen Photo gezeigt wurden, die eigentlich nicht im Hauptprogramm des Treffens im Vordergrund standen, die Bobcat Cave und die Sitting Bull Cave. Herrliche Aufnahmen sind dort entstanden, Schönheit jenseits der Nationalparkmauern, "in der Luft der Freiheit gemacht".
Bernd Kliebhan zeigte vor dem Hauptteil des Abends seinen Film vom 1. Höhlenphotographentreffen in Olargues, der im Grunde schon die "ganze Wahrheit über die Höhlenphotographie" enthielt, soweit es so etwas überhaupt gibt, und hinterher seine neuesten Produkte, das "Höhlenphotographentreffen 2018" und die "Besucher der Carlsbad Caverns am Earth Day", ebenfalls 2018. Am Ende war das "Gruppenphoto" zu sehen, auf dem möglichst alle Teilnehmer anwesend waren, natürlich von Philippe perfekt in Szene gesetzt - direkt schon ein Ritual. Erfüllt und vollkommen zufrieden zog der Trupp wieder aus der Öffentlichkeit zurück auf die Washington Ranch und verbrachte einen letzten Abend zusammen. Tage, die so nie mehr wieder passieren werden, waren vorüber. Ein Highlight mit Sonnenflecken war vorüber.

Zu danken ist vor allem Dan Legnini, der das Mastermind hinter der ganzen Veranstaltung war. Er arbeitete eng mit Peter Jones zusammen, der schon seit fast einem halben Jahrhundert in den Guadelupe Mountains unterwegs ist. Als ich am Ende Peter fragte, was er vielleicht anders machen würde, war seine Antwort: "Früher mit der Planung anfangen". Dann sind da natürlich noch mehr verdiente Höhlenforscher zu nennen: Kevin Downey, Pat Seiser, Norm und Martha Thompson, George Veni und noch viele andere (im Tagungsband sind 24 Personen aufgezählt / Adam Zipkin, Art und Greg Palmer, Barb Bentzin und Bob Montgomery, Cyndie Walch, Jamie Moon, Janice Tucker, Jim Goodbar, Joel Laws, Kathy und Steve Peerman, Ken Bailey, Ken Harrington, Kenneth Ingham, Mary Gratsch und Peter Miller, Michael Queen, Mike Mansur, Pat Cicero, Phyllis Boneau, Scott Christenson, Walt Vennum, Wayne Waler ), die ihre Zeit, ihr Material und ihr persönliches Wissen und Können eingesetzt haben, um auch dieses Treffen zu einem großen Erfolg zu machen, ohne daß sie eine finanzielle Entschädigung dafür bekommen haben. Danke.

An "ICM PARTICIPANTS" zählt der Tagungsband 36 Personen auf: Australien 2 (Dirk Stoffels, Justin Wilkenson), Belgien 3 (Vincent Gerber, Véronique Korosmezey, Benjamin Gischer), 3 (Marek Audy, Richard Bouda, Libor Lánik), Frankreich 2 (Philippe Crochet, Annie Guiraud), Deutschland 2 (Bernd Kliebhan, Franz Lindenmayr), Türkei 4 (Emine Azak, Murat Egrikavuk, Metin Albukrek, Turgay Gönülalan), Ungarn 2 (Csaba Egri, Sarolta Borzsák), Italien 2 (Silvia Arrica, Gianluca Melis), Japan 8 (Satoshi Goto, Takashi Murakami, Yukiko Nakagomi, Honoka Nishikido, Kohei Noike, Yuki Isono, Takeshi Murase, Sota Tabu), Russland 1 (Daniel Lee), Slovenien 5 (Peter Gedei, Miha Staut, Bostjan Vrviscar, ojca Vrviscar Zazula, Matej Zalokar), Großbritannien 2 (Chris Howes, Judith Calford). Rainer Straub aus Deutschland konnte leider aus zwingenden familiären Gründen nicht mehr kommen. 
So mancher aus der alten Garde war leider nicht mehr (mehr) dabei, wohl aus unterschiedlichsten Gründen. Rivalität, politische Gründe (Iran!), Interessenverschiebung...

Nach 1.000 km Fahrtstrecke von Dallas/Forth Worth her kamen Bernd Kliebhan und ich endlich am Freitag, den 20. April, am Ziel an. Vorausgegangen war ein entspannter Flug mit American Airlines von Frankfurt nach Dallas/Forth Worth und eine Übernachtung in einer schönen Atelierwohnung in einem Vorort von Dallas, vermittelt durch AirBnB. Zuletzt war die Landschaft von kaum zu überbietender Übersichtlichkeit, denn sie war einfach nur flach. Ab und zu ragten da ein paar Bohrtürme in den Himmel, aber das war schon fast alles. Bäume ließen sich da gar nicht mehr sehen, vielleicht einmal ein dürrer Busch. Wir waren in der Wüste, nur einmal unterbrochen von der Überquerung des Pecos River mit seinem wunderbaren himmelblauen Wasser. Es wird natürlich genutzt, um die kleine Stadt Carlsbad am Leben zu erhalten. In Carlsbad ging es auf die 285, alles kein Problem dank moderner Navigationstechnik. Vorbei an White City um Fuße der Guadelupe Mountains waren es nur noch wenige Kilometer, dann war die Abzweigung von der vierspurigen Hauptstraße erreicht. 

Ein Schild "Washington Ranch" zeigte an, wohin wir wollten. Erst fuhren wir direkt zum Hauptgebäude, aber da war, wie wir sagen, nur "Tote Hose". Also ging es zurück und nach rechts. Da gab es noch eine Abzweigung, diesmal nach links - und schon standen wir bei den kleinen Bungalows, die für die nächste Woche unser Heim bilden sollten. 
Einige "dicke Schlitten" standen schon vor dem ersten Gebäude, es gab nur solche Wägen, "viel Blech und dicke Reifen", wenn auch einige schon nicht mehr im Neuzustand waren. Gleich stießen wir auf Kevin Downey und ein paar andere Amerikaner, die schon die Vorhut bildeten. Gleich wurden wir gefragt, ob wir nicht ein kleines kühles Bier trinken wollten. Natürlich war unsere Antwort: "Yes", weil Bier einfach gut zum Löschen von Durst ist! Wir bekamen eine erste Einweisung in die lokale Situation und konnten uns aussuchen, wo wir die nächsten Tage verbringen wollten. Im Gebäudekomplex Nummer 3 war ein Schlafraum mit 12 Plätzen frei. Wir suchten uns die hintersten Betten aus, der Rest füllte sich dann schon in den nächsten Tagen. Manche benutzten zumindest die Betten für die Sortierung der Ausrüstung und zogen die Ruhe in mitgebrachten Zelten dem "Schnarchkonzert" vor, das zeitweise dort "gegeben" worden ist. Einige genervte "Zuhörer" berichten jedenfalls davon, daß sie die "Klänge" für nicht verträglich mit ihrem Seelenzustand gehalten haben, jedenfalls solange sie wach waren.

Immer mehr Leute trafen ein, aus unterschiedlichsten Richtungen und zu verschiedensten Zeiten. Langsam füllte sich der große allgemeine Aufenthaltsraum in Komplex 2. Immer mehr bekannte Gesichter tauchten auf, zuletzt gesehen oft vor 3 Jahren in der Türkei beim letzten Höhlenphotographentreffen. Die uns meist unbekannten Helfer der Veranstaltung kamen auch in unseren Blickwinkel, dann halt auch Dan Legnini, den wir ja schon seit Olargues kannten, mir aufgefallen war durch seine Solo Cave Photography, der die Hauptinitiative ergriffen hatte, um auch einmal ein Höhlenphotographentreffen in den USA auszurichten.

Wer teilnehmen wollte, der hatte sich zu registrien. Es wurde geprüft, ob er den Teilnehmerbeitrag von 420 Dollars schon auf das PayPal-Konto überwiesen hatte, ansonsten konnte er auch bar bezahlen. Die Münzen und Scheine sind keineswegs schon ausgestorben, sondern werden ja überall noch gebraucht, um insbesondere die ungeraden Beträge hinter dem Komma auszugleichen. Dafür bekamrm wir freie Unterkunft und Verpflegung (Frühstück, Lunch, Dinner, ein American Backyard Dinner, Appetizers am Ufer des Rio Pecos). Anfangs galt noch Prinzip von "free beer, free wine", auch "free Marguerita", das dann später von einem Strichlistenkonsum auf 1 Dollarbasis abgelöst wurde. Außerdem waren die Fahrten zu den Höhlen kostenlos, die sicherlich auch wegen des reichlichen Spritverbrauchs einiges gekostet haben. Für die Höhlenbesuche mit Führung bezahlte auch keiner etwas, denn die waren von der Nationlparkverwaltung gesponsert.

Jeden Abend stellte sich das Problem: Was passiert jetzt heute? Am ersten Abend wurde es prima gelöst: Wir fuhren die 15 km bis nach Carlsbad und besuchten die Craftbrauerei Milton's. Die gestellte Aufgabe war, herauszufinden, welches der vielen angebotenen Biere uns so gut schmeckte, daß wir es für den Rest der Woche weiter trinken wollten. Das würde dann in eine Art Faß abgefüllt und wir würden es abends man in der Washington Ranch genießen. Wir probierten und jurierten wie die fachkundigsten Biersommeliers aus Europa und Amerika, am Ende kam es dann doch noch ganz anders und wir waren froh, überhaupt noch 2 Sorten zu bekommen.

Ab Montagabend begann endlich ein richtiges Abendprogramm in der Washington Ranch, wo ein Beamer aufgestellt war, es eine Leinwand gab und viele Zuschauerstühle, und sich das alles vor einem prachtvollen Kamin mit Elchtrophäe abspielte. Norm Thompson war der wichtige Mann an den Maschinen, der sie zum Laufen brachte. Art Palmer begann mit einem der wichtigsten Vorträge der ganzen Woche, nämlich einer Vorstellung des Naturraums in dem wir uns momentan aufhielten und der uns, aus aller Welt kommend, zusammengeführt hatte, die Guadelupe Mountains, aus der Sicht des Geologen. Viele machten weiter, man mehr auf das Sachliche bezogen, andere aufs Schöne, mal bekamen wir etwas Humorvolles zu sehen, mal Tiefgründiges. Ich hatte zwei Vorträge dabei: "Solo Cave Photography" und "Mozart and the Cave of the Witches". Mozart in der Washington Ranch - auch das paßte.

Tagsüber ging es auf Exkursion. Entscheidend waren die Aushänge im Aufenthaltsraum. Da konnten wir sehen, was gerade im Angebot war und wo was noch frei warr. Eine wichtige Unterscheidung gab es: vertical oder horizontal. Wer sein SRT-Steigzeug dabei hatte oder es sich ausleihen konnte, für den waren Objekte wie "Hidden Cave" oder "Virgin Cave" zugänglich. Das waren die "Tiger", die dorthin strebten. Für die anderen kamen Objekte wie die "Cottonwood Cave" oder die "Slaughter Canyon Cave" in Frage. Eine Höhle stand nie auf der Liste: die "Lechuguilla Cave". Es wäre eine einmalige Gelegenheit in unserem Leben gewesen, auch dorthin einmal zu kommen und "unsere" Bilder zu machen. Aber es gibt halt die Platzhirschen wie überall sonst auf der Welt. Und die wissen sich die Konkurrenz von der Pelle zu halten. Allermeistens bekamen wir nur zu sehen, was auch für die große Öffentlichkeit zu sehen ist. Nur. Wer dafür "verantwortlich" ist, das bleibt unklar im Dunkel und im Dschungel der bürokratisch verwalteten "Natur". Hier waren das drei verschiedene staatliche Körperschaften: der Carlsbad Caverns National Park, die Forestry Commission und das BLM. Von Seiten der "Höhlenforscher" wurde alles versucht, aber am Ende kam halt das heraus, was herauskam. Bis zuletzt war ziemlich unklar, welche Höhlen wir überhaupt besuchen konnten, wohl der kleinste gemeinsame Nenner. So stand im Programm etwa auch die "Spider Cave", die aber dann nie auf den Aushängen aufschien.
Es gibt ja so viele Höhle in dem Gebiet - wohl für jeden Geschmack etwas. Zum Schluß zu hieß es z.B., daß man auch die "Lost Cave" besuchen könnte. Es handelt sich um eine kleine Höhle in der Nähe der Carlsbad Caverns, die eine "große Geschichte" hat. Ein Film wurde drinnen gedreht, nachdem eine Malerin den Innenraum mit Gemälden à la Lascaux ausgestattet hatte. Beim Rückflug nach Kalifornien stürzte das Flugzeug ab - zusammen mit allen Passagieren und dem Film. Die Höhle hätte mich interessiert, aber zum Besuch kam es dann leider nicht mehr. Einer kennt sich noch gut dort aus, Ken Harrington, aber den habe ich leider erst beim Abschlußabend im NIKRI kennengelernt. 

Don't cry over spilt milk. 

Den besonderen Dreh dieser Veranstaltung haben wir bereits am ersten gemeinsamen Moment bekommen, als nämlich am Samstagvormittag das passiert ist, was im Programm "Guidelines, Orientation to WR, Gear Inspection" heißt. Mit einem altertümlichen Wort wurden wir "vergattert". Heute macht man das offensichtlich mit noch etwa mit Schafen, ganz üblich für alle, in dem man uns z.B. zum TÜV zwingt, zur Erneuerung unses Passes usw.. Wir bekamen mitgeteilt, wie wir uns zu verhalten hätten. 
Ron und andere traten in ihren Uniformen am Samstagmorgen auf, und erzählten uns, was nun "Sache" war. Ich war gespannt, was die erste Angelegenheit wäre, auf die wir uns besonders einzurichten wären, wenn wir eine Höhle im Nationalpark besuchen wollten. "Don't leave any pee or poo underground" - das war das "dringendste Anliegen". Ich habe mich in den folgenden Tagen beobachtet. Das war vollkommen irrelevant. Nie habe ich auch nur am Rande etwas gefühlt, das damit in der Höhle zu tun gehalbt hätte. Man hat uns vorgeschlagen, immer eine Plastiktüte dabei zu haben, um das "feste Geschäft" zu entsorgen, und eine Plastikflasche, um den Flüssigkeiten Raum zu geben. Sofort entzündete sich im Raum etwas. Eine Frau machte uns sofort darauf aufmerksam, daß Frauen da besondere Probleme hätten, und gleich kam eine "Geschäftsidee" zum Vorschein: ein "Gizmo", ein Plastikteil für die intimen Zonen der Frau, mit einem Röhrchen daran, mit dem auch sie die fraglichen Flüssigkeiten in ein Fläschchen leicht leiten könnte. 20 Dollar. Besonders gut würde sich GATORADE eignen, weil dieses Zuckergetränk eine weite Öffnung hätte. In was für einer Zeit lebe ich? Da wo Nebensächlichkeiten so aufgebauscht werden, daß wir bald keine Zeit mehr haben, um uns um die fundamentals zu kümmern.
Nach den Ausscheidungen kamen die "Abscheidungen". In eine Höhle zu gehen, das bleibt nie spurlos. Da nimmt man auch etwas mit, was halt an z.B. auch an unseren Ausrüstungsgegenständen hängen bleibt. Das spielte nur eine Rolle bei der Frage der Dekontamination, auf die wir nun vorbereitet wurden. Der Anknüpfungspunkt war das sog. White-Nose Syndrome. Diese Fledermauskrankheit, die zur starken Reduktion der Fledermausbestände in vielen Teilen der USA geführt hat, gab es bislang in einigen Teilen noch nicht. Die alte Idee, daß sie nur östlich jenseits des Mississipi vorkommt, gilt inzwischen schon nicht mehr. Inzwischen gibt es sie selbst schon in Texas. Jedenfalls versucht man, sie möglich ferne zu halten, und das führte nun dazu, daß man auch uns ins Dekontaminationprogramm einbezogen hatte. Wir wurden vorgewarnt und brachten möglicht nur noch vollkommen neues Material mit nach Amerika. Ich hatte meinen Helm mit Scurionlampe dabei, der wurde zurückgewiesen, einen Schleifsack von Petzl, auch der erfüllte die strengen Kriterien nicht - am Ende war das kein großes Problem. Die Amerikaner hatten vorgesorgt. In einem Raum gab es Ausrüstung in großen Mengen - zur Verfügung gestellt von den Höhlenforschern selber oder von einer Universität, so daß man das eigenen Material gar nicht selber verwenden mußte. Hatte man das "richtige" Material, dann konnte man das erforderliche Formular unterschreiben und war akzeptiert, um den Regeln folgend, am ICPM teilzunehmen. Diese strengen Regeln wurden übrigens auch auf die Höhlenforscher angewendet, die aus dem Ostteil der USA kamen. Auch dort gibt es schon das WNS, deshalb ist deren Material auch schon tabu. Auch die haben, bildlich gesprochen, gelegentlich den Kopf geschüttelt.
Wir wurden darauf "vergattert", jedesmal unsere Ausrüstung zu "entgiften", wenn wir uns, vereinfacht gesagt, an einem Tag in einer Höhle im Gebiet des Nationalparks, der Forestry Commission oder des BLM bewegt hatten, und am nächsten Tag in einem Territorium der anderen öffentlichen Verwaltung bewegt hatten. Waren wir zuerst in der Carlsbad Cavern und dann in der Slaughter Canyon Cave, dann brauchten wir keien Dekon, besuchten wir vorher die Botcat Cavern und dann die Carlsbad Cavern, dann schon. Es brauchte einige Zeit, bis alle dieses System der Naturschutzverwaltungsfachleute verstanden hatten. Es in der Praxis zu sehen, das war enthüllend. Es kam mir wie absurdes Theater vor. Ich mußte an die vielen Russen denken, die einmal, im "Namen" eines angeblich philosophisch begründeten Fortschrittsgedankens, des Marxismus-Hegelianismus, Anträge stellen mußten, um von einer Stadt in eine andere fahren zu dürfen. Um die Vorgänge anschaulich zu machen, bekamen wir auch hier eine Show zu sehen. Nach den Höhlentour sollten wir einfach in den zur Verfügung gestellten Plastiksack treten, unsere Schuhe, die Beinkleider und was darüber war, abstreifen, und dann "wie neugeboren", heraustreten. Als ein Ranger begann, das vorzuführen, kam aus dem weiblichen Publikum eine verräterisch erotisch-unterdrückte Bemerkung: "Go on". Mehr passierte dann nicht.
Lästig war diese "Dekon-Idee" schon. Und für viel Beschäftigung sorgend für die freiwilligen Helfer. Mit welchem Ergebnis? Da fliegen regelmäßig hunderttausende von Fledermäuse in der Gegend herum, können überall mit der Umgebung in Kontakt kommen - und da unterscheidet man in einem kleinen Gebiet von New Mexico jeweils nach der Art der öffentlichen Verwaltung? Viele Amerikaner sind offenbar so gewöhnt, bevormundet zu werden, auch einmal zu fragen, ob diese ode jene Anweisung oder Vorschlag überhaupt sinnvoll ist, scheint nicht üblich zu sein. "Abide to these rules and do so without question.." Als ich einmal dieses Thema mit einer amerikanischen Forscherin diskutierte, bekam ich als Antwort: Wenn jemand zu uns sagt "jump", dann tun wir das einfach, fragen vielleicht nur: "How high". An ein mögliches "Nein" scheint da keiner mehr zu denken. 
Die Nationalparkverwaltung will offenbar eine starke Kontrolle über das Gebiet ausüben. So wurde uns auch gesagt, wir dürften keine GPS-Koordinaten der Höhlen feststellen und sie dann veröffentlichen, insbersonder im Internet. Überhaupt gibt es ja sehr wenig schriftliche Informationen über die Höhlen, so daß eine ausführliche Kenntnis der Höhlen für Außenstehende nur schwer zu erreichen ist. Pläne, Höhlenbeschreibungenl und Strukturdaten wie Länge, Tiefe und ähnliches sind nicht erhältlich. An den Höhlen hängen überall Schilder, daß das Betreten nur mit Permit erlaubt ist, ansonsten ist das Betreten ohne Führer ein Straftatbestand. 
Als wir eine Tour in die Black Cave mit einem Führer während der Tage dort unternehmen wollten, bekamen wir zwar einen Führer mit, aber auch der hatte keine anderen Unterlagen als seine Erinnerung an eine Tour vor 10 Jahren mit dabei. Er wußte noch von einem großen Baum, bei dem man abbiegen mußte, aber vor ein paar Jahren gab es einen großen Waldbrand und seither existiert dieser Baum nicht mehr. Und es sollte da einen Cairn geben, einen Steinhaufen. Auch der existierte nicht mehr, vielleicht ja inzwischen zerstört, um die Orientierung zu erschweren. Jedenfalls blieb unser Ausflug ohne Erfolg. Viele Stunden Fahrt auf zum Teil Wegen mit "kriminellen" Charakter, lange Wege durch die felsige Landschaft - am Ende war alles umsonst. Die Höhle wurde vom Tourenprogramm gestrichen.

Am Mittwochvormittag gab es genug Zeit, um über technische Aspekte der Höhlenphotographie zu reden. Norm Thompson berichtete von einigen Tricks, um seine Photos zu verbessern, Philippe Crochet zeigte seine große theoretische Betrachtung des Höhlenphotographierens, die er bereits beim HÖPHP 2018 am Hesselberg gezeigt hatte. Kevin Downey hatte all seine "Gizmos" dabei, ausgefallene Apparate, die das Höhlenphotographieren noch weitertreiben können. Besonders die großen Kästen mit starken Blitzgeräten hatte wohl noch keiner ansonsten je zu Gesicht bekommen. Ein Schwerpunkt ist auch die 3-D-Photograpie, wo weiter experimentiert wird, wie sich die Technik noch verbessern läßt. Wie aus der Zeit gefallen mutete etwa Marek Audys unter Verwendung von Holzteilen geschaffene 3-D-Photographiereinrichtung. Er kommt schließlich aus Tschechien und da gibt es halt noch diese handwerklichen Fähigkeiten.

6 Tage standen für Exkursionen zur Verfügung. Man trug sich in Listen ein, in denen die Anzahl der möglichen Teilnehmer und der Tourenleiter stand. Der organisierte dann auch den Transport zu den Höhlen, der auch ziemlich lang sein konnte, insbesondere wenn man in die High Guads wollte, so die besonders schönen und schwierigeren Höhlen lagen. Wer es einfach haben wollte, der machte geführte Touren in die Carlsbad Caverns mit, die besonders anstrengungslos wurden, als der Aufzug wieder funktionierte, der einen 250 m in Tiefe in kürzester Zeit brachte. Alle Touren verliefen unfallfrei. Von Kontakten mit rattle snakes berichtete keiner, obwohl im wieder die Rede davon war, daß es welche dort geben würde. Ein besonderes Erlebnis war es, zusammen in der Höhle zu fotographieren. Da haben wir einmal in der Cottonwood Cave ausprobiert, wo die riesigen Dimensionen die Zusammenarbeit geradezu provozierten. An einer klassischen Fotostelle stellten wir uns nebeneinander auf, die übrigen Teilnehmer machten willig die Assistenten. Kevin hatte seine ganze Trickkiste mit dabei und so probierten wir verschiedene Beleuchtungstechniken nacheinander am selben Ort aus. Mal war es Elektronenblitze, mal große Blitzlampen und eine weitere Methode. Einmal mischten wir sie auch und hatten so drei Generationen von Licht-ins-Dunkel-bring-Techniken auf einem Photo! Auf "one-two-three" wurden die Verschlüsse gedrückt und gehofft, daß da etwas aufs Bild kam. Gehofft, denn so reibungslos läuft das öfters nicht, mal beim einen, dann beim anderen. Egal, es hat einfach viel Spaß gemacht und die Ergebnisse waren weit überdurchschnittlich.

Es wurde Zeit für "Time to say goodbye". Viele Abschiedsumarmungen. Von den Amerikanern werden wir wohl viele nicht mehr sehen. Schade. Für die Höhlenphotographen gilt da hoffentlich nicht. Aus Japan waren 8 Personen angereist, lauter junge Leute, die sich bereit erklärt haben, das nächste ICPM schon im nächsten Jahr zu organisieren. Wir dürfen gespannt sein, was wir da zu sehen bekommen und erleben werden.

Vier davon sind hier zu sehen

Es gilt auch weiterzuschauen. Das soll kein exklusiver Kreis sein. Am Anfang wurde die Idee perpetuiert, daß aus jedem Land immer nur ein Fotograph, vielleicht auch mit Helfern, kommen solle. Wie sich zeigt, muß man froh sein, wenn überhaupt jemand kommt. Und wenn das aus einem Land mehr Personen sind, dann ist das halt so. Macht mit.

Ziemlich zum Schluß habe ich eine Idee ausgesprochen. Warum machen wir das 2021er Treffen der Höhlenphotographen nicht in Salzburg? Höhlen von Weltklasseformat gibt es da genug. Hoffentlich auch genug Mitmacher, die sich zur Verfügung stellen, Gastgeber für Höhlenphotograhen aus der ganzen Welt zu sein. Finden sich da genug "Mitstreiter"? Ich denke schon. Gastgeber für so einen Event zu sein - diese Gelegenheit kommt in unserer Lebensspanne nicht mehr.
 


Der Abschlußabend

- im NCKRI 

und

auf der Washington Ranch

 

Ausflug auf dem Pecos River
Der Versammlungsort: die Washington Ranch
Starker Start
in der Craftbrauerei Milton's
in Carlsbad
Im Aufenthaltsraum der Washington Ranch
"DECON"
Die Anleitung für die "decon"

> Peter bei der Einweisung in die Parkregeln

Gizmos
Beim "American Backyard Cookout" 
Photographen am Werk in der Cottonwood Cave

Justin und Kevin

Marek und alle zusammen
< Im Vortragssaal der Carlsbad Caverns

> In den Caverns beim Abendausflug

 

Die Organisatoren:

Dan Legnini und Peter Jones

Beim Barbeque am Ufer des Rio Pecos
Gruppenphotos

 

in der Carlsbad Cavern

und auf der Washington Ranch
< Ein wichtiger Moment: der Blick auf Pläne mit den Höhlentouren

> In solchen "Kutschen" wurden wir herumgefahren

Abends: Bildergucken 

 

im "Schatten des Elchs"

> "Lechuguilla" - ausgefallenes Haarschmuckstück einer Teilnehmerin

 

Dinner im Aufenthaltsraum

"Welcome" stand da geschrieben

Teilnehmer am Event mit verstecktem und offenem Humor
Höhlenphotoausstellung im NIKRI
Die Bilder mit den Photographen
Der große Galaabend

 

 


Text vor der Veranstaltung:

"Eine Amerikareise ist eine Perversität.." Thomas Bernhard, Immanuel Kant

When in Rome, do as the Romans do.

 

In dem Einladungstext zum 4. Internationalen Höhlenphotographentreffen, das diesmal in den USA stattfindet, heißt es sehr treffend: "We want people to share their best ideas rather than hoard them, and to colloborate rather than compete." Das war schon die Grundidee für die ersten Treffen und sie wird weiterhin gepflegt.

Dan Legnini und Peter Jones haben sich als Hauptorganisatoren zur Verfügung gestellt und für die zweite Aprilhälfte eine ausgezeichnetes Programm vorbereitet. Der Zentralort wird die Camp Washington Ranch im Carlsbad Caverns National Park im Bundesstaat New Mexiko sein.

Die Veranstaltung beginnt am Samstag, 21. April, und endet am Sonntag, 29. April. Fast jeden Tag sind Ausfahrten in die vielen Höhlen des Nationalparks vorgesehen, die wir besuchen dürfen und in denen dann photographiert werden soll. Die Palette reicht von einfachen und lange schon bekannten Höhlen bis zu schwierig zu befahrenden Objekten, die auch den anspruchsvollsten Höhlenfuchs fordern. Nach den Touren ist vorgeschrieben, daß die Höhlenausrüstung gereinigt und dekontaminiert wird. Man will damit das sog. White Nose Syndrom in Schach halten. Am Mittwochnachmittag ist eine große Phototour in die  berühmte Schauhöhle geplant. 
Am Samstag, 28. April, können dann die Photographen ihre besten Aufnahmen bei einem Team abliefern, die eine Gesamtschau der Ergebnisse zusammenstellt. Die wird dann bei der NCKRI der Öffentlichkeit bei einem Galaabend gezeigt.

Für weitere Details gibt es eine Webseite, deren Link unten angeben ist.

Ich mußte schon an das Zitat von Thomas Bernhard denken, als ich die ESTA-Erklärung ausgefüllt habe, die man abgeben muß, um überhaupt in die USA einreisen zu dürfen. Was man da nicht alles gefragt wird heutzutage! Lest sie einfach ruhig selber, um einen Geschmack dafür zu bekommen, was es heißt, jetzt dorthin zu reisen. Ob man nicht doch gleich lieber zuhause bleiben sollte? Trump ist auch da schon spürbar.

Mein Weg wird mich über Frankfurt nach Dallas führen und von dort nach Carlsbad. Nach dem Event machen wir, Bernd Kliebhan und ich, noch einen Abstecher zur Mammoth Cave in Kentucky. Wenn schon, denn schon.


Literatur:

Hedden, Adrian World's cave photographers uncover Carlsbad Caverns, in: Carlsbad Current-Argus, April 26, 2018
Howes, Chris Beneath the Guads, DESCENT 266, Feb-Mar 2019, p 22-31
ohne Verfasserangabe The 2018 International Cave Photographers Meeting April 21-29, Carlsbad, New Mexico, USA

Links:

http://icp2018.keninghamphoto.com/ Webseite zur Veranstaltung

http://www.wildplacesphotography.co.uk/galleries/caves/new-mexico/

https://support.nckri.org/page.aspx?pid=291

https://www.miltonsbrewing.com/ - ein Wohlfühlort, den wir zweimal aufgesucht haben!

Die Internationalen Höhlenphotographentreffen / International Meeting of Cave Photographers / Rencontres Internationales des Photographes Du Monde Souterrain / Incontro Internazionale dei Fotografi del Mondo Sotteraneo


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